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Die Digitalisierung der Justiz in Rheinland-Pfalz

1. Januar 2026 – das ist das Datum, auf das wir mit voller Kraft hinarbeiten!

Bis zu diesem Tag wird die eAkte flächendeckend in ganz Deutschland und dementsprechend auch Rheinland-Pfalz eingeführt sein!
Solch ein ambitioniertes Projekt braucht eine solide Grundlage – in technischer wie personeller Hinsicht.

In technischer Hinsicht konnten wir schon einige tragende Pflöcke einschlagen: So waren in Rheinland-Pfalz zum Stichtag 30. September 2022 bereits 16 der 56 Gerichte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit der eAkte ausgestattet. Dort wurden insgesamt 136.328 eAkten angelegt, wovon bereits 106.537 Verfahren erledigt sind. An drei weiteren Gerichten wird die eAkte noch im Jahr 2022 ausgerollt werden.

Dr. Matthias Frey, Staatssekretär im Ministerium der Justiz
© Ministerium der Justiz, Rheinland-Pfalz

Mit der kontinuierlichen Erhöhung der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer und dem Fortschreiten des Rollouts zeigte sich zu Beginn des Jahres 2021 ein ansteigender Verlust von Systemperformance. Dieser erschwerte zwischenzeitlich ein effizientes und zufriedenstellendes Arbeiten mit der eAkte, woraufhin der Rollout vorübergehend gestoppt wurde. Aufgrund breitgefächerter technisch-organisatorischer Maßnahmen unter Einbindung von Softwareentwicklern, Betriebsdienstleistern und externen Spezialisten konnte die Systemstabilität und Anwendungsperformance wieder deutlich gesteigert werden, sodass der Rollout wiederaufgenommen werden konnte.

Für die Digitalisierung der Justiz und insbesondere das Gelingen der flächendeckenden Einführung der eAkte gibt es eine zweite, ganz maßgebliche Grundlage: Unser qualifiziertes und hoch engagiertes Personal. Damit meine ich einerseits die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des eJustice-Programms, die aufgrund ihrer interdisziplinären Struktur sowohl die technischen Belange als auch die Belange des Geschäftsbereichs stets im Blick haben. Damit meine ich aber auch unsere zahlreichen Nutzerinnen und Nutzer. Ohne die Kolleginnen und Kollegen, die sich bereit erklärt haben, an Pilotierungen teilzunehmen und mit ihren berechtigten Nachfragen und Anmerkungen zu einer steten Verbesserung der eAkte beigetragen haben, wären wir nicht so weit, wie wir es sind. Auch wird mir immer wieder von spürbarer Vorfreude und zum Teil von einer „Aufbruchsstimmung“ im Geschäftsbereich berichtet. Dafür danke ich allen Beteiligten sehr. Denn das Verständnis für den Bedarf der Digitalisierung und die Akzeptanz der eAkte ist meiner Meinung nach der entscheidende Faktor für das Gelingen des Projekts.

Auf dieser Grundlage gehen wir nun die nächsten Herausforderungen an:

So soll die eAkte auch im Strafbereich und im Bereich der Fachgerichtsbarkeiten eingeführt werden. Im Strafbereich geht es nicht nur darum, die Funktionalitäten und Geschäftsprozesse bei der eAkten Bearbeitung vor Ort zu testen. Auch die digitale Übertragung von Dokumenten zwischen Polizei und Justiz wird einem Belastungstest unterzogen.

Der Rollout der eAkte setzt eine funktionale und an der Digitalisierung ausgerichtete Arbeitsplatzausstattung voraus. Im richterlichen Bereich haben wir uns dabei für eine mobile Ausstattung entschieden. Dies hat sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und dem Wunsch, aber auch dem Bedürfnis nach mobilem Arbeiten als richtige Entscheidung erwiesen. Dies gilt in gleichem Maße bei der ortsunabhängigen Arbeit für den staatsanwaltschaftlichen Bereich und den Rechtspflegerdienst. Die Sitzungssäle der eAkte-Gerichte wurden entsprechend eingerichtet, um die eAkte dort sachgerecht einsetzen zu können. Mit großen Monitoren bzw. über Anschlüsse für die Dienstlaptops können Richterinnen und Richter sowie Vertreterinnen und Vertreter der Staatsanwaltschaft Beweismittel digital der Öffentlichkeit bzw. den Zeugen visualisieren.

Zwar setzt Rheinland-Pfalz derzeit – wie die übrigen Bundesländer auch – den Schwerpunkt auf die gesetzgeberische Vorgabe, die eAkte bis spätestens zum 1. Januar 2026 flächendeckend bei Gerichten und Staatsanwaltschaften einzuführen. Die Einführung der eAkte allein führt jedoch noch nicht zu einer umfassenden Nutzung der mit der Digitalisierung einhergehenden Möglichkeiten. Daher gilt es, bereits jetzt über den 1. Januar 2026 hinauszudenken. Dabei sind zwei Blickwinkel zu betrachten: Auf der einen Seite geht es darum, den digitalisierten „Datenschatz“, also den Verfahrensinhalt, zu „heben“, indem man ihn beispielsweise nach bestimmten Parametern strukturiert. In diesem Sinne betreibt Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem bayrischen Staatsministerium der Justiz ein Projekt mit dem Namen „SMART“. Dieses hat zum Ziel, Künstliche Intelligenz zu nutzen und Dokumente, die beispielsweise von Anwälten im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs an die Gerichte gesendet werden, automatisiert zu kategorisieren und zielgerichtet in die Infrastruktur der eAkte zu integrieren. Dies soll nicht nur zu einer Entlastung der Serviceeinheiten führen, die bislang die eingereichten Dokumente händisch in die eAkte einfügen und kategorisieren. Vielmehr ist denkbar, dass der Inhalt der eAkte durch den Einsatz von softwaregestützter künstlicher Intelligenz auch für die Entscheiderinnen und Entscheider unterstützend aufbereitet werden kann. Auf der anderen Seite ist der Kontakt bzw. die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Blick zu nehmen. Denn für diese ist die Digitalisierung bislang nicht sichtbar. Auch in diesem Bereich gibt es Perspektiven, die jedoch primär durch den Bundesgesetzgeber voranzutreiben sind. Denn die Zulässigkeit digitalisierter Verfahrensschritte bzw. die Möglichkeit, online Anträge zu stellen oder Verfahren zu führen, setzt eine entsprechende Anpassung der Verfahrensordnungen voraus.

Mit einem steigenden Grad der Digitalisierung und Vernetzung der Justiz gehen auch neue Risiken einher, die sowohl die IT-Infrastruktur selbst als auch die damit verarbeiteten Daten bedrohen. Dies zeigte sich gerade erst vor Kurzem am Beispiel der Kreisverwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises, die Ziel eines Hackerangriffs war. Es ist daher notwendig, Informationssicherheit als unabdingbare Voraussetzung einer erfolgreichen Digitalisierung zu verstehen, um die bestehenden Risiken durch geeignete und angemessene Maßnahmen zu reduzieren. Denn gerade in Krisenzeiten ist eine leistungsfähige Justiz für die Bevölkerung für das Vertrauen in einen starken Rechtsstaat von großer Bedeutung. Dabei ist die Justiz auf eine sichere und funktionierende IT-Infrastruktur angewiesen.