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Gläserne Bürger:innen durch Registermodernisierung?

Register sind der Schlüssel zur integrierten, behördenübergreifenden digitalen Verwaltung – der Schub aus dem Backend

Seit Inkrafttreten des Registermodernisierungsgesetzes diskutiert die Verwaltung lebhaft über die Modernisierung von Registern. Heben vernetzte Register den Datenschatz der Verwaltung? Machen sie sie effizienter und bürgerfreundlicher? Oder öffnet die Vernetzung Tür und Tor für gläserne Bürger:innen? Echte Verwaltungsdigitalisierung funktioniert nicht ohne zeitgemäße Register.
Autor
Patrick Spahn ist Account Manager bei Materna im Geschäftsbereich Public Sector und für die Bereiche Personalverfahren und Register zuständig.
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Das Registermodernisierungsgesetz soll zum Once-Only-Prinzip führen. Das heißt, bereits in Registern gespeicherte Angaben und Nachweise werden dann behördenübergreifend nutzbar. Die Registermodernisierung wird oft im Zusammenhang mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) genannt. Sie hat jedoch über die Unterstützung des OZG hinaus einen ganz eigenen Stellenwert. Während das OZG vor allem auf die digitale Beantragung einer Leistung abzielt, sind Register der Schlüssel zu einer integrierten, behördenübergreifend funktionierenden digitalen Verwaltung. Das Once-Only-Prinzip führt einen bereichsübergreifenden Identifier ein und ermöglicht damit den Austausch von Registerdaten zwischen Behörden. Smart-City-Anwendungen profitieren genauso von modernen Registern wie die Modernisierung von Fachverfahren als Baustein für die digitale Ende-zu-Ende Prozessbearbeitung.

Relevant im Rahmen des Registermodernisierungsgesetzes sind insgesamt 51 ausgewählte Register. Davon genießen 18 die Priorität als „Top-Register“. Als zentrales Ziel setzt das Gesetz die Ergänzung der Identifikationsnummer. Bei vielen Registern muss hierzu zuerst eine grundlegende Modernisierung erfolgen. Die Register auf Bundesebene werden zum Großteil bereits elektronisch geführt, andere Register auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene existieren noch in Papierform. Modernisierung in diesem Zusammenhang bedeutet vor allem, dass die genutzten Grundlagen beim Neuaufbau und bei der Weiterentwicklung angeglichen werden müssen, um den unermesslichen Datenschatz des Staates zu heben. Somit werden für alle Register technische, architektonische und rechtliche Standards benötigt, die eine Vernetzung erst ermöglichen. 

Wie real werden gläserne Bürger:innen?

Vernetzte Register rufen verständlicherweise Datenschützer:innen auf den Plan. Seit Beginn der Diskussion um die Registermodernisierung wird deshalb vor allem auf die Gefahr der übergreifenden Datennutzung durch den Staat hingewiesen. Die Einführung der Steueridentifikationsnummer als bereichsübergreifendes Ordnungsmerkmal für Personen hat bei Datenschützer:innen einen Aufschrei provoziert. Sowohl Bürger:innen als auch Unternehmen erwarten, dass Daten sicher sind vor unbefugtem Zugriff und dass keine Querverbindungen herstellbar sind, die sie „gläsern“ machen. Andererseits muss die Regierung möglichst viele Informationen so verknüpfen, dass sie zukunftsgerichtet planen und steuern kann. Um beiden Anliegen gerecht zu werden, gibt es zwei konkrete Maßnahmen:

1. Zugriffsschutz
Das 4-Corner-Modell, ein modernes Interaktionsmuster für den Datenaustausch, verhindert den unkontrollierten Datenzugriff einer datenabrufenden Stelle. Nur mit einer Legitimation durch eine Prüfinstanz ist der Zugriff auf die Daten eines Registers möglich. 

2. Datenschutzcockpit schafft Transparenz
Jeder Abruf von Daten von Bürger:innen wird protokolliert und damit wird nachvollziehbar, welche Behörde wann mit welchen Daten gearbeitet hat.

