Miteinander vernetzte Social-Media-Symbole
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Datenachtsamkeit: Ein neuer Blick auf den Selbstdatenschutz

Warum eine Förderung von Maßnahmen zum Schutz eigener Daten notwendig ist

Mit Daten lässt sich enorm viel Geld verdienen – vor allem die Sozialen Netzwerke profitieren davon. Doch jüngst ging eine geplante Aufweichung von Datenschutzregeln nach hinten los: WhatsApp verlor viele Nutzer an Konkurrenten wie Signal oder Telegram, nachdem der Chatdienst angekündigt hatte, Daten verstärkt mit Facebook auszutauschen. Warum es wichtig ist, seine Daten nicht arglos preiszugeben und wie man sich schützen kann, erklären Dr. Karoline Krenn und Hüseyin Ugur Sagkal vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT am Fraunhofer FOKUS.

Die Herausgabe persönlicher Daten gehört für Internetnutzende zum Alltag. AGBs und Cookie-Abfragen werden meist akzeptiert, ohne dass ihr Inhalt vollständig gelesen und in den Folgen durchdacht wird. Solche Wegklick-Routinen sind aufgrund des für die Durchsicht notwendigen Zeitaufwandes nachvollziehbar, die Gestaltung der Abfragen untergräbt allerdings die Wirksamkeit des in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgesehenen Einwilligungsvorbehalts und damit letztlich das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Veranschaulichen lässt sich diese Problematik an dem Chatdienst WhatsApp. Wie viele der Millionen Nutzer:innen lesen sich wohl die AGBs von WhatsApp durch? Es lohnt sich jedoch, einen Blick in die Datenschutzrichtlinie zu werfen. Dort steht: WhatsApp erhält durch Zustimmung den Zugriff auf Informationen über das verwendete Handymodell, das Betriebssystem, den Batteriestand, das Mobilfunknetz, die eigene Telefonnummer, Kontakte aus dem Handy, Profilbilder, Standortinformationen und viele weitere Daten. All diese Informationen sollen nun nach einer angekündigten/neusten Änderungen der AGBs verstärkt mit Facebook ausgetauscht werden, unter anderem für Werbezwecke. Aufgrund von weltweiten Protesten und einer großen Abwanderung von Nutzern, hat WhatsApp die Änderung auf den 15. Mai 2021 verschoben. Die Problematik allerdings bleibt bestehen. Was können Internetnutzende also in den Bereichen tun, wo der Datenschutz (noch) nicht greift?

Was kann ich tun, um meine Daten zu schützen?

Im Impulspapier „Datenachtsamkeit – Ein neuer(licher) Blick auf den Selbstdatenschutz“ erläutert das Kompetenzzentrum Öffentliche IT – ÖFIT, warum die Förderung und rechtliche Garantie von Maßnahmen zum Selbstdatenschutz notwendig sind:

Nutzer:innen kommunizieren über Werbenetzwerke

Viele Angebote im Internet sind vermeintlich kostenfrei. Für ihre Nutzung zahlen Nutzer:innen jedoch meist mit ihren Daten. Diese Daten dienen der zielgruppengerechten und individuellen Anpassung von Werbung. Dadurch sehen Nutzer:innen vorwiegend Inhalte, die ihren aus den Daten abgeleiteten Interessen entsprechen. Als Folge dessen begegnen ihnen etwa auf Social-Media-Plattformen seltener Inhalte, die ihren Positionen widersprechen. Dies kann zur Bildung von Teilöffentlichkeiten führen.

Grafik zu Datenachtsamkeit
Die drei Eckpunkte der Datenachtsamkeit
© Fraunhofer FOKUS Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT)

Komfort macht Nutzer:innen verwundbar

Das Web ist zu einer universellen Bedienoberfläche im Alltag geworden. Die Personalisierung von Diensten macht ihre Nutzung komfortabler. Dabei wird ein Dilemma sichtbar: Nutzer:innen möchten kostenfreie Angebote in Anspruch nehmen und sind dafür meist bereit, mit ihren Daten zu zahlen. Jedoch verlieren Nutzer:innen dadurch immer mehr die Kontrolle über ihre Daten und sind sich nicht darüber bewusst, dass sie dadurch immer mehr ihre Anonymität preisgeben.  

Datenachtsamkeit: Zwischen Nutzen und Risiko

Bei jeder Datenweitergabe stehen dem Nutzen der Einzelnen oder Gesellschaft die Risiken von Privatheitsverletzungen und Datenmissbrauch gegenüber. Bürger:innen können durch Datenachtsamkeit Schutzroutinen entwickeln und so diesen Herausforderungen begegnen. Nutzer:innen müssen sich darüber im klaren sein, dass es sich beim Internet über eine offenes Netzwerk handelt und die Preisgabe von Daten ihre Anonymität kostet. 

Pseudonyme trennen digitale Rollen und Kontexte

Ein Pseudonym wird anstelle des bürgerlichen Namens verwendet, um die Identität zu verschleiern. So können bei der Inanspruchnahme von Leistungen entstehende Daten schwerer verknüpft werden. Mit Pseudonymen können Nutzer:innen Datenräume bewusst voneinander trennen und ihre Daten im Sinne der informationellen Selbstbestimmung zweckgebunden zu nutzen.

Verschlüsselung von Anfang an

Verschlüsselung gewährleistet die Vertraulichkeit von Daten und Informationen. Um ihr Schutzpotential voll auszuschöpfen, muss Verschlüsselung ein obligatorischer Bestandteil eines Internetdienstes sein. Die Erfahrung zeigt, dass Internetnutzende Verschlüsselungsdienste selbsttätig nicht in ausreichenden Maßen einsetzen.  

Datenachtsamkeit braucht informierte Bürger:innen – und einen fördernden Staat

Damit mehr Bürger:innen diese Strategien der Datenachtsamkeit gezielt einsetzen, braucht es Aufklärung über die Zusammenhänge der Datenverwertung, Informationen über Selbstdatenschutzstrategien und die Förderung datenschutzfreundlicher Technologien. Der Staat sollte die Möglichkeiten zum Selbstdatenschutz rechtlich garantieren und aktiv fördern.

Impulspapier „Datenachtsamkeit - Ein neuer(licher) Blick auf den Selbstdatenschutz“

Dr. Karoline Krenn, Jens Tiemann und Simon Sebastian Hunt vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) vermitteln im Impulspapier „Datenachtsamkeit – ein neuer(licher) Blick auf den Selbstdatenschutz“ ein Grundverständnis für die Relevanz von Selbstdatenschutz und stellen unter dem Begriff der Datenachtsamkeit universelle Prinzipien für eine praktische Umsetzung vor.

Zum Impulspapier „Datenachtsamkeit – ein neuer(licher) Blick auf den Selbstdatenschutz“