Fraunhofer FOKUS Deutschland-Index
© Paul Hahn / Fraunhofer FOKUS

Digitalisierung im Ländervergleich: Der Deutschland-Index 2025

Einblicke in Fortschritte und Unterschiede im Fraunhofer-Interview

Seit 2017 liefert der Deutschland-Index der Digitalisierung regelmäßig fundierte Einblicke in den Stand und die Entwicklung der digitalen Transformation in den Bundesländern. Im Gespräch mit den Projektverantwortlichen wird deutlich, warum der Fokus auf die Länderebene so entscheidend ist – und wie sich das Projekt seitdem weiterentwickelt hat.

Verwaltung der Zukunft: Der Deutschland-Index erscheint seit 2017 regelmäßig. Was war damals die Motivation für das Projekt und hat sich der Fokus seitdem verändert?

Nicole Opiela: Es gab internationale Ländervergleiche zu Digitalisierungskennzahlen, wie den DESI der Europäischen Kommission und auch Vergleiche auf Kommunenebene, wie bspw. zu Smart Cities. Wir hatten den Eindruck, dass hier eine ganz entscheidende Ebene in unserem föderalen System bislang nicht repräsentiert ist und nicht berücksichtigt wird, nämlich die der bundesdeutschen Länder. Diese Lücke wollten wir füllen, denn die Länder weisen in Bezug auf die Digitalisierung durchaus deutliche Unterschiede auf und haben individuelle Stärken und Schwächen. Hier den Stand und die Entwicklung nachzuzeichnen und Zusammenhänge zu identifizieren, steht nach wie vor im Zentrum.

Dennis Gumz: Der Fokus des Projekts hat sich nicht verändert, wir haben im Laufe der Zeit aber einige Verbesserungen vorgenommen. So basieren unsere Ergebnisse inzwischen stärker auf selbst erhobenen Daten mit über 5000 Befragten in ganz Deutschland, womit wir eine deutlich größere und belastbarere Datengrundlage zur Verfügung haben und auch sehr viel gezielter einzelne Themen untersuchen können. Gleichzeitig haben wir den Index mit den Themenbereichen Infrastruktur, digitales Leben und Verwaltung stärker modularisiert.

VdZ: Der Index zeigt: Jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Wo sehen Sie aktuell besonders auffällige Entwicklungen – im positiven wie im negativen Sinne?

Opiela: Das Angebot an Onlineverwaltungsleistungen hat sich noch einmal deutlich erhöht, um rund 42 % auf nun durchschnittlich 227 OZG-Leistungen in den Ländern, für die flächendeckend Onlinedienste verfügbar sind. Das ist eine Abschwächung gegenüber dem Zeitraum 2021-2023, aber immer noch ein sehr deutlicher Zuwachs. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Ländern allerdings weiterhin groß. Wie auch schon 2023 sind beim Erstplatzierten fast 100 Onlinedienste mehr flächendeckend verfügbar als beim Letztplatzierten, wobei es in der Rangfolge durchaus einiges an Bewegung geben hat, heißt: Die Dynamik in den Ländern bei der Ausweitung des Angebots an Onlinediensten ist sehr unterschiedlich. So hat beispielsweise neben Hamburg auch Sachsen-Anhalt sein Onlineangebot in den letzten zwei Jahren enorm ausgebaut und sich damit vom vorletzten Platz ins Mittelfeld katapultiert. Demgegenüber hat sich der Anteil der Bürger:innen mit einem Verwaltungsanliegen, die ihre Formulare oder Anträge an Behörden online übermitteln, überraschenderweise nicht erhöht. Zwei von drei Bürger:innen, also 66 Prozent, haben in den letzten 12 Monaten online Formulare oder Anträge eingereicht, 2023 waren es 68 Prozent. An mangelnder Zufriedenheit scheint es hierbei nicht zu liegen, denn von denjenigen, die sich eine Einschätzung zutrauen, bewerten 72 Prozent die Leistungen auf der Website ihrer Stadt oder Gemeinde als gut auffindbar und 70 Prozent als gut bedienbar, auch das etwa genauso viele wie vor zwei Jahren. Beim Angebot an Onlineverwaltungsleistungen wird noch größerer Verbesserungsbedarf gesehen: 59 Prozent der Befragten sagen, dass sie viele Verwaltungsleistungen auch online erledigen können und dafür nicht auf’s Amt müssen, übrigens auch hier genauso viele wie 2023. Die Ausweitung der Onlinedienste scheint also noch nicht bei den Bürger:innen angekommen zu sein.

Gumz: Eine erfreuliche Entwicklung gibt es beim Online-Engagement: 13 Prozent der Befragten haben angegeben, sich online zu engagieren, also beispielsweise offene Lernmaterialien oder Open Source-Software entwickelt zu haben oder als Wikipedia-Autor:in aktiv gewesen zu sein, deutlich mehr als 2023 oder 2021. Auch der Anteil der Nutzer:innen von Telemedizin ist angestiegen, hat sich in den Ländern aber sehr unterschiedlich entwickelt. Im Bereich des Homeoffice bestehen nach wie vor große Unterschiede zwischen den Ländern.