Datenschutz vs. schnelle und effiziente Verwaltung

Wie so oft steht dem Thema Datenschutz das Thema Komfort beziehungsweise Vereinfachung gegenüber. Einfacher soll es für alle werden. Das gilt einerseits für die Bürger:innen und die Unternehmen. Sie müssen nicht für jeden einzelnen Verwaltungsprozess erneut ihre Daten eingeben, sondern nur noch die für den jeweiligen Antrag spezifischen Daten ergänzen – entsprechend dem Once-Only-Prinzip. Andererseits kann die Verwaltung die Anträge auf Basis von qualitätsgesicherten Daten bearbeiten. Das Warten auf Nachlieferung von Daten entfällt und optimalerweise entsteht ein durchgängig digitaler Prozess. Alle profitieren von einem stark beschleunigten Verfahren.

Vernetzung als Schlüsselthema

Ein wichtiger Baustein für die Modernisierung ist das Once-Only-Prinzip. Das bedeutet vereinfacht: Die Verwaltung soll zukünftig Daten auch aus fachfremden Datenquellen abrufen können. Erforderlich ist also eine Interoperabilität und Vernetzung der Datenbestände. Da viele Daten in Registern vorliegen, ist die Registermodernisierung gleichzeitig einer der wesentlichen Bausteine für die digitale Transformation der Verwaltung. Vernetzte Register, in denen Datensätze eindeutig identifiziert werden können, ermöglichen zum einen die Automatisierung von Prozessen und zum anderen effizientere Verfahren. Automatisierung funktioniert nur im Zusammenspiel mehrerer Behörden und Register.

Gemeinsam Handeln

Wichtig ist die gemeinsame Anstrengung aller Akteure, verbindliche Standards zu definieren, insbesondere zur Vernetzung der Register mit anderen Verwaltungsverfahren. Dies legt die Basis für die erfolgreiche Modernisierung von Registern in Deutschland und in Europa. 

Eine besondere Rolle beim Aufbau der technischen Grundlagen übernimmt das Bundesverwaltungsamt (BVA) als Registermodernisierungsbehörde. Materna steht dem BVA beratend und umsetzend zur Seite – sowohl im Bereich der Architektur als auch bei der konkreten Umsetzung der innovativen Ideen zur Schaffung eines einheitlichen Grundgerüstes für Register. Als Mitglied des Register-Architekturboards, das die Weichen für die technologische Zukunft der im BVA eingesetzten Register stellt, wirkt Materna beim Aufbau eines Standards zur Realisierung von Registern mit. 

Überdies hat Materna in den vergangenen Jahren ein umfassendes Verständnis für die Anforderungen an Register aufgebaut. Als Realisierer von Registern sowie der Register-Querschnittskomponenten, genießt Materna umfangreichen Einblick in die Registerlandschaft des BVA. Die Komponenten bilden die Grundlage für die Erstellung moderner Register.

Fazit

Sowohl die OZG-Umsetzung als auch das Once-Only-Prinzip sind strategische Ziele der Bundesregierung. Das Registermodernisierungsgesetz schafft die rechtliche Basis für das Once-Only-Prinzip und beflügelt damit perspektivisch die OZG-Reifegrad-4-Umsetzung von Verwaltungsleistungen. Ohne moderne Register auf Basis des Once-Only-Prinzips, wird es auf Dauer keine echte OZG-Umsetzung geben. Mit Spannung werden daher die ersten Once-Only-Pilotverfahren erwartet. Sie sollen im Laufe des Jahres 2022 für den Reifegrad 4 an ausgewählten Registern erfolgen – ein weiterer wichtiger Schritt zur digitalen Verwaltung in Deutschland.

Das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) hat vier große Schwerpunkte: Modernisierung, Interoperabilität, Identifikation und Datencockpit.
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Zum Portfolio von Materna für die Registermodernisierung gehören die Themen: Entwicklung und Modernisierung von Registern und Fachverfahren, Einführung von Portal-Lösungen, Integration von E-Akten sowie die Umsetzung von OZG-Dienstleistungen.
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