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Digitalisierung: Ist die öffentliche Verwaltung noch zu retten?

Der fehlende Nachwuchs gefährdet die Zukunft des Staates insgesamt – wirksame Abhilfe versprechen digitale Zwillinge

Medienschelte und Druck von der Politik: Das Bild der öffentlichen Verwaltung in Sachen Digitalisierung ist stark verbesserungswürdig, der Handlungsbedarf gewaltig. Und über allem schwebt das Damoklesschwert des demographischen Wandels. Die Personallücke schließen jedoch nicht Online-Formulare und elektronische Akten, sondern digitale Doppelgänger. Sie sind es, die Sachbearbeiter entlasten.
Autor: Thomas Brown (Head of Public Sector, OpenText)

Die jüngste Studie des Beratungshauses PwC bringt es an den Tag: Bis Ende 2030 klafft bei Bund, Ländern und Gemeinden eine Personallücke von einer Million Menschen. In nur acht Jahren droht eine Situation, in der unser Staat seine Kernaufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Dramatischer könnte der Befund nicht sein.

Um die Personallücke zumindest so weit zu verkleinern, dass der Staat weiter funktioniert, empfehlen die Analytiker unter anderem eine forcierte Digitalisierung. Sie raten insbesondere: „Auch die End-to-End-Automatisierung und -Digitalisierung behördeninterner Prozesse kann dazu beitragen, Tätigkeiten im öffentlichen Sektor zu optimieren.“

Ende-zu-Ende und dazwischen die Blackbox

Zwar ist es in den vergangenen Jahren gelungen, viele Vorgänge behördenübergreifend zu organisieren und zu standardisieren. Das erspart Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen zahlreiche Behördengänge. Das Verständnis für Ende-zu-Ende-Prozesse ist auf organisatorischer Ebene also schon vorhanden. Doch das reicht nicht. Das Online-Zugangs- und das eGovernment-Gesetz regeln die Digitalisierung eines Vorgangs an seinem Anfang und seinem Ende. Dazwischen liegt jedoch weiterhin eine Blackbox, die für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen undurchsichtig und behördenintern mit Papierakten gefüllt ist.

Sicher ist: Online-Formulare und eAkten alleine können es nicht richten. Sie bilden Start und Ergebnis eines Verwaltungsvorgangs ab, nicht dessen Verlauf. Der Vorgang läuft umso reibungsloser und schneller ab, ist umso transparenter und resilienter, je höher sein Digitalisierungsgrad ist. Eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung bedeutet: Ein Antrag geht ein und wird digitalisiert, sein Inhalt ausgelesen und klassifiziert sowie automatisch dem richtigen Fachverfahren und Sachbearbeiter zugeordnet. Zusammen mit der Nachricht, dass der Antrag eingegangen ist, öffnet sich im Fachverfahren eine Ordnerstruktur, die bereits mit allen erforderlichen Berechtigungen, Aufgaben und Fristen einschließlich ihrer Überwachung ausgestattet ist.

Die Antragsteller können selbstständig die erforderlichen Informationen hochladen und haben jederzeit Einsicht in den Vorgangsstatus. Das System protokolliert im Hintergrund jeden einzelnen Schritt und informiert die zuständigen Sachbearbeiter automatisch, was als Nächstes zu tun ist und wann. Das gilt natürlich auch für die Urlaubs- oder Krankheitsvertretung.

Der Versand von Papier entfällt und die Verwaltung der Informationen erfolgt unabhängig von den Fachverfahren. So funktioniert der Vorgang auch vom Heimarbeitsplatz aus – und über Abteilungs- und Behördengrenzen hinweg. Ist er abgeschlossen, sorgt ein Knopfdruck dafür, dass er zu den Akten verfügt wird. Die Sachbearbeiter können dank Leserechten jedoch weiterhin darauf zugreifen und ihn als Vorlage für einen neuen Vorgang nutzen.

Digitale Doppelgänger entlasten Sachbearbeiter

Dabei geht es nicht nur um die durchgängige Digitalisierung der Vorgänge. Die skizzierten digitalen Fähigkeiten sind vielmehr diejenigen digitaler Doppelgänger, die selbst die komplexesten und behördenübergreifenden Abläufe und den Ende-zu-Ende-Ansatz ergänzen. Sie sind es auch, die den bürokratischen Anteil an den Vorgängen wie die Aktenführung oder das Fristen- und Aufgabenmanagement automatisch für die Sachbearbeiter übernehmen. Sie verdoppeln damit gleichsam die verfügbaren menschlichen Ressourcen.

Doch anders als in manchmal problematischen Zwillingsbeziehungen bemerken die Sachbearbeiter ihren digitalen Doppelgänger in der Regel gar nicht. Dieser nimmt ihnen all diejenigen Aufgaben ab, die zwar notwendig sind, aber davon ablenken, den Vorgang schnellstmöglich zur Zufriedenheit aller zum Abschluss zu bringen.

Mehr noch: Dank zusätzlicher Funktionen wie Posteingangsbearbeitung, eines Output-Managements, das die Ausgangskorrespondenz automatisiert, und mannigfaltiger Analysemöglichkeiten – Stichwort künstliche Intelligenz – helfen sie, den Einsatz der vorhandenen Ressourcen in der öffentlichen Verwaltung zu optimieren: Mittels intelligenter Analysen, die historische Daten aus früheren Jahren mit aktuellen Informationen kombinieren, lässt sich das saisonale Aufkommen von Vorgängen prognostizieren. Die Behörden können ihre Personalplanung entsprechend ausrichten und dadurch Engpässe und Verzögerungen vermeiden.

Mehr Ressourcen: nicht morgen, sondern heute

Digitale Zwillinge schließen die Lücke zwischen Personalbedarf und -angebot, zwischen Mehrarbeit und Work-Life-Balance und dank Integrationen über CMIS und REST-APIs zwischen Vorgang und Akte, zwischen führendem System und Archiv. Indem sie die Aufgaben um die Verwaltungsvorgänge herum automatisch erledigen, erhöhen sie den Arbeitsumfang, den das vorhandene Personal erledigen kann, massiv.

Das Beste daran aber ist, dass diese digitalen Zwillinge dank OpenText in Bundesbehörden heute schon Realität sind. Sie entlasten das vorhandene Personal und beschleunigen die Vorgänge. So sieht heute schon die öffentliche Verwaltung der Zukunft aus.

Nachtrag zum Best-Practice-Dialog II. E3 von Opentext, der auf dem 8. Zukunftskongress Staat & Verwaltung gehalten wurde.

21.06.2022, 16:00 – 16:45 Uhr: "Digital Twins in der Verwaltung sind kein Hexenwerk"

Die Referenten waren Stephan Kizina (Lead Solutions Consultant ECM Evangelist, Opentext) & Holger Wiegratz (Stab der Spartenleitung Organisation und Personal, Fachkoordination der IT-Verfahren der Sparte, Bundesanstalt für Immobilien (BIMA).