Dr. Annette Schmidt; Digital; FITKO; BUND; LÄNDER, Verwaltung; IT-Planungsrat; Frankfurt
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Moderieren und Informationen effektiver streuen

Dringende Aufgaben, drängende Zeit: Dr. Annette Schmidt über Gründung, Stellenaufbau und Agenda der künftigen FITKO

Die Föderale IT-Kooperation (FITKO) soll als operative Einheit des IT-Planungsrates Anfang 2020 ihre Arbeit aufnehmen. Der Aufbaustab der künftigen AöR hat aber längst angefangen, die künftigen Aufgaben besonders rund um das Onlinezugangsgesetz (OZG) vorzubereiten. Verwaltung der Zukunft sprach mit der Leiterin des Aufbaustabes, Dr. Annette Schmidt, über die Organisation, die Integration der kommunalen Ebene und die Herausforderung, möglichst schnell, passendes Personal zu finden.

Verwaltung der Zukunft: Was ist Ihre Aufgabe und wie sieht die kommende Agenda bis zur eigentlichen Gründung der FITKO aus?

Schmidt: Unsere aktuelle Aufgabe besteht darin, die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, um zum 1. Januar 2020 mit der FITKO als Anstalt öffentlichen Rechts starten zu können. Der Staatsvertrag liegt bereits in der notwendigen Änderungsfassung vor – die Ministerpräsidenten wollen ihn am 21. März unterschreiben. Danach müssen die 16 Landesparlamente und der Bundestag den Vertrag bis Ende September ratifizieren. Nur dann kann in der Herbsttagung des IT-Planungsrates der Gründungsbeschluss gefasst und die FITKO offiziell an den Start gehen.


Der Staatsvertrag zur künftigen IT-Kooperation und zur FITKO liegt in der Änderungsfassung vor. Die Ministerpräsidenten wollen das Dokument am 21. März unterschreiben. Danach müssen es die 16 Landesparlamente und der Bundestag ratifizieren.


Dr. Annette Schmidt ist seit langem mit E-Government befasst. Die studierte Geowissenschaftlerin und Informatikerin arbeitete u. a. im Umweltbundesamt, war Leiterin der Stabsstelle des hessischen CIO und zuletzt Vizepräsidentin im hessischen Polizeipräsidium für Technik. Seit Mai 2017 leitet sie den FITKO-Aufbaustab.
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VdZ: Worin liegen ihre aktuellen Aufgaben konkret? Vor welchen Problemen stehen Sie?       

Schmidt: Die Arbeit besteht aktuell darin, die FITKO vorzubereiten. Dafür sind wir als Aufbaustab mit vier Mitarbeitern unterwegs. Die FITKO wird rein fachlich-strategisch aufgestellt und besitzt keinen eigenen Verwaltungsbereich – wir haben also niemanden, der sich um Personal und Organisation kümmert, wie in einer klassischen „Abteilung Z“. Das bedeutet, dass wir uns momentan vor allem damit befassen, mit verschiedenen hessischen Dienststellen Vereinbarungen zu schließen. Wir brauchen jemanden, der die Gehälter errechnet und auszahlt, Reisekosten und Beihilfe macht, den IT-Support übernimmt und so weiter.   

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Die FITKO wird rein fachlich-strategisch aufgestellt und besitzt keinen eigenen Verwaltungsbereich wie eine klassische „Abteilung Z“.

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VdZ: Wenn Sie als Aufbaustab schon mal da sind, hat Ihnen der IT-Planungsrat über diese rein organisatorischen weitere Aufgaben zugewiesen – wie ist das obendrein handzuhaben?

