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Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kinderfreundlichen Kommune Wolfsburg

Eine Kinder- und Jugendbeteiligung muss auf verschiedenen Ebenen der Kommune entwickelt und gestärkt werden

Die Stadt Wolfsburg nimmt seit 2012 am Programm „Kinderfreundliche Kommunen“ teil, mit dem Städte und Gemeinden bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention unterstützt werden. Das Programm wird vom Verein Kinderfreundliche Kommunen durchgeführt, der vom Deutschen Komitee für UNICEF und vom Deutschen Kinderhilfswerk e.V. getragen wird. Im Rahmen des Programms hat die Stadt Wolfsburg einen umfangreichen Aktionsplan für den Zeitraum 2014 bis 2018 erarbeitet, beschlossen und umgesetzt. Anschließend wurde ein zweiter Aktionsplan verabschiedet, dessen Fokus auf der Verstetigung und Weiterentwicklung der Maßnahmen liegt.

Damit ist die Stadt Wolfsburg einen verbindlichen Prozess eingegangen, um die verwaltungsinternen Strukturen nachhaltig kinder- und jugendfreundlicher zu gestalten, die Einhaltung der Kinderrechte und des Kindeswohls nach der UN-Kinderrechtskonvention zu gewährleisten und die notwendigen Rahmenbedingungen für kind- und jugendgerechte Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen. Ein wesentlicher Bestandteil der beiden Aktionspläne sind die Entwicklung, Etablierung und fachliche Betreuung verschiedener Formate der Kinder- und Jugendbeteiligung. Dies wird durch das bereits seit dem Jahr 2000 bestehende Kinder- und Jugendbüro geleistet.

Lebensweltorientierte Partizipation im Kinderbeirat 

Im 2015 gegründeten Kinderbeirat können sich Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren für jeweils ein Schuljahr engagieren. Aktuell hat der Kinderbeirat 16 Mitglieder, die sich monatlich zu Sitzungen treffen. Während der Pandemie haben die Sitzungen überwiegend in digitaler Form stattgefunden. Die Mitglieder des Kinderbeirates prüfen Spielplätze, testen Freizeitangebote, bewerten das Mittagessen in Schulmensen und befassen sich mit weiteren Themen wie ÖPNV, Radverkehr, Umwelt, Stadtplanung, Schule, Digitalisierung und Cybermobbing. Außerdem hat der Kinderbeirat eine beratende Funktion bei den Planungen für das Baugebiet Sonnenkamp und ist bereits seit Anfang 2018 in den Planungsprozess einbezogen. Der Kinderbeirat ist als beratendes Gremium im Rahmen der integrierten Jugendhilfeplanung mit anderen Gremien der Stadtverwaltung verzahnt. Die Meinungen und Vorschläge der Kinder fließen über die/den Kinderbeauftragte/n in den Jugendhilfeausschuss ein. 

Kommunalpolitische Partizipation in der Kinder- und Jugendkommission

Anfang 2017 ist die Kinder- und Jugendkommission erstmalig zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. In diesem Gremium arbeiten neben Mitgliedern aus Verwaltung, Kommunalpolitik und Jugendarbeit auch zehn Jugendliche als Expert_innen mit. Die Kinder- und Jugendkommission ist ein Unterausschuss des Jugendhilfeausschusses. Sie ist ein Vorschlags- und Planungsgremium und hat kein originäres Beschlussrecht. Jährlich finden vier Sitzungen statt. Die jugendlichen Expert_innen arbeiten in monatlichen Arbeitstreffen themen- und bedarfsorientiert. Zu den bislang behandelten Themen gehören jugendgerechte Kommunikation, Digitalisierung in Schulen sowie ÖPNV. Zudem werden die Jugendlichen von Seiten der Stadtverwaltung bei der Planung von Neubaugebieten, der Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts und der Weiterentwicklung des Vorhabens zur Stadtentwicklung und Digitalisierung „Smart City Wolfsburg“ beteiligt.

