Open Data vermitteln
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Initiative statt "Warten auf den Plattform-Launch"

Warum Open Data nicht nur bereitgestellt, sondern auch vermittelt werden sollten

Es reicht nicht aus Open Government Data auf einem Portal zur Verfügung zu stellen, die Daten müssen auch an potenzielle Entwickler und die Öffentlichkeit kommuniziert und vermittelt werden. Die Verwaltung sollte den Kontakt zu den Datennutzern suchen, um ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen. So entstehen qualitative Anwendungen und eine allgemeine Wertschätzung für Open Data. Aus Basis der Open Data Strategie des Kantons Basel-Stadt hat Verwaltung der Zukunft Handlungsempfehlungen formuliert: Wie sollte Ihre Kommune mit Open Data umgehen und wie nicht?

Um eine Daten-Wertschöpfungskette zu beginnen, muss ein Dialog zwischen Verwaltung und Öffentlichkeit stattfinden. So können Anforderungen an Daten geäußert und diese in optimierter Form zur Verfügung gestellt werden. Im Austausch gewinnen Nutzer an Kompetenzen, sodass alle  Parteien sich kontinuierlich weiterentwickeln. Mit den entstehenden Anwendungen wird der Nutzen von Open Data einer breiteren Öffentlichkeit ersichtlich. Um genau diese Wertschöpfungskette zu initialisieren, hat der Kanton Basel im Herbst 2017 ein Pilotprojekt gestartet. Die Verwaltung hat die Entwicklung von Anwendungen aus offenen Verwaltungsdaten aktiv angeregt  und gefördert.

Konkrete Datensätze auf Hackathons bereitstellen

Ein Hackathon ist eine kollaborative Veranstaltung zur Software-Entwicklung. Basel hat seine Daten dem BaselHack, TWIST sowie den Statistik-Hackdays anlässlich der Schweizer Statistiktage 2018 zugänglich gemacht. Ein Projektteam vor Ort hat die Teilnehmer mit Informationen rund um Basel und den entsprechenden Datensätzen versorgt. Hierzu wurden konkrete „Challenges“ aufgestellt, für welche die Programmierer Lösungen finden sollten.

Auch verschiedene Städte in Deutschland veranstalten Hackathons: darunter Dortmund, Berlin, Köln, Konstanz und München.

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Die Stadt München veranstaltet, gemeinsam mit Code for München, jährlich einen Open Data-Hackathon mit Impulsvorträgen, Workshops und Programmiersessions. In diesem Jahr hat die Landeshauptstadt die City AppSmarter Together“ vorgestellt und den Teilnehmern so ihre Erwartungen an die jeweiligen Anwendungen vermittelt. Zur Software-Entwicklung wurden die Datensätze, Luftdaten.info, Fahrradzählstellen in München sowie Bike & Car-Sharing Dumps der letzten Monate zur Verfügung gestellt.

Mit den Datensätzen erhalten die Entwickler bereits eine Richtung, in die es gehen soll. Die Verwaltung hat hier die Möglichkeit, Datensätze zu kommunizieren, die sich für eine Anwendung eignen bzw. für die Applikationen gefragt sind. Diese Informationen kann die Stadt vor der Beauftragung möglichst gut aufbereiten, um die Arbeit der Entwickler zu erleichtern.

Gewünschte Datensätze erfragen und die Community stärken

Basel organisiert einen Stammtisch für alle Open Data-Interessierten.
© Staatskanzelei Basel-Stadt

Es geht auch anderes herum. Die Staatskanzelei Basel stellt auf Ihrer Website eine Wunschliste zur Verfügung. Hier können Interessierte ihre Anfragen für Datensätze nicht nur äußern, die Anfragen werden auch wortwörtlich auf der Seite wiedergegeben.

So erreichen die Anfrage nicht nur die Stadt, sondern auch andere Nutzer. Die Wunschliste legt somit das Fundament für eine Open Data-Community der Stadt und schafft Raum für Synergien.

Die Stadt organisiert außerdem einen Open Data Stammtisch, bei dem die Teilnehmer ihre Wünsche äußern können.

Ehrenamtliche in die Konzeption des Portals einbeziehen

 „Wir wollen einen großen Teil des Wissens, der Daten der Landeshauptstadt leichter verfügbar machen – für Entwickler, für Unternehmer, für einfach engagierte Bürgerinnen und Bürger“,  verkündet Norbert Engemaier von der Piraten/ Linksfraktion bei der Stadtratssitzung am 17. Mai. 2018 in Dresden.

