Lego-Strategie

Vielfalt des kommunalen Lebens abbilden

Umsetzung digitaler Angebote durch "LEGO®-Strategie" / Bewährtes Konzept aus der Fertigungsindustrie umgemünzt

Die kommunale Digitalisierung ist in aller Munde. In zahlreichen Veranstaltungen und Publikatio-nen versucht die kommunale Familie, sich diesem facettenreichen Thema zu nähern. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt der Diskussion von Fragen des Breitbandausbaus und der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen hin zu digitalen Angeboten, die die ganze Vielfalt des kommunalen Lebens abdecken.

Hier spielen Shopping-Plattformen mit angebundenem Lieferservice für lokale Erzeuger und Einzelhändler eine ebenso bedeutsame Rolle wie Tauschbörsen für Nachbarschaftshilfe. Weitere Beispiele für den ländlichen Raum sind etwa die digital unterstützte Kombination von ÖPNV und privaten Mitfahr-gelegenheiten. Weiterhin bedeutend: die telemedizinische Fernüberwachung. Risikopatientenkann so ausgedehnte stationäre Aufenthalte in der entfernten Klinik oder häufige Kontrollbesuche beim städtischen Facharzt erspart werden.

Drei grundsätzlich unterschiedliche strategische Ausrichtungen

Wo sich eine Kommune auf den Weg macht, digitale Angebote auf- oder auszubauen – idealerweise in einem planvollen Prozess auf der Grundlage einer sogenannten Digitalen Agenda – eröffnen sich drei grundsätzlich unterschiedliche strategische Ausrichtungen.

An isolierten (Lösungs-)Inseln ist schwerlich anzudocken.
© Denis Burdin/Shutterstock.com

1. Umsetzung digitaler Angebote als „Lösungsinseln“

In vielen Kommunen entwickeln sich digitale Lösungen unabhängig voneinander. Die Touristiker beauftragen eine App für Smartphones, mit deren Hilfe die attraktiven Orte der Region bequem und interessengeleitet erwandert werden können. Der örtliche Markttreff erprobt das Carsharing eines eDörpsmobils mit einer Softwarelösung aus Hessen, lokale Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte schließen sich zu einer gemeinsamen Initiative „Kauf im Dorf!“ zusammen, um in einem ersten Schritt mittels eines modernen webbasierten Shoppingportals Obst, Gemüse und Frischmilch online zu vermarkten – Auslieferung bis zur Haustür des Kunden inklusive. Und die Sportvereine lassen durch ein gleichermaßen sport- wie computerbegeistertes Mitglied ein gemeinsames interaktives Portal entwickeln, um allen Sportinteressierten die Möglichkeit zu bieten, sich spontan zu gemeinsamen sportlichen Aktivitäten zusammenzufinden und Sportgeräte oder Trainingsplätze gegen Gebühr zu buchen. Alle Angebote entstehen und entwickeln sich asynchron. Sie bilden „Lösungsinseln“, die jeweils spezifische Anforderungen an Entwicklung und Betrieb stellen.

Für jedes Angebot muss sich der Nutzer mit einem eigenen Kennwort anmelden, seine Daten erneut eingeben in der Erwartung, dass datenschutzrechtliche Standards eingehalten werden.

Für jedes Angebot muss sich der Nutzer mit einem eigenen Kennwort anmelden, seine Daten erneut eingeben in der Erwartung, dass datenschutzrechtliche Standards eingehalten werden. Soweit Bezahlungen online erfolgen, bestehen sehr unterschiedliche Möglichkeiten nebeneinander. Ob diese sicher sind, bleibt fraglich.

Umständliche „Strategie der Lösungsinseln“

In der Gesamtbewertung spricht für die Strategie der Lösungsinseln, dass sie der Initiative lokaler Akteure bei der Entwicklung innovativer Online-Angebote keine Begrenzungen auferlegt, sie andererseits aber auch mit dieser komplexen Aufgabe „alleine lässt“. Hinzu kommt, dass ein paralleler Betrieb von Lösungen auf unterschiedlichen technologischen Plattformen erfahrungsgemäß sehr aufwändig ist, was in besonderem Maße für die parallele Handhabung von Autorisierungs- und Bezahlfunktionen auf der Basis unterschiedlicher Datenpools gilt.

Auch für den Benutzer ist dies eine umständliche Lösung und es stellt sich stets die bange Frage, ob die verschiedenen Betreiber der Lösungen über die Kompetenz und die technischen Möglichkeiten verfügen, um dem Datenschutz der ihnen anvertrauten Daten gerecht zu werden.

