Die Arbeitsgruppe ist ein Resultat des Ende 2017 von den Justizministern der Länder gefassten Beschlusses, die Möglichkeit der Einführung von Online-Verfahren in die Zivilprozessordnung zu untersuchen. Der Vorstoß geht auf einen Vorschlag der Freien und Hansestadt Hamburg zurück und zielt darauf, Effizienz und Rechtsstaatlichkeit auch bei kleinen Streitwerten zu gewährleisten.
Vertrauen ins Rechtssystem stabil?
Laut Bundesregierung enthält die Justizstatistik keine nach Streitwertkategorien aufgeschlüsselten absoluten Eingangszahlen bei Gerichtsverfahren. Es lägen auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, welchen Einfluss die Verfahrensdauer auf die Anzahl der Klageerhebungen hat. Bekannt sei nur, dass die durchschnittliche Dauer für erstinstanzliche Verfahren im Jahr 2017 vor dem Amtsgericht 4,9 Monate betragen habe, für erstinstanzliche Verfahren vor dem Landgericht 11,7 Monate, für Berufungsverfahren vor dem Landgericht 5,7 Monate und für Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht 6,7 Monate.
Auf Grundlage des „Roland Rechtsreports 2018“ geht die Bundesregierung insgesamt davon aus, dass sich das Vertrauen der Bevölkerung in das deutsche Rechtssystem trotz teils langer Prozesszeiten weiterhin „relativ stabil“ verhält.
Legal Tech teils schon im Einsatz
Legal Technology („Legal Tech“) unterstützt bereits erste juristische Arbeitsprozesse in den USA und in wenigen Fällen auch in Deutschland. So etwa bei Flugrecht-Portalen, wo hohe Fallzahlen zustande kommen. Intelligente Software-Lösungen können schon heute gerichtliche Schritte unterstützen und künftig womöglich immer stärker automatisieren. Ähnlich wie in anderen IT-getriebenen Bereichen ist die Rede von Legal Tech 1.0 (Büroorganisation), Legal Tech 2.0 (automatisierte Rechtsdienstleistungen) bis hin zu Legal Tech 3.0, bei der Künstliche Intelligenz in Lage ist, Verträge aufzusetzen und durchgängig zu analysieren.
„Grundsätzlich sinnvolle Alternative“
Auch die Bundesregierung hält eine „frühzeitige konsensuale Beilegung von Konflikten ohne Inanspruchnahme der staatlichen Justiz“ grundsätzlich für eine sinnvolle Alternative zur gerichtlichen Konfliktlösung. Das BMJV sieht Legal Tech vor allem als eine Möglichkeit, die Rechte von Verbrauchern besser durchzusetzen und damit als „integralen Bestandteil der Verbraucherpolitik der Bundesregierung“ (siehe Link unten). Explizit wird auf ein Instrument zur Information rund um Inkasso-Forderungen („Inkasso-Check“) verwiesen. Zudem sei im Koalitionsvertrag vereinbart, gemeinsam mit den Ländern und ehrenamtlichen Akteuren die Unterstützungsangebote für Verbraucher in ländlichen Regionen auszubauen und zu verbessern – auch in diesem Rahmen würden die Möglichkeiten des Einsatzes von Legal Tech-Instrumenten geprüft.
„Legal Tech hat schon jetzt Einzug in Gerichtssäle gehalten“, erklärte Berlins Justizsenator Dr. Dirk Behrendt auf einem Symposium im vergangenen November in Berlin. „Zum Beispiel bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen oder dem Versorgungsausgleich im Familienrecht sowie mit der Nutzung von juristischen Datenbanken.“ Dieser Einfluss auf die Justiz werde weiter gehen, unterstrich Behrendt.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Während die ordentliche Gerichtsbarkeit seit Jahren sinkende Eingangszahlen verzeichnet, ist fraglich, ob digitale und automatisierte Rechtshilfen diesen Trend bereits unterstützen. Oder gegenteilig, ob künftig mit einer steigenden Zahl von Streitigkeiten vor Gericht zu rechnen ist, wenn sich Prozessschritte vereinfachen und die Prozessdauer verringert? Einen weiteren Gegenstand der Länder-Arbeitsgruppe bildet das Thema Regulierung und wirft etwa die Frage auf: Wie können automatisierte Prozesse (Dritter) im Voraus oder anstatt von Gerichtsverfahren transparent dargestellt und im Zweifel nachvollzogen werden?