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Ist eine Sache erst dann strafrechtlich-relevant „beschädigt“, wenn sie „kaputt“ ist?

Auch hier sagt der Jurist: „Das kommt ganz darauf an!“ Aber worauf kommt es denn an?

Anno 2022 fehlt es den sogenannten Klimaaktivisten weder an Kreativität in den Aktionsformen, noch an Hemmungen, sich an öffentlichem und/oder privatem Eigentum zu vergreifen.

Mal klebt man sich an Hauptverkehrsstraßen fest, ja sogar an Autobahnen, um künstlich kilometerlange Staus zu verursachen (wobei bislang noch nicht richtig zu erkennen ist, wieso man damit dem gebeutelten Klima einen Dienst erweisen könnte), mal kettet man sich in einem Berliner Museum an der Absperrung zu einem Dino-Skelett an, mal lässt man ganz gezielt an SUVs die Luft aus den Reifen (oder greift direkt zum Messer und macht den Reifen endgültig den Garaus), mal überschüttet man ein Standbild mit Farbe und ein andermal schüttet man irgendwelche Suppen oder gewöhnliche Farben auf weltberühmte Gemälde. Ganz wichtig: Es müssen zeitgleich unbedingt viele Kameras an den verschiedenen Tatorten im Einsatz sein, damit diese „mutigen“ Taten der interessierten, überwiegend jedoch genervten Öffentlichkeit auch präsentiert werden können.

Hinter Glas

Wenn aber Vermeers berühmtes Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ durch den Zusatz „…und einer unbekannten Substanz“ umgetauft werden müsste, ist dadurch gleichzeitig der Straftatbestand des § 303 StGB (Sachbeschädigung) erfüllt? Wenn das Gemälde unmittelbar betroffen, weil in seiner Substanz angegriffen, d.h. verletzt wurde, dann ganz zweifellos. Die aktuellen Fälle liegen aber etwas anders und sind daher auch juristisch kniffliger.

Dass eine Sache im Rechtssinne, also ein körperlicher Gegenstand, attackiert wurde, ist klar. Diese Sache ist auch „fremd“ im Sinne der zitierten Vorschrift – allerdings befand sich das Gemälde hinter Sicherheitsglas. Die unbekannte Substanz prallte also nicht unmittelbar auf das Gemälde selber, sondern auf die Schutzvorrichtung.

Auch nicht leicht zu beantworten, denn dafür müsste eine „nicht unerhebliche Verletzung der Substanz“ des Glases vorliegen, wodurch die „Brauchbarkeit der Sache zu ihrem Zweck beeinträchtigt wird“. Demgegenüber soll „äußeres Verunstalten ohne Verletzung der Sachsubstanz“ für strafrechtliche Folgen nicht genügen (zivilrechtliche Ansprüche wegen etwaiger Reinigungskosten können hier einmal außen vor bleiben). Erst recht dann, wenn Suppe, Brei oder Farbe ohne viel Aufwand abgewaschen werden können. Anders liegt der Fall allerdings dann, wenn sich die flüssige Substanz derart mit dem Glas verbindet, dass die Entfernung der Farbe nur mit Eingriff in die Substanz des Glases rückstandslos erfolgen kann.

Wenn die Bestimmung (temporär) vereitelt ist

Aber keine Regel ohne Ausnahme: Wenn das Kameraauge einer Verkehrsüberwachungsanlage mit Senf beschmiert wurde, kennt das Strafrecht 0 Pardon, schließlich konnte ja die Kamera ihren Zweck zumindest vorübergehend nicht erfüllen.

Riskanter ist auch das Luftrauslassen an Autoreifen, wobei weder der Kfz-Typ, noch die Marke oder der Verwendungszweck maßgeblich ist – entscheidend ist alleine die Vereitelung der bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit des Kraftfahrzeuges, denn ohne Luft in den Reifen kann das Auto nun mal nicht fahren. Jedenfalls nicht bestimmungsgemäß. Es geht also nicht darum, dass die Luft der Reifen „gestohlen“ wurde, es geht vielmehr um die Nutzungsvereitelung.

Aber nicht alles ist schwierig oder strittig. Fest steht: Das Verbringen von normalen, d.h. nicht genmanipulierten Kartoffeln auf 1,25 % einer genehmigten Freisetzungsfläche ist keine Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB. Gut, dass wenigstens das geklärt ist.