VdZ: Wie ist der Stand der Verwaltungsdigitalisierung insgesamt zu bewerten, vor allem im Vergleich zu früheren Erhebungen?

Opiela: Die Entwicklung insgesamt ist positiv, sowohl was die Ausweitung des Angebots an Onlinediensten angeht als auch beispielsweise die Nutzung von Basiskomponenten. So hat sich die eID-Nutzung stark erhöht, jede:r Fünfte nutzt diese mittlerweile. Gleichzeitig ist der Anteil der Bürger:innen, die online Anträge oder Formulare einreichen, im Vergleich zu 2023 gleichgeblieben. Und zwischen den Ländern bleiben die Unterschiede beim Angebot an Onlineverwaltungsleistungen groß, eine Annäherung ist hier nicht zu erkennen. Es gibt also auch durchaus einige Entwicklungen, die wir genauer im Blick behalten werden.

VdZ: Wo sehen Sie Innovationspotenzial oder positive Ausreißer unter den Ländern oder Kommunen?

Opiela: Das ist das Schöne am Index, dass es dabei immer Überraschungen gibt und kein Land in allen Bereichen nur gut oder nur schlecht ist. Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise hat den vierthöchsten Anteil flächendeckend verfügbarer Onlinedienste, 17 Prozent der Befragten haben dort im Verwaltungskontext schon einmal einen Chatbot genutzt, mehr sind es nur in Hamburg und Bremen. Das Bild im Bereich der Verwaltung ist insgesamt sehr differenziert: Fast jedes Land gehört in irgendeinem Bereich zur Spitzengruppe. Das macht die Analyse so spannend, weil sich dadurch auch unterschiedliche Wechselwirkungen ergeben.

VdZ: Was wünschen Sie sich für die nächste Ausgabe des Deutschland-Index? Gibt es neue Themen, die Sie in den Blick nehmen wollen?

Jens Tiemann: Der Ausbau im Bereich Festnetz ist sehr uneinheitlich, das ist beim Blick auf die Karten im Bereitbandatlas direkt ersichtlich. Hier würden wir gerne weitere Maßzahlen entwickeln und mit anderen diskutieren, um diese Heterogenität besser zu erfassen, da Durchschnittszahlen trügerisch sein können.

Deutschland-Index der Digitalisierung 2021

Deutschland-Index der Digitalisierung 2021

Wie digital sind die Kommunen?

VdZ: Was dürfen die Besucher:innen des Zukunftskongresses erwarten, wenn sie Ihr Forum zum Deutschland-Index der Digitalisierung besuchen? Warum lohnt sich ein Blick in die aktuellen Zahlen besonders?

Tiemann: Für den Bereich Infrastruktur vergleichen wir nun schon seit einiger Zeit wichtige politische Ziele mit dem tatsächlichen Stand des Ausbaus, bspw. beim Glasfaserausbau. In der Gigabit-Strategie von 2022 ist festgelegt, dass bis Ende 2025 das Zwischenziel erreicht werden soll, dass die Hälfte aller Haushalte einen Glasfaseranschluss haben kann. In der Vergangenheit sind nicht alle Ziele für eine gute digitale Infrastruktur entschlossen genug angegangen worden, beim Glasfaserausbau stehen jetzt in verschiedenen Gegenden die Baggerarbeiten an. Es ist also spannend, ob die angepeilten Ziele erreicht werden können und welche Länder/Regionen noch Nachholbedarf haben.

Gumz: Im Bereich digitales Leben liegt diesmal ein Schwerpunkt auf der Frage, wie häufig künstliche Intelligenz bereits genutzt wird und wofür und wie die Auswirkungen wahrgenommen werden. Hierzu werden wir einige aktuelle Zahlen präsentieren.

Opiela: Im Bereich Verwaltung werden wir noch genauer auf die einzelnen Länder und Entwicklungen schauen und natürlich wird es auch eine Präsentation des Gesamtindex geben, der alle Themenbereiche zusammenfasst. Gerade in Hinblick auf die Neuaufstellung der Digitalpolitik des Bundes in einem eigenen Digitalisierungsministerium ist es wichtig sich zu vergegenwärtigen, wo wir aktuell stehen und in welchen Bereichen die Entwicklungen vielleicht noch nicht den Wünschen oder Erwartungen entsprechen. Im Anschluss wird es deshalb eine Diskussion der Ergebnisse mit Vertreter:innen der unterschiedlichen föderalen Ebenen geben, denn die Digitalisierung der Verwaltung ist ein Gemeinschaftsprojekt, auch wenn die Akteure hierbei durchaus unterschiedliche Wege wählen.

 

Hinweis: Das Titelbild stammt von der Übergabe des Deutschland-Index der Digitalisierung 2023 beim 9. Zukunftskongress Staat & Verwaltung.
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Fraunhofer auf dem 11. Zukunftskongress Staat & Verwaltung

🗓️ 25. Juni, 11:00 - 12:00 Uhr
➡️ Hier geht's zur Session

Fraunhofer@Zuko – Deutschland-Index der Digitalisierung 2025: Viele Wege, ein Ziel