Gerhard Schröder, Klaus von Dohnanyi, Olaf Henkel; Beschaffungskonferenz im Jahr 2000

„Das war für viele ostdeutsche Unternehmer Neuland“

20 Jahre Beschaffungskonferenz / Interview mit Veranstalter und Gründer Oliver Lorenz

Im September feiert die Beschaffungskonferenz Jubiläum. Seit nunmehr zwei Jahrzehnten schafft die Veranstaltung für hunderte Interessierte ein jährliches Wiedersehen für viel Austausch und Networking rundum die neuesten Themen von Beschaffung und Vergabe. Im Gespräch mit „Verwaltung der Zukunft“ spricht der Geschäftsführer der Wegweiser Media & Conferences GmbH, Oliver Lorenz, über Anfang, Entwicklung und Ausrichtung des heutigen Management-Kongresses.
Oliver Lorenz ist Geschäftsführer der Wegweiser Media & Conferences GmbH.
© Wegweiser Media & Conferences GmbH/Simone M. Neumann

Verwaltung der Zukunft: Die Geschichte der Beschaffungskonferenz ist mittlerweile 20 Jahre alt – wie kamen Sie dazu, eine solche Veranstaltung aus der Taufe zu heben?

Lorenz: Es ging vor allem darum, die ostdeutsche Wirtschaft mit dem System der öffentlichen Beschaffung in der Bundesrepublik vertraut zu machen. Auf der „Beschaffungskonferenz Berlin“, der ersten Veranstaltung 1998, haben wir den Umzug der Bundeshauptstadt von Bonn nach Berlin zum Anlass genommen, insbesondere die Vergabeorganisation der Bundesministerien und der nachgeordneten Behörden näher zu erläutern. Das war für viele ostdeutsche Unternehmer seinerzeit Neuland!

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Weiterhin ist es in dieser Branche von großer Bedeutung, dass man sich kennt!

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VdZ: Gerade für jüngere Leute ist es kaum mehr vorzustellen, wie eine Veranstaltung in den neunziger Jahren überhaupt zu organisieren war. Wie lief das?     

Lorenz: Wir haben es vermocht, innerhalb von zwei Monaten eine Konferenz auf die Beine zu stellen – gleich beim ersten Mal kamen 500 Teilnehmer. Eine Kongress-Website gab es auch schon im Jahr 1998, allerdings eher im Sinne des „Web 2.0“ – wenig Interaktion, viel informativer Charakter. Wenn ich daran denke, dass Vorbereitung und Organisation damals neben dem Telefon fast gänzlich über postalische Briefe und Fax-Anfragen lief, finde ich das auch ein wenig verblüffend. Es waren eben andere Zeiten. Daran wird aber ersichtlich, was mit viel Enthusiasmus und junger Dynamik alles möglich ist – vielleicht ähnlich der Arbeit manch eines Start-ups heute. 

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Wenn ich daran denke, dass Vorbereitung und Organisation damals neben dem Telefon fast gänzlich über postalische Briefe und Fax-Anfragen lief, finde ich das auch ein wenig verblüffend.

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VdZ: Als erste Konferenz ihrer Art hatte die Beschaffungskonferenz sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal als Austauschplattform. Durch die Digitalisierung erscheint Networking heute viel einfacher – was hat sich geändert?    

Lorenz: Die Konferenz war seit jeher nach zwei Seiten ausgerichtet: Auftraggeber und Auftragnehmer konnten sich zu relevanten Arbeitsthemen ganz praktisch informieren – und eben vernetzen! Weiterhin ist es in dieser Branche von großer Bedeutung, dass man sich kennt! Gerade in den ersten Jahren, als die neuen Medien noch nicht so verbreitet waren, haben sich eine ganze Reihe wichtiger Akteure aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung auf unserer Veranstaltung getroffen, sind ins Gespräch gekommen und haben sich kennengelernt. Trotz anderer Veranstaltungen und Seminare, hat sich das bis heute nicht geändert.

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Die Konferenz war seit jeher nach zwei Seiten ausgerichtet: Auftraggeber und Auftragnehmer konnten sich zu relevanten Arbeitsthemen ganz praktisch informieren – und eben vernetzen!

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VdZ: Wer war denn so über die Jahre als Gastredner und Schirmherr bei Ihnen?

Lorenz: Da gab es viele. Ich denke u. a. an den früheren Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, an den ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily und allemal an Gerhard Schröder, der als Bundeskanzler im Jahr 2000 unsere „Absatzkonferenz Neue Länder“ eröffnete. Natürlich war auch die Wirtschaft bei uns, etwa in Persona der BDI-Präsidenten Michael Rogowski und Olaf Henkel.

Cover der ersten Tagungsunterlage aus dem Jahr 1998.

