Krämerbrücke Erfurt Panorama
© Stadtverwaltung Erfurt

Thüringens Landeshauptstadt integriert Buchhändler und Bäcker in die Einkaufsstrategie

In Erfurt setzt man in der elektronischen Beschaffung seit 10 Jahren auf Nachhaltigkeit

„E“ wie Erfurt und „e“ wie elektronischer Einkauf – „nomen est omen“ könnte man meinen. Und tatsächlich, die Sache mit dem „e“ wie elektronisch hat in Erfurt bereits eine längere Tradition. Vor 10 Jahren hat sich die Landeshauptstadt für den e-Einkauf entschieden. Mehrwerte wie Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Regionalität stehen seither konsequent im Fokus.

Die Landeshauptstadt Erfurt hatte sich 2011 zunächst aus rein wirtschaftlichen Gründen für den elektronischen Einkauf entschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Bedarfe von etwa 3.300 Mitarbeitern, aus 6 Dezernaten, 63 Schulen und 4 Eigenbetrieben überwiegend dezentral und papiergestützt beschafft. Das war unwirtschaftlich, intransparent und kaum zu steuern. Die Digitalisierung sollte mehr Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten in den Einkauf bringen, um in Zukunft noch wirtschaftlicher und vergabekonform vorgehen zu können.

Diese Hoffnungen wurden erfüllt: Innerhalb eines Jahres ergaben sich bereits kleine Bündelungseffekte. Auf Grundlage belastbarer Leistungsverzeichnisse, die auf Daten des e-Einkaufes basierten, konnten neu ausgeschriebene Rahmenverträge mit einem Volumen von etwa 70.000 Euro per Vergabe am Markt vereinbart werden. Seither werden für alle anstehenden Ausschreibungen beziehungsweise Vergaben die elektronischen Daten aus dem Einkaufssystem für die Vorbereitung und Durchführung der Vergaben für gleichartigen Bedarf generiert. Preisvorteile oder Preisstabilität für die einzelnen Sortimente sind daher für alle Nutzer des elektronischen Kataloges an der Tagesordnung.

Umweltfreundliche Artikel sind gekennzeichnet

Heute, 10 Jahre später, nutzen bereits 200 Besteller aller Organisationseinheiten, der nachgeordneten Einrichtungen (z.B. Kitas, Jugend- und Seniorenclubs) sowie die Eigenbetriebe der Landeshauptstadt Erfurt das-Einkaufsportal des Dienstleisters TEK-SERVICE AG aus Lörrach. 17 Kataloge sowie mehrere Tausend Artikel aus der OCI Schnittstelle bilden eine vielfältige Auswahl. Der jährliche Umsatz beträgt derzeit 700.000 Euro – Tendenz steigend. Derzeit sind 1.800 Artikel nach Umweltschutzkriterien gekennzeichnet sind damit leicht für Besteller erkennbar und bevorzugt einzukaufen.

Rückblickend erinnert sich Denise Böttcher, Abteilungsleiterin beim Personal- und Organisationsamt der Stadt Erfurt und damit zuständig für die Beschaffung: „Die Akzeptanz zur Notwendigkeit des elektronischen Einkaufs war anfangs die größte Hürde. Es gab viele Bedenken in der Verwaltung bis in die Reihen des Stadtrats.“ Auch in Sachen Nachhaltigkeit galt es dicke Bretter zu bohren: „Umweltschutz, ja schon. Aber das ist teuer! Wer soll das denn bezahlen? Regionalität? Wir kaufen, wo es billig ist“. Und das, obwohl in der Agenda 21 der Landeshauptstadt Erfurt bereits 1992 festgeschrieben wurde, heute so zu leben, dass auch Kinder und Enkel eine Chance haben, ihre Zukunft in einer l(i)ebenswerten Welt zu gestalten.

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Nur indem wir vor 10 Jahren die Weichen in Richtung Digitalisierung des Einkaufes gestellt haben, wurden wir in unserem Handeln effizienter, erzielten höhere Wirtschaftlichkeit und schafften die Grundlage für mehr Nachhaltigkeit und Regionalität im Einkauf der Landeshauptstadt Erfurt. Darüber hinaus gelang es uns, den e-Einkauf mit der e-Vergabe zu verknüpfen. Weitere Potentiale liegen in der digitalisierten elektronischen Abrechnung.

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Denise Böttcher

Regionales Backhandwerk liefert gesunde Brötchen

2014 wurde Erfurt der Titel Fair Trade Town verliehen. „Wir fühlten und fühlen uns diesem Anspruch stets verpflichtet“, stellt Denise Böttcher fest. Dementsprechend sind heute Erfurts Buchhändler und Bäckereien in die Einkaufsstrategie integriert. Das Beispiel zeigt, wie durch die Digitalisierung des Einkaufes Nachhaltigkeit und Regionalität möglich werden: So verpflichtete das Erfurter Einkaufsteam örtliche Bäcker zu handwerklich gefertigten Backwaren, aus Getreide von regionalen Bauern und nahe gelegener Mühle. Industrieteiglinge sind ausdrücklich nicht zulässig. Die Bäckereikataloge wurden in das Erfurter Einkaufsportal übernommen. Unter dem Motto „Gesundes Brot für unsere Erfurter Kinder“ rufen heute Besteller aus Kindergärten, Kindertagesstätten und Schul-Internaten hierüber zweimal pro Woche ihre Bestellungen bei den Bäckereien ab.

Ebenso wird Literatur über spezielle Schnittstellen beim örtlichen Buchhandel bestellt. „Spätestens nach Corona wird klar, dass es nicht nur um Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Einkauf geht. Es geht auch darum, den örtlichen Handel digital im Einkauf zu erreichen“, so Abteilungsleiterin Denise Böttcher.

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