Christian Pfromm Hamburg
© Senatskanzlei/Claudia Höhne

NOOTS ist die Basis für mehr Effizienz in der Verwaltung

Christian Pfromm im Interview zur Registermodernisierung

Mit der Verabschiedung des NOOTS-Staatsvertrags ist ein zentraler Meilenstein der Registermodernisierung erreicht. Was bedeutet dieser Schritt für die Verwaltungspraxis und wie geht es weiter? Christian Pfromm, Chief Digital Officer (CDO) der Freien und Hansestadt Hamburg, gibt Einblicke in den aktuellen Stand, die nächsten Schritte und seine Erwartungen an die föderale Zusammenarbeit.

Verwaltung der Zukunft: Wie ordnen Sie die Verabschiedung des NOOTS-Staatsvertrags ein und wie sieht Ihre Vision für die weitere Entwicklung der Registermodernisierung aus, insbesondere vor dem Hintergrund dieser wichtigen Etappe?

Christian Pfromm: Der Staatsvertrag gibt den rechtlichen Rahmen für das National Once-Only Technical System – kurz NOOTS. Damit schaffen wir eine gemeinsame Infrastruktur von Bund und Ländern, die die Grundlage für die Registermodernisierung bildet. Aktuell ist der NOOTS-Staatsvertrag von allen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gezeichnet und geht jetzt in die Ratifizierung.

Ich bin überzeugt, dass die Registermodernisierung auf Basis des NOOTS die kollektive Wahrnehmung des Staates durch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nachhaltig positiv beeinflussen und prägen wird. Die Registermodernisierung wird schrittweise eingeführt, weil wir viele dezentrale Register haben. Selbst wenn wir bei Registern intuitiv an Datenbanken oder strukturierte Datenablage denken, befinden sich viele Register noch immer in Fachverfahren oder womöglich auf ausgedrucktem Papier in Ordnern. Es wird also bei der NOOTS-Einführung keinen „Big Bang“ geben, aber die Basis für spürbar mehr Effektivität und Effizienz in der Verwaltung ist durch die gemeinsame Aktivität von Bund und Ländern mit dem NOOTS geschaffen. Wir hoffen, dass das NOOTS zudem ein wesentlicher Hebel ist, um unsere Verwaltung zu transformieren und somit einen Beitrag zur Dämpfung des Demografie-Effektes zu leisten, denn in den kommenden Jahren gehen viele Verwaltungsmitarbeitende in den Ruhestand – das gilt es abzufedern.

VdZ: Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit bei der praktischen Umsetzung der Registermodernisierung, sei es organisatorisch, rechtlich oder technisch? Was hilft, diese zu lösen.

Pfromm: Das NOOTS befindet sich gerade in der Erprobung. Um zu beweisen, dass es funktioniert und der Anschluss an das System eine gute Idee ist, testen wir es aktuell mittels so genannter Usecases: Es gibt einen aus Nordrhein-Westfalen im Unternehmensumfeld zur Gewerbeanmeldung und einen aus Baden-Württemberg im privaten Umfeld zum Beantragen eines Anwohnerparkausweises. Wertvolle Learnings fließen dabei direkt in die technische Weiterentwicklung ein.

Die wesentlichen Voraussetzungen sind neben den technischen vor allem die fachlichen. Und zwar müssen die Fachlichkeiten – insbesondere die Fachministerkonferenzen – über die jeweils ihnen zugewiesenen Register Priorisierungen vornehmen und Entscheidungen treffen, in welcher Art und Weise diese modernisiert werden. Die Fachministerkonferenzen haben unterschiedliche Prioritäten und Betroffenheiten. Wir werden den Prozess moderieren und werden über den IT-Planungsrat dafür sorgen, dass allen rechtzeitig die relevanten Informationen zur Verfügung stehen.

Die rechtlichen Voraussetzungen haben wir mit dem NOOTS-Staatsvertrag geschaffen und ab Mitte Juli gehen wir mit der konstituierenden Sitzung des Steuerungsgremiums auch in die Umsetzung – auf Basis der bereits erarbeiteten Inhalte und Ergebnissen.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie wir die Menschen auf allen Ebenen bei der Transformation mitnehmen. Dafür können wir aus dem Programm der Registermodernisierung Anstöße geben und Grundlagen schaffen. Wir haben dafür verschiedene Formate, mit denen wir die Verwaltungsmitarbeitenden ansprechen. Zum Beispiel haben wir im Mai 800 Teilnehmende in unserem virtuellen Eigenformat über die Rollen und Aufgaben im Rahmen der Umsetzung informiert und nehmen mit dem Programm auch aktiv an Veranstaltungen wie dem Zukunftskongress teil.

VdZ: Die Registermodernisierung erfordert eine enge Zusammenarbeit aller föderalen Ebenen. Wie gelingt diese aus Ihrer Sicht?

Pfromm: Dadurch dass der NOOTS-Vertrag von Bund und Ländern gemeinsam unterschrieben ist, beinhaltet er damit ja auch eine Verpflichtung und die Verantwortung für alle Beteiligten, also Bund und Länder mit ihren jeweiligen Stakeholdern. Die tatsächlichen Anwender sitzen dann im Wesentlichen in den Kommunen und in den Ländern. Und wenn wir diese weiterhin über Beiratsstrukturen gut einbinden, dann werden wir hier eine breite Abdeckung haben und eine gute Zusammenarbeit realisieren können.

