Personalmanagement
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Modernes HR-Management in der Verwaltung der Zukunft

Herausforderungen und Zukunftsvision

Die öffentliche Verwaltung befindet sich im Wandel. Der demografische Wandel, die Digitalisierung, veränderte Erwartungen der Mitarbeitenden sowie gesellschaftliche Transformationsprozesse machen deutlich: Das Personalmanagement (HRM) spielt eine Schlüsselrolle bei der Zukunftssicherung des öffentlichen Dienstes. Doch wie können die aktuellen Herausforderungen gemeistert und zugleich zukunftsfähige Strukturen aufgebaut werden?

1. Aktuelle Herausforderungen: Zwischen Stabilität und Aufbruch

Eine der bedeutendsten Herausforderungen für Unternehmen und Organisationen ist der demografische Wandel in der alternden Gesellschaft und der drohende Wissensverlust durch den Generationenwechsel.

In den nächsten Jahren wird ein erheblicher Teil der Beschäftigten altersbedingt ausscheiden, zunächst die Nachkriegsgeneration und danach die zahlreichen Baby-Boomer. Das führt zu einem erhöhten Rekrutierungsbedarf und einem notwendigen Wissenstransfer von Alt zu Jung. Das überwiegend implizite Erfahrungswissen, das nur bedingt formalisierbar ist, soll rechtzeitig am Modell, d.h. in Tandems und altersgemischten Gruppen, weitergegeben werden. Zugleich stellen jüngere Generationen neue Anforderungen an Organisationen und wünschen sich mehr Flexibilität, Sinnorientierung und Mitgestaltungsmöglichkeiten.

Als mittelbare Folge der demografischen Veränderungen verstärken sich zunehmend der Fachkräftemangel und die Konkurrenz um Talente. Öffentliche Arbeitgeber stehen im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft, die häufig attraktivere Gehalts- und Karrieremodelle bietet. Verwaltung muss gezielt an ihrer Arbeitgeberattraktivität arbeiten – durch Employer Branding, moderne Arbeitsbedingungen und gezielte Nachwuchsförderung.

Prof. Dr. Swetlana Franken, Simone Hülsmann, Dr. Jana Marleen Walter, Prof. Dr. Elisabeth van Bentum (v. l. n. r.) in der Session „Erfolgsindikatoren und Kennzahlen für das gute HR-Management in der Verwaltung der Zukunft“ beim Zukunftskongress 2025.
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Digitalisierung und die daraus resultierenden neuen Kompetenzanforderungen (hinsichtlich spezifischer digitaler Kompetenzen und weiterer begleitender Kompetenzen wie kritisches, analytisches und Systemdenken, interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kommunikation) stellen eine weitere Herausforderung im Personalmanagement dar. Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI), vor allem der generativen KI wie ChatGPT, bringt vielfältige Chancen, aber auch viele Risiken für die öffentlichen Institutionen. Die geeigneten KI-Tools müssen mit Bedacht, menschenzentriert und ethisch implementiert werden.

Digitalisierung und KI beeinflussen alle Handlungsfelder des Personalmanagements, von der Rekrutierung und Onboarding über Personalverwaltung bis zu Weiterbildung. Dadurch verändern sich Kompetenzanforderungen und Rollenprofile der Beschäftigten. HR muss sowohl eigene Prozesse digitalisieren als auch digitale Kompetenzen im gesamten Haus fördern – und dabei Datenschutz und IT-Sicherheit im Blick behalten.

Die neuen Arbeitswelten verlangen nach einem neuen Führungsparadigma. Hierarchische, autoritäre Führung von oben herab ist nicht mehr geeignet. Remote und hybrides Arbeiten, virtuelle Teams und eine größere Vielfalt an Lebensentwürfen fordern ein neues Führungsverständnis. Vertrauen, Kommunikation auf Augenhöhe, Respekt, Achtsamkeit und Gesundheitsförderung treten stärker in den Vordergrund. Neue Führungskräfte sind keine alleinigen Entscheider mehr, sondern eher Coaches und Moderatoren ihrer Teams.

Darüber hinaus zeichnen sich Verwaltungen und öffentliche Betriebe durch strikte gesetzliche Rahmenbedingungen und gewisse strukturelle Trägheit aus, was ihnen zwar Stabilität verleiht, aber zugleich ihre Agilität beschränkt. Strenge Vorgaben, z. B. im Beamtenrecht oder Datenschutz, können Innovationen hemmen. HR-Verantwortliche müssen kreative Lösungen im rechtssicheren Rahmen entwickeln – etwa für flexiblere Laufbahnmodelle oder leistungsorientierte Vergütung. Dieser Spagat stellt eine weitere bedeutende Herausforderung dar.

Wie können die genannten Herausforderungen zum Zweck der Modernisierung von Handlungsfeldern des Personalmanagements in der Verwaltung bewältigt und als Impulse für zukunftsorientierte Reformen genutzt werden? Einige Überlegungen werden in der folgenden Zukunftsvision des Personalmanagements erläutert.

