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Umdenken in der Verwaltung – Impulse vom 2. ZuKo-THINKTANK

Die Verwaltung von morgen sollte innovationsfähig und reformbereit sein, auf dem Arbeitsmarkt junge Menschen überzeugen und der Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht im Weg stehen. Auf dem 2. ZuKo-THINKTANK war man sich einig: Diese Aufgabe muss schnellstmöglich gelöst werden. Mit einer umfassenden Verwaltungsdigitalisierung allein ist es aber nicht getan. Ein struktureller Wandel ist nötig, der von einem neuen Mindset getragen wird. Die Frage "Zielbild Verwaltung(en) 2030, und wenn ja, welches?" wurde gleich zu Beginn angeregt diskutiert und bis in den frühen Abend hinein in dynamischen Gesprächsrunden vertieft. Es folgt der Rückblick auf eine impulsgebende Veranstaltung.

127 Teilnehmende aus den Verwaltungsinstitutionen und der Privatwirtschaft haben auf dem 2. ZuKo-THINKTANK in sogenannten "Meilensteinen" Herausforderungen und Maßnahmen für sechs Themenfelder besprochen. Der ZuKo-THINKTANK ist der kreative Satellit des Zukunftskongresses Staat und Verwaltung und ermöglicht als solcher einen Austausch zwischen Teilnehmenden und Speakern auf Augenhöhe. Ziel dieses Formats ist es, im Zusammenwirken an einer neuen Vorstellung von Verwaltung zu arbeiten. Zur Eröffnung stellte Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid, Professor für Public and Financial Management an der Hertie School, die Ergebnisse der Behördenbefragung "Zukunftspanel Staat und Verwaltung 2023" und die der Bürgerbefragung des deutschen Beamtenbunds (dbb Bürgerbefragung 2023) gegenüber.

Behördenleiter*innen und Bürger*innen haben geantwortet

Das Vertrauen von Bürger*innen, aber auch Behördenleiter*innen in die Leistungsfähigkeit der deutschen Verwaltung sinkt, wie die Ergebnisse der beiden Befragungen zeigten. Während 36% der befragten Behördenleiter*innen fanden, dass die Verwaltung im Vergleich zu den vergangenen Jahren an Performance eingebüßt hat, waren es bei den Bürger*innen schon 49%. Insbesondere der Vertrauensverlust auf Seiten der Bürger*innen wurde von den Teilnehmenden des THINKTANK mehrfach als "alarmierend" bezeichnet und in den Panel-Diskussionen in den Fokus genommen.

Bei der Einstufung der inhaltlichen Prioritäten für eine Verwaltung 2030 wurde deutlich, wie unterschiedlich die Herausforderungen unseres Landes wahrgenommen werden. Umwelt und Klimaschutz wurden von über 45% der Behördenleiter*innen, aber nur von etwas mehr als 20% der Bürger*innen als eine der beiden Hauptprioritäten empfunden. Über 45% der Bürger*innen (Quelle: Spring Eurobarometer 2023 der EU-Kommission) fanden, dass die steigenden Lebenshaltungskosten und die Inflation ins Visier genommen werden sollten, eine Ansicht, die nur von 30% der befragten Behördenleiter*innen geteilt wurde.

Leitbild, Zielbild, Mission oder Grundgesetz?

Wie also muss die Verwaltung sich verändern, um neben den eingangs erwähnten Punkten wieder als handlungsfähig und vertrauenswürdig empfunden zu werden? Wichtig ist außerdem, dass die Verwaltung "nicht irgendwann aus den Köpfen der Menschen verschwindet", wie es ein Teilnehmer treffend formulierte. Brauchen die Verwaltungsinstitutionen für ihre Transformation ein motivierendes, mahnendes oder formendes Zielbild?

Ein Drittel der befragten Behördenleiter*innen des Zukunftspanels Staat und Verwaltung 2023 hatten dem Anstoß einer Debatte über das "Zielbild Verwaltung 2030" zugestimmt. Die Teilnehmenden des THINKTANK berichteten aber auch über eine "Leitbild-Verdrossenheit". Man könne diesen Begriff in den Verwaltungen schon nicht mehr hören. "Haben wir nicht schon im Grundgesetz das beste Zielbild?", fragte ein Teilnehmer, der den Bedarf einer "organisierten Zuständigkeit" hervorhob. Ordnung und Zuständigkeit nach Max Weber gebe es nicht mehr, meldete sich eine andere Stimme aus dem Publikum. In der heutigen von Emotionen und Unwissenheit gekennzeichneten, unsicheren Welt könne ein Zielbild Orientierung geben und die Verwaltung als Organisation mitbestimmen.

Befürworter*innen eines Zielbilds betonten auf dem THINKTANK außerdem, dass ein gut gemachtes Zielbild den Institutionen der Verwaltung helfen könne, konkrete Probleme wie den Fachkräftemangel anzugehen und nach innen aktiv zu werden. Ein Zielbild dürfe man nie als fertig verstehen, es müsse stetig neue Mitarbeitende einbeziehen, und der Anspruch müsse sein, die Gesamtheit der Zielbild-Diskussionen regelmäßig zusammenzuführen. Als Alternative zum Gedanken des Zielbilds wurden ergebnisorientierte, messbare "Missions" vorgeschlagen, die direkt mit der Umsetzung verbunden werden und Kund*innen bzw. Bürger*innen einbeziehen.

In erster Linie, so lautete das Schlusswort, bräuchte man, um notwendige Veränderungen umzusetzen, einen Diskurs auf der praktischen Ebene der Bürger*innen, in den Politik, Wirtschaft und Verwaltung(en) eingebunden werden. Die Verwaltung müsse als Dienstleister betrachtet werden. Ausgehend von diesem Verständnis könne dann der Diskurs über die Frage "Wo wollen wir hin?" entstehen. Letztendlich seien Politik und Verwaltung Seiten derselben Medaille: Die Verwaltung könne eine schlechte Politik ausgleichen, umgekehrt sei das schwieriger.