Gartner_Metaverse 6
© Wegweiser Media & Conferences GmbH | Simone M. Neumann

Frank Appenzeller (Gartner) im Partner-Interview zum ZuKo-THINKTANK

1. Zukunftskongress-THINKTANK am 30.08.2022

Metaverse – Der Anfang vom Ende der öffentlichen Verwaltung?
Während sich die Verwaltung vielfach noch mit Digitalisierung, Cloud Services und der Modernisierung von Infrastrukturen beschäftigt, ermöglicht Metaverse Bürgerdienste in nie dagewesener Form unter anderem für Landwirtschaft, Bildung, Gesundheit, Smart Cities und vieles Weiteres. Es entstehen neue digitale Räume: Eine vollintegrierte digitale Welt. In dieser Welt werden die Akteure durch Avatare vertreten, die als Nutzer Dienstleistungen konsumieren, bereitstellen oder erfüllen. Direkt nach dem 1. ZuKo-THINKTANK sprach die VdZ-Redaktion mit Frank Appenzeller, Gartner-Experte für das Advisory und Consulting im privatwirtschaftlichen IT-Sektor und Gesprächsleiter der Session GOV-TECH & INNOVATIONEN.
© Gartner | Frank Appenzeller

Verwaltung der Zukunft: Lieber Herr Appenzeller, können Sie sich und Ihre Rolle bei Gartner kurz beschreiben?

Appenzeller: Meine Aufgabe bei Gartner ist Advisory und Consulting für unsere IT-Kunden. Ich arbeite mit CIOs, CTOs und CDOs zusammen, um deren strategische und operative Fragestellungen zu unterstützen - für DAX-Konzerne, aber auch für den mittelständischen Hidden-Champion auf der Schwäbischen Alb.

VdZ: Mit welchen Zielen ging Gartner in die Gespräche?

Appenzeller: Wir wollen eine Diskussionsplattform zum Thema Metaverse bieten, weil wir glauben, dass dieses Thema grundsätzlich unterschätzt wird. Das THINKTANK schafft den Rahmen und dort legen wir den Anstoß, um Metaverse ins Bewusstsein zu bringen. 

VdZ: Thema Gov-Tech & Innovationen: Ist das Metaverse ein noch unterschätztes kommendes Hindernis in der aktuellen Herausforderung der Staatsmodernisierung, besonders auch unter dem Gesichtspunkt der strukturellen Aufstellung der Verwaltung? (Sind die bisherigen Bemühungen überhaupt ausreichend aktuell fokussiert?)

Appenzeller: Grundsätzlich ist Metaverse kein Hindernis, sondern eine Chance. Wir reden über eine Kombination von Technologien beziehungsweise über Anwendungen, die wir schon kennen. Das zeigt auch das Beispiel Games Convention in Köln. Wir können einen Rahmen für Bürger und Institutionen des Staates schaffen, in dem es eine moderne bürgerorientierte Verwaltung geben könnte. Ich als Bürger erlebe, dass die Verwaltung in diesen Kategorien gar nicht denkt. Sie nutzt nicht, was sie hat: Daten. Mit Metaverse könnte genau das bürgerorientiert genutzt werden: „ Man muss nicht alles neu erfinden“.  Für Strukturen bin ich kein Experte, aber die Verwaltung denkt nicht daran, was der Bürger braucht, sondern daran, was sie leisten kann. Die Verwaltung glaubt, dass der online kommunizierte Müllabfuhrplan Digitalisierung ist - das hat mit Digitalisierung nichts zu tun. Meine Kunden aus der Privatwirtschaft haben eine andere Denkweise. Sie denken darüber nach, wie man neue Technologien und Innovationen in der Wirtschaft nutzen kann.

»

Die Frage ist, ob die öffentliche Hand dabei eine Rolle spielen wird oder nicht - und ob die öffentliche Hand von Dritten abgelöst werden wird.

«

VdZ: Man könnte sagen, dass das eine Fähigkeit der Privatwirtschaft ist? 

Appenzeller: Ja, man könnte sogar sagen, dass das die Fähigkeit der Privatwirtschaft ist – sich immer neu zu erfinden. Verwaltung hingegen zeichnet sich nicht durch Innovation aus.

VdZ: Was macht für Sie den ZuKo-THINKTANK aus?

Appenzeller: Der entscheidende Punkt ist, dass es neue Plattformen für Diskussionen über die Zukunft gibt und Personen mit unterschiedlichen Funktionshintergrund zusammenkommen, die Entscheidungen herbeiführen oder beeinflussen können.

G_TT_MV
Frank Appenzeller

Zukunftsfähigkeit herzustellen ist wichtig für eine Gesellschaft. Und da hat, glaube ich, Wegweiser schon einen Stellenwert - die wichtigen Leute kommen.

VdZ: Haben Sie Wünsche an Wegweiser? 

Appenzeller: Da fällt mir ein, noch mehr machen, noch mehr Plattformen nutzen, um unterschiedliche Akteure an den Tisch zu bekommen, um über die Zukunft zu diskutieren. Wichtig wäre hierbei, auch jungen Menschen eine Plattform zu bieten, junge Verwaltungsmitarbeiter einzubinden, da sie das Zukünftige bestimmen werden. Zukunftsfähigkeit herzustellen ist wichtig für eine Gesellschaft. Und da hat, glaube ich, Wegweiser schon einen Stellenwert -  die wichtigen Leute kommen.

VdZ: Warum wird die Integration dieser Innovationen und damit die Digitalisierung gelingen?

Appenzeller: Die Frage ist, ob die öffentliche Hand dabei eine Rolle spielen wird oder nicht - und ob die öffentliche Hand von Dritten abgelöst werden wird. Das ist die größere Herausforderung, auch für die Demokratie, als die technische Innovation an sich.

»

Machen wir es nicht so kompliziert!

«

VdZ: Gretchenfrage: Wenn Sie alles in der Hand hätten, alle strategischen Entscheidungen treffen könnten: Was würden Sie selbst jetzt tun/veranlassen?

Appenzeller: Wenn ich alles in der Hand hätte, würde ich fünf, sechs konkrete Beispiele definieren und die mit einem explizit jungen Team realisieren - darauf kommt es an. Beispiele hierfür sind die Müllabfuhr, der Personalausweis oder die Fahrzeugzulassung. Trotz aller Hindernisse machen wir das dennoch - weil es geht. Wir brauchen natürlich einen identifizierbaren Digital Twin, einen e-Euro und NFTs, um Eigentum in der digitalen Welt darstellen zu können. Das ist grundsätzlich keine Raketenwissenschaft. Machen wir es nicht so kompliziert!