Interviewstudie - Datengetriebene Verwaltung
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Interviewstudie – Datengetriebene Verwaltung

7 Handlungsempfehlungen für den Wandel hin zu einer wirksamen, effizienten Datenorganisation

Daten gelten längst als Schlüssel für eine moderne Verwaltung. Sie ermöglichen effizientere Abläufe, fundierte Entscheidungen und passgenaue Services für Bürgerinnen und Bürger. Doch oft wird ihr Potenzial noch nicht effektiv genutzt. Die Interviewstudie von Cassini Consulting zeigt, welchen Hürden Bundesbehörden auf dem Weg zu einer zukunftsorientierten Datenorganisation begegnen und gibt sieben konkrete Handlungsempfehlungen.
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Die demografische Entwicklung beschert uns in absehbarer Zeit eine Lücke von mehreren tausend Vollzeitäquivalenten bei gleichzeitig steigender Arbeitsmenge. Aufwandsreduzierung ist das Stichwort, und das geht nur mit Automatisierung und KI.

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Matthias Flügge, Chief Digital Officer, DRV Bund

Kurzbeschreibung

Von effizienteren Prozessen über bessere Entscheidungen bis hin zu passgenauen Dienstleistungen: Datengetriebene Ansätze bieten in der Verwaltung entscheidende Vorteile und erscheinen als eine der wenigen Möglichkeiten, dem Fachkräftemangel effektiv zu begegnen. Doch oft fehlen Strukturen und Bewusstsein, um aus Daten echten Mehrwert zu schaffen – Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander.

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Die Studie will diese Lücke schließen und liefert praktische Erkenntnisse sowie Lösungswege aus der öffentlichen Verwaltung.

Als Grundlage der Studie dienen Interviews mit 19 Fach- und Führungskräften aus zwölf Organisationen der Bundesverwaltung, die sich täglich mit der Wertschöpfung oder Administration von Daten und KI beschäftigen. Wir wollten wissen, welche Ziele und Visionen sie mit welcher Strategie auf dem Weg zu einer datengetriebenen Organisation verfolgen, welche Maßnahmen sie dabei ergreifen und was ihre Herausforderungen sind. Die Auswertung zeigt: Viele Behörden sind strukturell, personell und kulturell nicht auf eine gesamtheitliche, datengetriebene Transformation vorbereitet. Von Führungskräften wird dabei mehr Unterstützung, Mut und Commitment gewünscht.

 

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Wir werben für ein Verständnis auf allen Hierarchieebenen, dass ein langfristig angelegter innovativer Ansatz, der über den KI-Hype hinausgeht, wichtig ist, wenn nicht sogar unvermeidbar.

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Dr. Mark Azzam, Chief Data Officer, BMUKN

Der Wille zur Transformation ist da – Technik ist nicht mehr die größte Hürde

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Die Auswertung der 19 halbstrukturierten Videokonferenzinterviews macht deutlich: Die Herausforderungen, mit denen sich Daten-, KI- und IT-Führungskräfte im Umgang mit Datenverarbeitung und Künstlicher Intelligenz konfrontiert sehen, sind meist nicht ausschließlich technischer Natur. Nach Aussage von zwei Dritteln der Teilnehmer:innen (siehe Abbildung) liegen die Herausforderungen insbesondere in organisatorischen Fragen, zum Beispiel zur Kommunikation und Zusammenarbeit, zu Ziel-, Rollen- und Vorgehensverständnis sowie zur Verstetigung von Kompetenzen, Anwendungen und Strukturen. 

Die sechs am häufigsten genannten Hürden, auf die die Studie genauer eingeht, sind dabei nachfolgende. Begrenzte personelle Ressourcen und Budgets sowie schwer adressierbarer Compliance, wie Datenschutz, Informationssicherheit und Mitbestimmung finden sich übergreifend in allen dieser Herausforderungsfelder wieder.