Jugendgerechte Partizipation im Jugendbeirat

Anfang 2021 wurde vom Jugendhilfeausschuss die Einrichtung eines Jugendbeirats beschlossen, in dem junge Wolfsburger_innen im Alter von 13 bis 27 Jahren mitwirken können. Aus ihren Reihen werden die zehn jugendlichen Expert_innen in die Kinder- und Jugendkommission berufen. Die Arbeit des Jugendbeirats ähnelt der Arbeit im Kinderbeirat und ist ebenfalls innerhalb der Integrierten Jugendhilfeplanung verzahnt. Im aktuellen Jugendbeirat arbeiten 21 Jugendliche und junge Erwachsene mit. Die meisten Sitzungen haben bislang aufgrund der Pandemie digital stattgefunden.

Voraussetzungen für eine gelingende kommunale Kinder- und Jugendbeteiligung

Um Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kommunalverwaltung zu stärken, bedarf es verbindlicher Strukturen sowie nachhaltiger Partizipationsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Die Verankerung von Kinderrechten in Leitbildern oder Hauptsatzungen von Kommunen ist sinnvoll, um ein verwaltungsübergreifendes Verständnis für die Bedeutung der Kinderrechte und der Kinder- und Jugendbeteiligung im Sinne eines Top-down-Ansatzes zu entwickeln. Allerdings reichen diese rechtlichen Verpflichtungen allein nicht aus, sondern müssen mit verbindlichen Strukturen und Prozessen unterlegt werden, um die Wirksamkeit von Beteiligung zu ermöglichen. 

Für eine erfolgreiche kommunale Kinder- und Jugendbeteiligung braucht es zudem qualifiziertes Fachpersonal. In der Stadt Wolfsburg sind das Kinder- und Jugendbüro und die dort ansässige hauptamtliche Kinderbeauftragte die zentrale Anlaufstelle für die Anliegen und Themen von Kindern und Jugendlichen. Sie entwickeln und betreuen kinder- und jugendgerechte Beteiligungsformate und sorgen dafür, dass die Interessen und Meinungen von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich bei städtischen Planungen berücksichtigt werden. Die Stelle der Kinderbeauftragten ist der Verwaltungsspitze zugeordnet und dadurch mit speziellen Zugangs- und Zugriffsrechten ausgestattet. 

Da die Umsetzung der Kinderrechte und die Kinder- und Jugendbeteiligung zu den kommunalen Querschnittsaufgaben gehören, bedarf es darüber hinaus auch qualifizierter Ansprechpersonen in den für die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen relevanten Bereichen der Kommunalverwaltung. Diese Aufgaben übernehmen in der Stadt Wolfsburg die Partizipationsbegleiter_innen. Das sind Mitarbeiter_innen aus unterschiedlichen Bereichen der Stadtverwaltung, wie Jugend, Grün, Schule, Bildungshaus und Bürgerbüro, die eine Ausbildung zur Moderation von Kinder- und Jugendbeteiligung absolviert haben.

Die Kinder- und Jugendbeteiligung muss auf verschiedenen Ebenen der Kommune entwickelt und gestärkt werden. Bei der Definition von Prozessen und Strukturen, aber auch der Entwicklung von Partizipationsmöglichkeiten, muss jede Kommune den für sie geeigneten Weg finden. Die Stadt Wolfsburg hat im Rahmen der Teilnahme am Programm „Kinderfreundliche Kommunen“ die Stärkung und den Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligung erfolgreich vorangetrieben.

Autorinnen

Katrin Dedolf, Kinderbeauftragte der Stadt Wolfsburg und Koordinatorin des Vorhabens „Kinderfreundliche Kommune Wolfsburg“, katrin.dedolf@stadt.wolfsburg.de

Dr. Nina Fabjančič, Referentin bei Kinderfreundliche Kommunen e.V., fabjancic@kinderfreundliche-kommunen.de

Kinderfreundliche Kommunen e.V.

Geschäftsführer Dominik Bär

 Tel: +49 (0)30 202 192 09

baer[at]kinderfreundliche-kommunen.de

www.kinderfreundliche-kommunen.de

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