VdZ: Hand aufs Herz – ein bisschen stolz müssen Sie doch bei diesen ganzen Namen sein, oder?   

Lorenz: Ich glaube, wir können schon ein wenig stolz darauf sein. Wir haben uns von einer eher regionalen Veranstaltung zu einem der bundesweit führenden High Level Management Kongresse entwickelt. Dabei hat sich natürlich einiges geändert, in vielen Bereichen sind wir uns aber auch treu geblieben. So fand die erste Veranstaltung im damaligen Radisson SAS Hotel mit Blick auf den Berliner Dom statt – damals stand schräg gegenüber noch der Palast der Republik. Nach Zwischenstationen im Haus der Deutschen Wirtschaft und im Hotel de Rome tagen wir mittlerweile im Humboldt Carré am Gendarmenmarkt. Das ist zwar nicht der ursprüngliche Ort, liegt aber nur wenige hundert Meter entfernt.

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Wir haben uns von einer eher regionalen Veranstaltung zu einem der bundesweit führenden High Level Management Kongresse entwickelt.

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VdZ: Und was hat sich seit 1998 thematisch getan?

Lorenz: Während die Konferenz zu Beginn darauf fokussiert war, die Teilnehmer – vor allem potenzielle Auftragnehmer – noch sehr grundlegend zu informieren, hat sich das Spektrum mit den Jahren ausdifferenziert. Zum Dauerbrenner ist seit Anfang der 2000er Jahre sicherlich die „E-Vergabe“ avanciert. Gleiches gilt für die unzähligen Novellierungen der Vergabegesetze. In den konjunkturell schlechteren Zeiten standen die Themen Schulden und Finanzierung „hoch im Kurs“. Hingegen scheint Geld beim Staat aktuell „einfach da“ zu sein – es dreht sich nun viel um effektive IT-Beschaffung sowie um Personalmangel und die Professionalisierung und Konsolidierung von Prozessen bis hin zur Bündelung und Auslagerung von Beschaffungskapazitäten der öffentlichen Hand.  

VdZ: Welches Anliegen an Ihren Kongress hat die Wirtschaft heute? 

Lorenz: Fragen, die in den neunziger Jahren für die ostdeutsche Wirtschaft schon relevant waren, stellen sich weiterhin, gerade mit Blick auf die Startup-Szene: Wie funktioniert der Beschaffungsmarkt und wie kommt man dort hinein? Daran schließen sich neue Aspekte an: Themen wie Innovationsmanagement, nachhaltige Beschaffung oder auch die attraktive Ausgestaltung von Vergabe-Unterlagen und transparenten Prozessen sind da nur einige Punkte. Eines ist in der heutigen Komplexität jedoch vielen Aufgaben gemein: Gute Lösungen gibt es oft nur, wenn Wirtschaft, Kanzleien und Staat gemeinsam daran arbeiten.

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Eines ist in der heutigen Komplexität jedoch vielen Aufgaben gemein: Gute Lösungen gibt es oft nur, wenn Wirtschaft, Kanzleien und Staat gemeinsam daran arbeiten.

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VdZ: Die Beschaffungskonferenz wurde seither immer von einer Publikation begleitet. Bleibt es dabei?

Lorenz: Die Kombination aus Publikation und Kongress hatte aus meiner Sicht lange Charme und über die letzten zwei Jahrzehnte auch großen Erfolg! Unser „Beschaffungsbuch“ bot Interessenten aus den neuen Ländern Ende der neunziger Jahre erstmals einen übersichtlichen Leitfaden über die Modalitäten des Einkaufs von Bund, Ländern und Kommunen. Zudem konnten sich Unternehmen mit ihrem Leistungsportfolio darstellen. Das verschaffte den öffentlichen Einkäufern einen guten Überblick über verschiedene Märkte. Inzwischen fahren wir eine konsequente Digitalstrategie und nutzen die weitaus vielfältigeren Möglichkeiten, die uns das Netz bietet. So haben wir Anfang des Jahres mit „Verwaltung der Zukunft“ ein neues Online-Journal aufgelegt. Beschaffung und Vergabe sollen hier künftig eine gewichtige Rolle einnehmen. Sie dürfen gespannt sein!  

Der frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Dr. Rainer Sontowski (hinten) eröffnete die Konferenz 2016 im Berliner Hotel de Rome.

VdZ: Apropos Spannung – was waren im Rückblick denn die für Sie persönlich aufregendsten Momente der vergangenen 20 Jahre? Plaudern Sie doch mal ein bisschen „aus dem Nähkästchen“!    

Lorenz: Diese Momente gab es sicherlich einige – Genaueres verrate ich aber erst während der Diskussionsrunde am Abend des 27. September auf der diesjährigen Beschaffungskonferenz. Behörden, Kanzleien und Wirtschaft möchte ich hierzu noch einmal ganz herzlich einladen.