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Wir wollen einen großen Teil des Wissens, der Daten der Landeshauptstadt leichter verfügbar machen – für Entwickler, für Unternehmer, für einfach engagierte Bürgerinnen und Bürger.

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Norbert Engemaier

„Daten sind das Gold der Neuzeit“, ergänzt Michael Schmelich, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Stadtrat Dresden: „Open Data kann und muss dafür sorgen, dass öffentliche Informationen auch öffentlich bleiben.“ Die Entscheidung für ein Open Data Portal solle die Landeshauptstadt transparenter und so auch die Verwaltung für die Bürger öffnen. 63  Stadtratsmitglieder stimmen mit „Ja“ - keine Gegenstimme, keine Enthaltung. Einstimmig.

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Daten sind das Gold der Neuzeit.

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Michael Schmelich

„Das Open Data Portal soll 2019 freigeschaltet werden“, eröffnet der Eigenbetrieb IT der Landeshauptstadt Dresden. Die technische Umsetzung des Open Data Portals erfolgt auf Basis einer bereits im Einsatz befindlichen Software des Freistaats Sachsen. Eine Verknüpfung der beiden Portale ist in Planung. Für die technische Umsetzung sind ca. 60.000 Euro vorgesehen. Für das Einpflegen der Daten könne die Stadt ohne größeren Aufwand auf bereits existierende Datenstrukturen und Datenbanken zurückgreifen. Seit 2014 gibt es in der Stadt bereits das  ehrenamtliche Open Data-Portal „Offenes Dresden“. Durch einen „OpenDataCrunch“ wurde die Community in die technische Bewertung  und der Konzeption des Portals einbezogen.

Kontinuierlich entwickeln und kommunizieren

„Rob Tranquillo“,Ansprechpartner bei Offenes Dresden, sieht die Partizipationsbemühungen der Stadt jedoch mit Skepsis. Er wünscht sich mehr Beteiligung und eine offenere Bereitstellung der Daten, beides könne auch ohne doppelt durchdachtes Plattform-Konzept erfolgen.

Ein interaktiver Reiseführer für Dresden - zu finden auf OffenesDresden.de
© OffenesDresden.de

Die Kritik der Organisation ist klar: Es fehle an der tatsächlichen Bereitschaft, Daten zur Verfügung zu stellen. Die Stadt müsse hier aktiver auf die Community und sonstige Interessierte zugehen. Das Portal sollte mit den gemeinsamen Akteuren entwickelt und nicht erst präsentiert werden, wenn es fertig ist.

Dann könnte es bereits Anwendungen geben. Auf Basis frei zugänglicher Daten hat „Offenes Dresden“  eine Map für die optimale Fahrzeit zur tschechischen Grenze, ein interaktiven Reiseführer, eine OpenStreetMap und eine Heatmap für die Luftqualität der Stadt erstellt.

Linked Open Data - Datensätze verknüpfen

Linked Open Data beschreibt die Aufbereitung und Vernetzung von Datenbeständen. Offene Verwaltungsdaten und Datenbestände von Drittorganisationen werden miteinander verknüpft und bilden so die Basis für komplexere Anwendungen. Basel hat externe Auftragnehmer mit der Datenaufbereitung von Statistikdaten, Echtzeitdaten und Archivdaten beauftragt. Daraus konnte eine Bevölkerungsstatistik in Form einer Google Chart erstellt werden. Im Vordergrund stand jedoch das Erweitern der Datenbasis für zukünftige Anwendungen.

In Deutschland findet diese Form der Open Data Verknüpfung zum Beispiel in Bibliothekskatalogen statt. Sucht man beispielweise in dem Katalog einer Universität nach bestimmter Fachliteratur, die nicht vor Ort ist, zeigt das System Standorte an, welche über das Buch verfügen. Eine solche Verknüpfung könnte ebenso mit überregionalen Daten verschiedener Kommunen, Kommunal- und Landesdaten oder aber mit Verwaltungsdaten und Daten von sonstigen Organisationen erfolgen. Hier müsste die aktive Suche nach sinnvollen Verknüpfungen stattfinden.