Es bleibt die Abhängigkeit von einem Lösungspartner, der nicht nur Tempo, Vertragsgestaltung und die Funktionalität der digitalen Angebote mitbestimmt, sondern als De-Facto-Monopolist auch die Preisgestaltung der Lizenz-, Entwicklungs- und Anpassungskosten der Lösungen.

2. Umsetzung digitaler Angebote „aus einer Hand“

Verglichen mit der vorgenannten Strategie der „Lösungsinseln“ bietet die Umsetzung digitaler Angebote in der Verantwortung eines feststehenden Softwarepartners unabweisbare Vorteile. Der IT-Dienstleister – so er sorgfältig ausgewählt wurde –– lässt eine hohe Effizienz und Professionalität in der Entwicklung und im Betrieb der digitalen Angebote erwarten.

Komfort und Akzeptanz wesentlich gesteigert

Entwickelte Funktionen, die in verschiedenen Angeboten einschlägig sind, so z.B. die Authentifizierung, die Bezahlfunktion oder die Verwaltung der Benutzerdaten, können in hoher Qualität bereitgestellt und in derselben Art und Güte in allen Lösungsbausteinen genutzt werden. Das Datenmanagement kann – soweit datenschutzrechtlich zulässig – angebotsübergreifend erfolgen, was den Benutzern lästige Doppeleingaben erspart und auf diese Weise Komfort und Akzeptanz wesentlich steigert.

Als wesentliches Manko dieser Strategie bleibt jedoch die Abhängigkeit von einem Lösungspartner, der nicht nur das Tempo und je nach Vertragsgestaltung auch das Portfolio und die Funktionalität der digitalen Angebote zumindest mitbestimmt, sondern als De-Facto-Monopolist auch die Preisgestaltung der Lizenz-, Entwicklungs- und Anpassungskosten der Lösungen.

3. Umsetzung digitaler Angebote nach der „LEGO®-Strategie“

  • Verwendung derselben Basistechnologien für alle digitalen Lösungen und Einhaltung vereinbarter Standards für die Entwicklung und Dokumentation der Softwarebausteine
  • Nachnutzung einer wachsenden „Bibliothek“ von Softwarefunktionen (etwa Suchroutinen, Login-Autorisierung, Online-Bezahlung, Online-Benutzerdialog) durch alle digitalen Lösungen
  • Einheitlich konzipierte Mechanismen für die Speicherung der Daten sowie für deren gemeinsame Verwendung und Pflege in unterschiedlichen digitalen Angeboten
  • Medienbruchfreie Anbindung der digitalen Angebote - soweit sinnvoll - an die Fachverfahren der kommunalen Verwaltung

Alle, die sich zur konsequenten Einhaltung bzw. Nutzung der vereinbarten Standards und Technologien verpflichten, können in Abstimmung mit den lokalen Akteuren „LEGO®-Bausteine“ für das digitale „Haus“ konzipieren und entwickeln.

Erprobte Angebotsbausteine anderer Kommunen übernehmen

Mit der „LEGO®-Strategie“ ergeben sich für die kommunale Digitalisierung ganz wesentliche Vorteile. Zunächst bedeutet sie keine Festlegung auf einen Softwarepartner. Alle, die sich zur konsequenten Einhaltung bzw. Nutzung der vereinbarten Standards und Technologien verpflichten, können in Abstimmung mit den lokalen Akteuren „LEGO®-Bausteine“ für das digitale „Haus“ konzipieren und entwickeln.

Ebenso können bereits erprobte Angebotsbausteine von anderen Kommunen übernommen werden, soweit sich diese zuvor auf dieselben Rahmenbedingungen verständigt haben. Es liegt auf der Hand, dass insbesondere der überaus positive Effekt einer Übernahme bereits verfügbarer digitaler Lösungen innerhalb der kommunalen Familie sich in dem Maße steigern lässt, in dem es zu einer weitreichenden Verständigung auf zukunftsfähige Standards kommt.

LEGO®-Strategie ist wirtschaftlich und zukunftssicher

Insoweit dies gelingt, ist das Ziel der digitalen Kommune, ein breites Portfolio digitaler Angebote, auf der Basis der LEGO®-Strategie mit einem wesentlich geringeren Zeit- und Ressourcenaufwand zu erreichen als es im Fall eines unabgestimmten Vorgehens der Fall wäre. Überdies eröffnen standardisierte Lösungen auf der Basis einheitlicher Technologien die Möglichkeit wirtschaftlich sehr attraktiver und leistungsfähiger zentraler Serviceangebote für den laufenden Betrieb der kommunalen Lösungen.