Der Transmissionsriemen für die Konzepte und den Staatsvertrag in die Kommunen sind die Regmo-Koordinatoren in allen Bundesländern. Sie sind schon seit längerer Zeit eng eingebunden und damit auch Multiplikatoren in die jeweiligen Organisationen der Verwaltung ihrer Länder und Kommunen. Das funktioniert sehr gut. Die Regmo-Koordinatoren sind sehr engagiert und ein Erfolgsfaktor für das Gelingen der Registermodernisierung. 

VdZ: Mit der Gründung des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung und der damit verbundenen neuen Zuständigkeit auf Bundesebene wird sich die Steuerung der Digitalpolitik verändern. Wie bewerten Sie diese Entwicklung und welche Erwartungen haben Sie an das neue Digitalministerium?

Pfromm: Ich bewerte das überaus positiv, weil man das neue Digitalministerium mit weitreichenden Kompetenzen und Aufgaben und vergleichsweise klaren Aufträgen ausgestattet hat. In meinen Gesprächen dazu nehme ich eine hohe Motivation wahr und sehe, dass die wesentlichen Stellschrauben für die Digitalisierung verstanden wurden. So wird zum Beispiel jetzt die Ratifizierung des Staatsvertrages aus dem Bund sehr engagiert vorangebracht. Das ist eine sehr gute Voraussetzung und ich nehme den Bund als starken Unterstützer des Themas wahr. 

VdZ: Im Zusammenhang mit der Digitalisierung steht auch das Deutschland-Stack – es soll als interoperabler, souveräner und europäisch anschlussfähiger Technologie-Stack fungieren. Wie fließen die technischen Entwicklungen rund um den Stack in die Umsetzung der Registermodernisierung ein?

Pfromm: Aus meiner Sicht fließen alle drei genannten Punkte ein. Fange ich mal mit europäisch an: Wir sind mit dem Vorläufer des NOOTS seit Dezember 2023 schon europäisch aufgestellt – und über die Single Digital Gateway Verordnung schon kompatibel mit Nachweisdatenaustausch in Europa. Selbstverständlich noch nicht in seiner vollen Breite, aber das, was wir mit den anderen Ländern aufgebaut haben, funktioniert und wird sukzessive weiter ausgebaut. Souverän ist es auch, weil wir es ohne Hyperscaler mit Erweiterungen bestehender Technologien ausbauen werden. Und interoperabel muss die NOOTS-Plattform ja per se sein.

Ein wichtiger Punkt im Rahmen des Deutschland Stack ist das Thema Cloud. Hierzu haben wir gerade ein konkretes Umsetzungsprojekt mit dem GovTech Campus in Arbeit, in dem wir Erfahrung sammeln, wie wir dezentrale Register in die Cloud bekommen. Das erproben wir parallel zu den beiden genannten Usecases. Kurz gesagt: Für mich ist das NOOTS fester Bestandteil des Deutschland-Stack.

VdZ: Seit Anfang 2025 steht eine Referenzumgebung für den NOOTS-Readiness-Check zur Verfügung. Welche konkreten Erfahrungen und Erkenntnisse konnten Sie bislang aus der Nutzung der Testumgebung gewinnen? Wie funktionieren die NOOTS-Schnittstellen in der Praxis? Gibt es bereits erste Lessons Learned aus Pilotprojekten oder Tests?

Pfromm: Die Referenzumgebung steht zur Verfügung. Sie sind leichtgewichtig und können recht schnell installiert werden, so dass man sehr früh Erfahrungen sammeln kann mit der Anbindung von Registern. Und das hat dann auch positive Sekundäreffekte, was zum Beispiel die Erkenntnis zur Datenqualität der Register angeht. Da sind wir zwar am Anfang, aber da sehe ich eine gute Absprungbasis, das sukzessive zu verbessern, insbesondere was die Breite und Anwendbarkeit und auch die Learnings angeht, die daraus hervorgehen. Gleiches bezieht sich natürlich auf die Schnittstellen.

VdZ: Bei Schnittstellen kommen wir auch zum Thema Sicherheit und Datenschutz. Wie ist der Datenschutz im Rahmen des Austausches via NOOTS gewährleistet?

Pfromm: Wir lernen in der Referenzumgebung noch viel dazu. Generell sehe ich das Thema Sicherheit sehr gut hinterlegt, die Zertifikatsinfrastruktur, die das System dann im großen Betrieb absichert, ist State-of-the-Art. Und darüber hinaus heißt es ja: Zero Trust. Also jemand, der nicht berechtigt ist, hat auch keinen Zugriff auf die Daten der Nutzerinnen und Nutzer und die Hürden für die Berechtigungen sind hoch. Um Transparenz herzustellen und Vertrauen gegenüber den Nutzenden zu schaffen, wird es ein Datenschutzcockpit geben. Dies stellt die Transparenz her, wer auf freigegebene Daten zugreift.

Das Thema Datenschutz haben wir auch im Fokus und über das Schwerpunktthema Datennutzung aus dem IT-Planungsrat integriert. Da gehören Kompetenzen wie beispielsweise Data Governance dazu. Wir entwickeln das Thema mit den Teams föderal kontinuierlich weiter und arbeiten eng mit den Datenschutzbeauftragten zusammen. D.h. wir haben die Bedeutung dieses Themas nicht nur erkannt, sondern arbeiten auch aktiv danach, damit es von vornherein integraler Bestandteil der Architektur ist.