  1. Strategische Management Attention – ein Führungsthema

  2. Kommunikation und Zusammenarbeit – ein Ressourcenproblem

  3. Qualifikation und Datenkultur – eine Einstellungsfrage

  4. Datenorganisation und -governance – eine Notwendigkeit

  5. Langfristig skalierbare Betriebsstrukturen – ein Dilemma

  6. Datenqualität und -verfügbarkeit – ein Showstopper

 

Die Vision einer datengetriebenen Verwaltung, die zusätzliche Effizienz- und Transparenzgewinne in Aussicht stellt, stößt auf breite Zustimmung. Sie wird jedoch nicht umfassend in allen Leitungsebenen und auch nicht in der Organisationsbreite gelebt und nachhaltig verfolgt (siehe 1. oben). Die datenbasierte Transformation braucht langfristige Aufmerksamkeit, einen Fokus auf den Menschen und muss gelebte Strukturen schaffen. Das ist auch eine Kultur- und Mentalitätsfrage.

 

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Insgesamt braucht es einen Mentalitätswandel, die Risiken, die bei Datenkommunikation entstehen können (Cyberangriffe, Datenverlust, Falschinterpretationen, etc.) mutig anzugehen und auszuhalten. Niemand ist für weniger Datenschutz, aber Führungskräfte müssen bereit sein, Risiken einzugehen. Nur so können wir die wirklichen Mehrwerte hinter Daten erschließen.

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Dr. Iliya Nickelt, Chief Data Scientist, BMZ

Handlungsempfehlungen – von menschen- bis strukturzentriert

Um öffentliche Verwaltungen bei den nächsten Schritten zu selbstwirksameren Mitarbeitenden, Technologiesouveränität und effizient datengetriebenen Organisationsstrukturen zu unterstützen, hat Cassini Consulting sieben konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt. Sie setzen an den von den interviewten Führungskräften beschriebenen Herausforderungen an und werden vereinzelt durch Best Practices aus unserer Beratungserfahrung ergänzt.

Von der Strategiebegleitung über die Organisationstransformation bis zur Anwendungsentwicklung helfen sie, alle Facetten einer datengetriebenen Verwaltung systematisch zu gestalten. Die ersten Empfehlungen stellen bewusst Individuen und Menschengruppen in den Fokus, die folgenden helfen aus verschiedenen Perspektiven beim Strukturaufbau. So kann der vielversprechendste Ansatz schnell ausgewählt werden, um dann iterativ um andere Maßnahmen ergänzt zu werden. Die Studie beschreibt diese Ansätze genauer.

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  1. Allianzen aufbauen: Für die Daten- und KI-Transformation sind Fürsprechende und überzeugende Kommunikation entscheidend. Deswegen gilt es, Zielgruppen und Gleichgesinnte in Netzwerken zu befähigen und mit angesehenen Multiplikator:innen zusammenzuarbeiten.

  2. Verantwortung stärken: Datenverantwortung erfordert verbindliche und schlanke Governance. Wir empfehlen den schrittweisen Aufbau ihrer Kernelemente: die Herausarbeitung relevanter Verantwortlichkeiten, deren Verankerung in bestehende Abläufe und die Vermeidung von Parallelstrukturen.

  3. Kompetenz kultivieren: Data Literacy ist ein Kulturprojekt, das die menschliche Selbstwirksamkeit fördert. Ein organisationsweiter Ansatz sollte Schulungen bzw. Coachings auf allen Beschäftigungsebenen umfassen.

  4. Veränderung institutionalisieren: Für Wandel braucht es strukturelle Unterstützung, inspirierende Kommunikation und klare Leitung. Wir empfehlen die Entwicklung eines internen Change-Kompetenzzentrums, gezieltes Teilen von Erfolgsgeschichten und bereichsübergreifende Zusammenarbeit.

  5. Betrieb und Service vorausdenken: Infrastruktur, Betriebsmodelle und Serviceprozesse sollten bereits im Ideationsprozess berücksichtigt und gemeinsam mit Themen wie Outsourcing, Plattforming und gezielte Nachnutzung mitgedacht werden.

  6. Strukturen situativ gestalten: Für frühen Nutzen und langfristige Skalierbarkeit sind methodische Flexibilität und strategische Weitsicht entscheidend. Je nach Risiko, Komplexität und Zielsetzung kann zwischen agilen und planungsintensiven Ansätzen gewählt und bei Bedarf angepasst werden, um die Projektintegration zu gewährleisten.

  7. Portfolios steuern: Datengetriebene Projekte müssen strategisch eingebettet, zielgerichtet priorisiert und methodisch begleitet werden, um eine gemeinsame, nachhaltige Wirkung zu entfalten. Wichtig ist die kluge Auswahl von Use Cases nach klaren Erfolgskriterien und einer stetigen Innovationssichtung.