"Sicheres Deutschland" als wichtiges Ziel der neuen Koalition
Was die Koalitionäre in puncto Sicherheit vereinbart haben.
Wer sollte uns denn fortan bedrohen? Vor wem müssten wir uns schützen? Politisch galt – zumindest im linken Lager – "Keine Militarisierung der Außenpolitik!" Dann kam zum 1. Juli 2011 die Aussetzung der Wehrpflicht und die Schließung der Kreiswehrersatzämter, als äußeres Zeichen, dass die Wehrpflicht wohl kein Comeback mehr erleben würde. Und mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine sah die Welt dann plötzlich wieder ganz anders aus.
Unsere Sicherheit ist heute so stark bedroht wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Die größte und direkteste Bedrohung geht dabei von Russland aus, das im vierten Jahr einen brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und weiter massiv aufrüstet. [...] Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges müssen Deutschland und Europa in der Lage sein, ihre Sicherheit deutlich umfassender selbst zu gewährleisten. Wir werden sämtliche[!] Voraussetzungen schaffen, damit die Bundeswehr die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung uneingeschränkt erfüllen kann.
Als politische Absichtserklärung wird relativ nüchtern eine "Erhöhung der Verteidigungsausgaben" in Aussicht gestellt – aber weder konkret beziffert, noch wird das berühmte 2 %-Ziel (Ausgaben für die Verteidigung, abgeleitet vom BIP) oder gar keine höhere Marke ausdrücklich als erstrebenswert genannt.
Dies ist wohl im Zusammenhang mit der Sonderklausel Verteidigung im Kontext zur sog. Schuldenbremse zu sehen, denn fortan – wohl schon im Bundeshaushalt für das laufende Jahr – soll nur noch 1 % des BIP unter die Bestimmungen der Schuldenbremse fallen – ohne Begrenzung nach oben. Was konkret bedeuten könnte: Sollte der Haushaltsgesetzgeber der Auffassung sein, dass 3 % des BIP für die Verteidigung p.a. ausgegeben werden müssten, so würden – Stand heute – von insgesamt ca. 129 Mrd. Euro "nur" etwa 43 Mrd. Euro unter die Modalitäten der Schuldenbremse fallen – 86 Mrd. Euro jedoch nicht.
Natürlich durfte auch ein klares Bekenntnis zu EU und NATO nicht fehlen, alles erwartbar. Erwartbar war auch das Bekenntnis zu einer weiteren (militärischen) Unterstützung der Ukraine – dies in erfrischender Deutlichkeit.
Die Ukraine werden wir umfassend unterstützen, so dass sie sich gegen den russischen Aggressor effektiv verteidigen und sich in Verhandlungen behaupten kann.
Diese Formulierungen sind durchaus beachtlich, denn hier wird, in der Sache völlig richtig, klargestellt, dass nur eine verteidigungsfähige Ukraine in der Lage sein wird, ihren legitimen Interessen bei den anstehenden Friedensverhandlungen wirksam Geltung zu verschaffen. Wer diesen Zusammenhang leugnet, denkt wohl weniger an Friedensverhandlungen, die diesen Namen auch tatsächlich verdienen, sondern an eine Kapitulation der Ukraine.
Interessant ist, dass das aktuell umstrittenste Thema mit dem Stichwort "Taurus" überhaupt nicht angesprochen wird. Hier waren wohl die Meinungsunterschiede zwischen der Union und SPD zu groß. Allerdings dürfte es auch ein Gebot der Klugheit sein, nicht vorab zu verkünden, was wann in welchem Umfange an militärischen Hilfen geleistet wird. Russland wird uns auch nicht vorab verraten, welche Mittel die Armee wann und wo einsetzen wird. Also kann es nur eine Antwort auf die Frage "was?" geben: Die Ukraine wird das bekommen, was sie haben muss, um sich effektiv verteidigen zu können.
Der Autor, Wolfgang Bosbach, ist Kongresspräsident des Berliner Kongresses für Wehrhafte Demokratie. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort unter anderem von 2000 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Innen- und Rechtspolitik und von 2009 bis 2015 Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses.
Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie - Gesellschaftlicher Dialog für Innere Sicherheit, Verteidigungsfähigkeit und Zusammenhalt findet vom 16. bis 17. Juni 2025 im Hotel de Rome in Berlin statt.