Schmidt: Der IT-Planungsrat hat uns zusammen mit dem BMI mit der übergreifenden Koordinierung der OZG-Umsetzung beauftragt. Darüber hinaus haben wir Aufgaben zur Ertüchtigung des Föderalen Informationssystems (FIM) übernommen, wir unterstützen bereits jetzt die Aktivitäten der Geschäftsstelle des IT-Planungsrats und haben die Federführung für die Überarbeitung bzw. Neuausrichtung der Nationalen E-Government-Strategie (NEGS), die zu einer föderalen IT-Strategie weiterentwickelt werden soll. Um dieser zusätzlichen strategischen Aufgabe gerecht zu werden, hat sich das Land Hessen bereit erklärt, zehn weitere Stellen zu finanzieren. Zu den vier kommen also zehn Stellen hinzu, die wir bis Ende Februar vollständig besetzt haben werden.

VdZ: Das hört sich an, als seien Sie schon mittendrin, statt nur in der Vorbereitung… 

Schmidt: Vor allem im Bereich der übergeordneten Koordinierung der OZG-Umsetzung liegt unsere Aufgabe in einem möglichst umfassenden Informationstransfer und Wissensmanagement. Wichtig ist es dabei, dass wir uns nicht nur auf Bund und Länder beziehen, sondern den kommunalen Bereich weitaus stärker einbinden und den Erfahrungsaustausch zwischen den Themenverantwortlichen auf allen Ebenen anregen.

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Wichtig ist es, dass wir uns nicht nur auf Bund und Länder beziehen, sondern den kommunalen Bereich weitaus stärker einbinden.

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VdZ: Da haben Sie etwas vor sich – in vielen, gerade kleinen Kommunen scheint das OZG noch gar nicht richtig „angekommen“ zu sein. 

Schmidt: Bei mehr als 11.000 ganz unterschiedlichen Kommunen ist es auch für uns schwierig, die passenden Ansprechpartner zu finden. Wir stehen im Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene und mit den kommunalen IT-Dienstleistern. Ab 2020 wird es beim IT-Planungsrat erstmals ein Kommunalgremium geben. Auch wenn dieses keine Stimmrechte hat und die Auswahl der Vertreter schwierig sein dürfte, so hoffen wir doch darauf, dass den Kommunen damit ein besseres Sprachrohr zukommt. Wir sehen allerdings die Kommunen nun in der Pflicht, Vorschläge für die Besetzung zu machen.

Workshops in der Fläche: Die FITKO will gemeinsam mit den kommunalen Verbänden vor Ort "Methoden-kompetenzen" aufbauen, etwa um das FIM besser zu nutzen.
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VdZ: Was tragen Sie denn konkret zu einer möglichen Lösung bei?  

Schmidt: Es ist geplant, die verschiedenen Interessengruppen in einem Workshop zusammenzubringen. Wir wollen gemeinsam erarbeiten, wie ein solches Gremium aussehen kann. Letztlich geht es darum, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, ihre Anforderungen – nicht nur in Sachen OZG-Umsetzung – besser zu artikulieren. Zudem müssen wir unsere Informationen effektiver streuen, damit sie tatsächlich alle Kommunen erreichen.

VdZ: Wie wäre es mit einer zentralen Austauschplattform? Und welche Rolle spielt das Föderale Informationsmanagement (FIM) bei der OZG-Umsetzung?

Schmidt: Es ist bereits ein Informationssystem zu den OZG-Leistungen online. Dort ist der OZG-Umsetzungskatalog integriert und die Plattform wird gerade nutzerorientiert ausgebaut. Ziel ist, dass alle Beteiligten schnell einen Überblick über den Gesamtfortschritt erhalten. Außerdem muss man sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen – und da kommt FIM ins Spiel. FIM ist eine sehr gute Methodik, um das OZG voranzubringen. Hier werden standardisierte Prozesse und Datenfelder zur Verfügung gestellt. Das ermöglicht theoretisch allen Beteiligten auf allen Ebenen, vorhandene Lösungen zu nutzen und auf der Basis eigener IT-Strukturen zu adaptieren. Allerdings wird FIM den aktuellen Erwartungen nicht mehr gerecht. Wir haben deshalb vom IT-Planungsrat die Aufgabe erhalten, FIM soweit zu optimieren, dass die technischen Möglichkeiten den Anforderungen aus dem OZG entsprechen.

