Eine Hand hält einen Zettel mit den Worten "Idea To Do Doing Done" hoch
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Modernes Arbeiten: Job-Switching für eine Woche

Ein Interview mit Clarisse Schröder (KDN) und Lena Sargalski (Stadt Bad Salzuflen)

Wie aufgeschlossen öffentliche Arbeitgeber sein können, beweist ein Experiment von zwei kommunalen »Digital-Frauen«: Sie tauschten für fünf Arbeitstage den Job, um neue Perspektiven und Arbeitsmethoden im digitalen Sektor kennenzulernen.

Lena Sargalski verantwortet den digitalen Wandel der Stadt Bad SalzuflenClarisse Schröder ist im Team des Kompetenzzentrums Digitalisierung beim Dachverband kommunaler IT Dienstleister (KDN) für die Koordination des OZG der Kommunen in Nordrhein-Westfalen zuständig. Für eine Woche tauschen die beide IT-Frauen ihre Arbeitsplätze, die Idee dazu war im Rahmen des Nachwuchsnetzwerkes des Nationalen E-Government-Kompetenzzentrums N3GZ entstanden. Beide Arbeitgeber genehmigten das Vorhaben und sahen ein große Chance im jeweiligen Perspektivwechsel.

Job Swop auf Augenhöhe

Frau Schröder, Sie haben fünf Tage in der Stadtverwaltung Bad Salzuflen arbeitet. Wie ist ihr Fazit? Mit welchen neuen Erkenntnissen und Aha-Erlebnissen sind Sie zurückgekehrt?

Clarisse Schröder: So ein Job Swop ist wie ein gegenseitiges Praktikum auf Augenhöhe. Es war ein Wagnis, das unserem Umfeld zu vermitteln, aber alle haben uns unterstützt! Sicher, die vollen Terminkalender sind eine Herausforderung, aber durch simple Hacks wie ein tägliches zehnminütiges Briefing am Morgen haben wir unser Zeitmanagement gut im Griff gehabt. Die souveräne Gelassenheit meiner Job-Switch-Partnerin zu erleben, fünf Tage in Folge zu sehen, wie alles läuft in einem Umfeld, das meinem sehr ähnlich ist, hat mich gestärkt.
Auf die Tätigkeit bezogen habe ich gelernt, wie eine mittelgroße, gut aufgestellte Stadt organisiert ist und auch die Zwischentöne aufgenommen. Ich meine damit den Umgang der Menschen, die ich im Job Switch erlebt habe: sehr transparent, fokussiert, kollegial. Das ist schwer zu beschreiben. Am besten einmal selbst ausprobieren!

Frau Sargalski, wie war das bei Ihnen? Wie haben Sie Ihre Arbeit beim KDN erlebt?

Lena Sargalski: Die ambitionierte Umsetzung der Digitalisierungsvorhaben auf kommunaler Ebene erfordert gebündelte Ressourcen und engagierte, motivierte Mitarbeitende. Um Standards schaffen und damit Mehrwerte für die Kommunen generieren zu können, übernimmt der KDN eine wichtige Rolle in NRW – auch, wenn Kommunen in ihrem Tagesgeschäft nur selten im direkten Kontakt mit dem Dachverband stehen.

In der Job-Switching-Woche habe ich gemerkt, dass der KDN tagtäglich in vielfältiger Art und Weise mit unterschiedlichen Akteur*innen und Interessengruppen zusammenkommt und anfallende Aufgaben engmaschig koordiniert. Ich kannte die Strukturen zur OZG-Umsetzung zwar im Vorfeld schon ganz gut, aber durch den Perspektivwechsel ist mir nochmal vor Augen geführt worden, wie komplex die Vorkehrungen für eine möglichst digitale Verwaltung in ganz Deutschland sind. Zugleich habe ich aber auch erkannt, dass ein pragmatischer Ansatz zur Lösung von schwierigen oder neu aufkommenden Fragen beitragen kann.

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Mein persönlicher Mehrwert durch das Job Switching war nicht allein die Tatsache, dass mir ein Einblick in eine andere öffentliche Organisation und die vorhandene Arbeits- und Kommunikationskultur gewährt wurde. Vielmehr konnte ich durch den Perspektivwechsel einen anderen Blick auf meine eigene Arbeit gewinnen und Methoden, Skills sowie Werkzeuge, die Clarisse anwendet, übernehmen.

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Lena Sargalski

Sie arbeiten beide im Digitalisierungsbereich. Wo gab es bisherige Schnittmengen? Welche Schnittmengen sind neu hinzugekommen?

Clarisse Schröder: Die größte Schnittmenge, die zuvor rein objektiv vorhanden war, ist selbstverständlich die Umsetzung des OZG. Dabei spielen auch die kommunalen Rechenzentren eine besondere Bedeutung. Sie sind für Kommunen häufig der erste Ansprechpartner, wenn es um die kommunale IT(-Sicherheit) und die OZG-Umsetzung geht. Durch landesweite Veranstaltungen – ob in Präsenz oder im Online-Modus – wird der Austausch zwischen KDN, kommunalen Rechenzentren und den Kommunen in NRW gefördert.  

Lena Sargalski: Als neue Schnittmenge hat unser Job Switching offengelegt, dass wir in Bad Salzuflen – ähnlich wie beim KDN – an der interkommunalen Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben arbeiten. Neben fest bestehenden Kooperationen wie die der lippischen CDOs und Digitalisierungsbeauftragten, interkommunalen Arbeitskreisen zu digitalen Fachthemen oder Wissenstransfers zur Smart City, organisiere ich häufig flexible Austauschformate für Chief Digital Officers, weil wir durch die Vernetzung Ressourcen und Kompetenzen bündeln und damit schneller in die Umsetzung auf kommunaler Ebene gehen können.

Eine fast identische Ausgangslage findet sich auch beim KDN wieder: Hier kommen IT- und Digitalisierungsexpert*innen auf den verschiedenen Ebenen zusammen und erledigen ebenfalls gemeinsam Arbeitspakete, von denen alle profitieren sollen. Ein Großteil unseres Arbeitsalltags besteht also neben der hausinternen, strategischen und operativen Umsetzung im Vernetzen, Kommunizieren, Koordinieren und Moderieren. Diese Erkenntnis gewonnen zu haben, bestärkt uns bei der weiteren Ausübung unserer Jobs, die sich zum Großteil ähneln.

Sind durch den Arbeitsplatztausch Ideen für neue Projekte entstanden? Zum Beispiel, dass der Tausch keine einmalige Sache bleibt oder weitere Kolleg*innen involviert werden?

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Während des Job Switchings haben wir viel Zustimmung für unser Selbstexperiment bekommen und das zeigt, dass viele Mitarbeitende offen für solche Formate sind. Wir möchten alle Kolleg*innen im öffentlichen Dienst dazu ermutigen, ein ähnliches Selbstexperiment auszuprobieren. Das kann zwischen öffentlichen Arbeitgebern, aber genauso mit Unternehmen, Start-ups oder wissenschaftlichen Institutionen initiiert werden!

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Clarisse Schröder

Lena Sargalski: Letzten Endes ist nur entscheidend, dass das Mindset passt und man Lust darauf hat, die eigene Komfortzone zu verlassen. Und diesen Leitgedanken wollen wir auch künftig weitertransportieren. Was noch im Nachgang von unserem Job Switching aussteht ist ein persönliches Treffen – tatsächlich haben wir uns eine Woche rein digital begleitet und das hat wunderbar funktioniert.

Vielen Dank!