2. Zukunftsvision: HRM als Transformationsmotor einer lernenden Verwaltung

Die beschriebenen Herausforderungen zeigen: Reaktive Personalpolitik reicht nicht mehr aus. Stattdessen braucht es eine visionäre, strategische Neuausrichtung des Personalmanagements. Die Zukunftsvision sollte auf sechs zentralen Prinzipien basieren:

1. HR als strategischer Partner

Zukünftig ist das HRM nicht nur Dienstleister, sondern Initiator und Mitgestalter einer strategischen Neuausrichtung. Es sollte in politische und strukturelle Entscheidungen einbezogen und kulturelle Veränderungsprozesse mit analytischer Kompetenz und strategischer Weitsicht begleiten. Dieser Anspruch ist nur dann realisierbar, wenn die Entscheidungsgremien und Verantwortliche an der Spitze von Verwaltungen zu der Veränderung stehen und diese bedingungslos unterstützen.

2. Menschenzentriertes Personalmanagement

Moderne HR-Arbeit stellt den Menschen in den Mittelpunkt – mit flexiblen Arbeitsmodellen, lebensphasenorientierter Karrieregestaltung und auf KI-gestützten Tools basierender Talentförderung. So werden persönliche Potenziale der Beschäftigten systematisch entwickelt und gebunden. Auch die Kundinnen und Kunden mit ihren vielfältigen Bedürfnissen, Wünschen und Lebenssituationen sollen im Fokus der öffentlichen Organisationen und Verwaltungen stehen. Dies kann durch ein zielgruppenorientiertes, flexibles Angebot an Dienstleistungen umgesetzt werden.

3. Digitalisierung und KI als Chance

Routineaufgaben werden durch Automatisierung reduziert, sodass sich HR auf wertschöpfende, kreative und kommunikative Tätigkeiten konzentrieren kann. Gleichzeitig unterstützt HR aktiv die digitale Transformation der gesamten Verwaltung – mit Fokus auf digitale Souveränität und ethische Verantwortung. Mit einem intelligenten Einsatz von KI-Tools kann die Qualität der Leistungen erhöht und die Bearbeitungszeit wesentlich reduziert werden. Chatbots für die Kundenberatung und -anfragen für Standardfragen können rund um die Uhr digitale Services anbieten, dadurch werden längere individuelle Beratungszeiten in komplexen Situationen ermöglicht.

4. Neue Führungskultur

Führung soll kooperativer und empathischer werden. Hierarchien werden nicht abgeschafft, sondern durch agile Arbeitsweisen ergänzt. Führungskräfte agieren als Coaches, Sinnvermittler und Vertrauensanker – besonders in hybriden Arbeitssettings. Neue Führungsmodelle wie transformationale, dienende, coachende und geteilte Führung vermitteln Vertrauen, Respekt und Kooperation als zentrale Werte der Führungskultur, in der Beschäftigte als Mitgestaltende und Ideengebende wertgeschätzt werden.

5. Verwaltung als lernende Organisation

Weiterbildung wird kontinuierlich, alltagsnah und (zumindest teilweise) digital stattfinden. Personalentwicklung zielt auf Zukunftskompetenzen wie interdisziplinäres Denken, Resilienz und Gestaltungskompetenz, vermittelt erforderliche Kompetenzen im Umgang mit digitalen Tools und KI am Arbeitsplatz. Die Führungskräfte agieren dabei als Vorbilder des Lernens, entwickeln kontinuierlich ihre Fach-, soziale und Führungskompetenzen. So wird die Verwaltung zum Ort des lebenslangen Lernens für alle Beteiligten.

6. Gemeinwohl und Nachhaltigkeit im Fokus

Personalpolitik sollte stärker wertebasiert praktiziert werden: Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit bilden heute keine Nebenthemen, sondern sind ein integraler Bestandteil der HR-Strategie. Die Verwaltung positioniert sich als Arbeitgeberin, die gesellschaftliche Verantwortung sichtbar lebt, die Prinzipien der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft respektiert und stärkt.

Fazit: HRM als Architekt einer nachhaltigen und demokratischen Arbeitswelt von morgen

Das Personalmanagement der Zukunft in öffentlichen Organisationen und Verwaltungen steht vor einer doppelten Aufgabe: Einerseits muss es bestehende Herausforderungen pragmatisch lösen, andererseits eine Vision entwickeln, die den öffentlichen Dienst als attraktiven, sinnstiftenden und innovativen Arbeitgeber neu positioniert. Es geht um eine Verwaltung, die als Sinnstifterin wahrgenommen wird, die Talente anzieht, fördert und bindet – nicht trotz ihrer Strukturen, sondern durch ihre Werteorientierung, Innovationskraft und Menschenzentrierung.