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Wir haben vom IT-Planungsrat die Aufgabe erhalten, FIM soweit zu optimieren, dass die technischen Möglichkeiten den Anforderungen aus dem OZG entsprechen.

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VdZ: Das allein ist sicherlich schon eine Aufgabe an sich…

Schmidt: Und das schafft die FITKO auch nicht allein. Wir haben Mittel bekommen, um Beauftragungen vorzunehmen. Zu dieser Aufgabe gehört nämlich auch, bundesweit eine entsprechende Methodenkompetenz aufzubauen. Es nützt nichts, wenn nur eine Handvoll Leute mit FIM umgehen kann. Es braucht also Schulungen und Informationsangebote, an denen im IT-Planungsrat bereits gearbeitet wurde und deren Federführung wir nun übernehmen.

VdZ: Ein Großteil der Mitarbeiter in den Geschäftsstellen des IT-Planungsrates ist bislang für maximal zwei Jahre aus unterschiedlichen Behörden abgeordnet. Wie soll der Übergang laufen?

Schmidt: Die FITKO übernimmt und bündelt ab 2020 alle Geschäftsstellen des IT-Planungsrates. Die Übernahme erfolgt gestaffelt in einem Zeitraum von zwei Jahren. Insgesamt erhalten wir daraus etwa 36 Stellen sowie acht Stellen für den Strategiebereich – macht zusammen 44 Vollzeitäquivalente (VZÄ). Theoretisch können wir ab 1. Januar 2020 über diese Stellen verfügen. Praktisch sind aber aufgrund der Staffelplanung Übergangszeiten einzuplanen, sodass wir mit der Besetzung aller VZÄ erst bis Ende 2021 rechnen.   

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Grundsätzlich wäre es natürlich toll, wenn es die FITKO schon ein bisschen früher gegeben hätte.

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VdZ: Das ist ja mit Blick auf das "OZG-Jahr" 2022 alles recht spät...  

Schmidt: Grundsätzlich wäre es natürlich toll gewesen, wenn es die FITKO schon ein bisschen früher gegeben hätte. Nun werden wir mit dem offiziellen Gründungsbeschluss im 4. Quartal 2019 sofort anfangen, Stellen auszuschreiben, um so schnell wie möglich loszulegen. Im Moment rechnen wir zum Jahresanfang 2020 mit etwa zehn neuen Kollegen. Parallel dazu können wir weitere befristete Stellen aus dem Digitalisierungsbudget finanzieren, wir gehen hier von 15 oder 16 Stellen aus. Wir arbeiten bereits an Vorschlägen für eine thematische Prioritätenliste, um umgehend arbeitsfähig zu sein.

Aufgrund der Staffelplanung müssen Übergangszeiten einberechnet werden, sodass die FITKO erst Ende 2021 mit der Besetzung aller VZÄ planen kann. Ein Jahr später muss das OZG bereits umgesetzt sein.

VdZ: Inwiefern können Sie über das Digitalisierungsbudget eigentlich verfügen?

Schmidt: Die Ministerpräsidentenkonferenz hat das Budget in Höhe von 180 Mio. Euro für die Jahre 2020 bis 2022 beschlossen. Der IT-Planungsrat entscheidet fachlich darüber, welche Projekte damit finanziert werden. Die FITKO setzt als operative Einheit die Entscheidungen um und übernimmt das Projektmanagement.

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Wir suchen beides, Kollegen aus der Verwaltung und von außerhalb.

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VdZ: Und welches Personal brauchen Sie?