Zusammenarbeit mit Hochschulen

Hochschulen sind zwar häufig in Hackathons eingebunden, jedoch könnten die Kooperationen zwischen Verwaltungen und universitären Trägern noch weitaus stärker erfolgen. Der Kanton Basel-Stadt arbeitet z.B. mit der Universität Bern zusammen und hat im Rahmen einer Vorlesung Projekte ausgeschrieben. Im Zuge dessen haben zwei Studierende eine Anwendung zur Visualisierung der Schadstoffe im Rhein entwickelt.

Mit der Anwendung werden die Schadstoffe im Rhein visualisiert. Das Projekt ist an der Universität Bern entstanden.
© Oliver Erismann und Robert Schranz

Das Amt für Umwelt und Energie des Kantons  hat den Programmierern Rheinüberwachungsdaten von 2013 bis 2017, einen Datensatz mit 600.000 Messergebnissen,  in Form von CSV-Tabellen zugänglich gemacht. Entsprechend des Schadstoff-Typs und der Menge werden die Stoffe in einer Bubble Charts abgebildet. Diese Darstellung erlaubt eine Mengeneinschätzung sowie die Sortierung nach verschiedenen Stoffen. Das Umweltamt hat die Anwendung auf Ihrer Website eingepflegt.

Lokale Medien einbinden

Studienprojekte mit offenen Verwaltungsdaten können für beide Seiten ein großer Gewinn sein. Die Studierenden haben einen einfachen Zugang zu Daten, das erleichtert die Studienarbeit enorm. Außerdem ist ein Projekt mit der öffentlichen Hand im Lebenslauf vorweisen zu können, ein weiterer Anreiz für die Studierenden. Um den Anwendungen die angebrachte Aufmerksamkeit und Anerkennung entgegenzubringen, sollten diese auf der Website der jeweiligen Behörde erscheinen. Darüber hinaus sollte die Verwaltung lokale Medien ansprechen und auf die Open Data-Projekte hinweisen.

Datenjournalisten kontaktieren

Große Medienhäuser haben Kapazitäten und Kompetenzen, um Open Data Anwendungen zu entwickeln. Die Stadt Basel ist daher explizit auf Datenjournalisten zugegangen, unter anderem auf das Online-Journal „TagesWoche“.

Die TagesWoche hat eine Map die Häufung von Fahrradunfällen entwickelt.
© TagesWoche

Das Magazin hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine mediale Plattform für die Region Basel zu bieten und sich dabei für eine vielfältige, tolerante und offene Gesellschaft einzusetzen. Aufgrund des öffentlichen Interesses hat die TagesWoche zwei Applikationen geschaffen: eine App zur Visualisierung von neuralgischen Stellen für Fahrradunfällen sowie die Visualisierung der Lage am Basler Immobilienmarkt.

Die "Neue Zürcher Zeitung" hat ebenfalls auf Basis von Verwaltungsdaten eine Anwendung entwickelt. "Vom Aemmerliweg bis zur Zwinglistrasse" ist ein Straßen ABC der Stadt Zürich und enthält Steckbriefe von allen 2.505 Straßen, Plätzen und Wegen.

Einsatz von Open Data in Zürich
interaktiver Stadtplan

Einsatz von Open Data in Zürich

von interaktiven Stadtplänen bis zur Gartenberatung

Adaptation bestehender Anwendungen

Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Daher hat sich Basel  erfolgreiche Applikationen aus anderen Städten wie Zürich, Wien, Berlin oder Amsterdam mal genauer angeschaut und auf eine mögliche Adaption für das Kanton geprüft. Die Schweizerische Stadt verfolgt hiermit quasi einen umgekehrten Ansatz, denn teilweise müssen für die jeweilige Anwendung noch Daten aufbereitet werden. Auch wenn sich diese Datenaufbereitung für die Anwendung als nicht ökonomisch erweist, ein Blick nach links und rechts schadet nicht – auch nicht im Bereich Open Data.

Welche Daten stellen andere Kommune bereit? Wie werden die Daten zur Verfügung gestellt? Beobachten Sie das Vorgehen anderer Städte oder treten Sie in Kontakt. Die Außenkommunikation von Open Data-Projekten sollte in diesem Zuge besonders verstärkt werden, damit auch andere Verwaltungen von der eigenen Arbeit erfahren können.

Ihre Kommune hat eine Open-Data Anwendung umgesetzt und Sie möchten diese gerne vorstellen? Kontaktieren Sie uns unter vdz@wegweiser.de.