Schmidt: Wir suchen beides, Kollegen aus der Verwaltung und von außerhalb. Einerseits ist die Erfahrung aus der Arbeit im öffentlichen Sektor wichtig – wir sind absehbar eine AöR und haben immerzu mit Verwaltungen zu tun. Auf der anderen Seite tun uns unverstellte Blicke gut, von Menschen mit Erfahrungen aus der Wirtschaft, Wissenschaft oder dem Kulturbereich. Dieses Miteinander hat uns in der Arbeit schon jetzt sehr geholfen. Ich denke da zum Beispiel an Kompetenzen im Portfolio- und Projektmanagement, die Mitarbeiter von außen mitgebracht haben. Das gleiche gilt für die Mischung von Jung und Alt. Es gilt, langjährige Organisationserfahrungen mit frischem Denken und einer anderen Herangehensweise an die Digitalisierung zusammenzubringen.

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Auch wir gehen im Vergleich zur klassischen Verwaltung neue Wege – kürzer und mit weniger Hierarchien.

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VdZ: In der Vergangenheit hat bundesweit eine ganze Reihe an Behörden angekündigt, neue – an die Digitalisierung angepasste – Arbeitsweisen auszuprobieren. Reihen Sie sich ein?

Schmidt: Auch wir gehen im Vergleich zur klassischen Verwaltung neue Wege – kürzer und mit weniger Hierarchien. In unserem kleinen Team funktioniert das bisher gut, ob sich das aber so durchhalten lässt, werden wir sehen. Eines ist zumindest klar: Unsere Aufgabengebiete sind sehr eng miteinander verzahnt, wir können gar nicht isoliert voneinander arbeiten, es muss alles „Hand-in-Hand“ gehen. Zudem wird es bei uns keine eigene ausufernde Verwaltung geben, weil wir wie gesagt alle Dienstleistungen extern beziehen müssen.    

Auf der südlichen Main-Seite im Stadtteil Sachsenhausen ist die FITKO zu finden (hier der Blick vom Banken-Viertel im Stadtteil Westend).

VdZ: Sie sitzen in Frankfurt – der Arbeitsmarkt für organisations- und IT-affine Berufe ist hier sicherlich noch angespannter als etwa in Berlin. Ein Nachteil?

Schmidt: Im Rhein-Main-Gebiet können wir aufgrund der Konkurrenz und des hohen Lohniveaus keine monetären Aspekte geltend machen. Auch innerhalb des öffentlichen Diensts haben wir mit dem Tarifvertrag Hessen (TV-H) gegenüber dem Bund deutlich das Nachsehen. Stattdessen bieten wir ein sehr angenehmes Arbeitsklima mit flexiblen und mobilen Arbeitsformen, viel Eigenverantwortung und großem Gestaltungspielraum. Ich denke auch, dass wir mit unseren Räumlichkeiten in einem neuem Gebäude nahe des Main-Ufers und der modernen technischen Ausstattung punkten können.

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Wir gehören weder dem BMI noch einem Landesministerium an. Dadurch besitzen wir eine bestimmte Neutralität – das ist ein hohes Gut!

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VdZ: Die Geschäftsstelle des IT-Planungsrates ist derzeit noch im Bundesinnenministerium (BMI) angesiedelt. Inwiefern geht auch eine Rollenverschiebung mit der Gründung der AöR FITKO einher?

Schmidt: Träger der AöR sind der Bund und die Länder gemeinsam. Wir gehören somit weder dem BMI noch einem Landesministerium an. Dadurch besitzen wir eine bestimmte Neutralität. Das ist ein hohes Gut! Denn wie in anderen Bereichen gibt es auch in der Digitalisierungspolitik in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern oft unterschiedliche Meinungen. Da braucht es eine moderierende Rolle und die Fähigkeit die Bund-Länder-Gremien auf neutrale Weise so zu beraten und vorzubereiten, dass gute Entscheidungen im Interesse aller Beteiligten getroffen werden können. Dafür ist die FITKO nun sicherlich eine gute Ausgangsbasis.