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GovData: Warum das deutsche Open Data Portal nicht vorankommt

Prof. Hendrik Müller plädiert für mehr Ethical Literacy beim Umgang mit Daten

Das Open-Data-Portal von Bund, Länder und Kommunen entwickelt sich nicht wie gewünscht. Das liegt nicht nur an fehlenden, einheitlichen Regelungen. Auch ethische Fragen müssen beim Umgang mit Daten einbezogen werden.

Je stärker immer mehr Bereiche unserer Gesellschaft von der Digitalisierung erfasst werden, umso wichtiger ist es, dass der Umgang mit den anfallenden Datenmengen eindeutig geregelt wird. Ein Stichwort, dass dabei immer wieder genannt wird, ist „Open Data“, also offene Daten, die ohne jede Einschränkung genutzt, wiederverwendet und verteilt werden können. Diese spielen nicht zuletzt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung eine zentrale Rolle.

Gesetzlich ist der Einsatz von Daten seit 2017 durch das „Open-Data-Gesetz“ geregelt, dass die Bundesbehörden dazu verpflichtet, offene Daten zur weiteren Verwendung zur Verfügung zu stellen, solange diese nicht dem Datenschutz unterliegen oder die Rechte Dritter berühren. Mit dieser Regelung wurde in Deutschland an die bereits 2013 erhobene Open-Data-Charta der G8 angeknüpft, in der die Offenheit von Verwaltungsdaten und eine Umsetzung in die nationale Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten angeregt wurde.

GovData braucht einheitliches Informationszugangsgesetz

Ein wichtiger Baustein der nationalen Open-Data-Strategie ist auch der Aufbau des Metadatenportals GovData, über das die von Bund-, Länder- und Kommunalverwaltungen bereitgestellten Open Data einfach auffindbar sein sollen. Die darin bereitgestellten offenen Verwaltungsdaten sollen von allen öffentlichen und privaten Stellen uneingeschränkt genutzt und zum Beispiel auch in eigenen Verwaltungsprozessen weiterverarbeitet werden.

Doch tatsächlich werden Daten seit Aufsetzen des Portals noch längst nicht wie geplant flächendeckend oder umfassend veröffentlicht. Auch der zugrunde liegende Rechtsrahmen ist wenig hilfreich, da es keine einheitlichen Informationszugangsgesetze gibt und bislang nur vereinzelte Bundesländer entsprechende Regelungen erlassen haben, die die Veröffentlichung von Verwaltungsinformationen zur Pflicht macht. Diesen Missstand hat der Digitalverband Bitkom zuletzt im Zuge der Coronakrise kritisiert und ein 10-Punkte-Programm für ein besseres Gelingen von Open Government Data vorgelegt.

Angst vor Datenmissbrauch und datenschutzrechtliche Bedenken

Um mehr Kommunen zur Mitwirkung zu bewegen, hat das Projekt Smart Country der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit GovData, dem KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung (Wien) und der Open Knowledge Foundation Deutschland einen Musterdatenkatalog erstellt, der einen Überblick über die Daten gibt, die derzeit von den Kommunen in Nordrhein-Westfalen der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Tatsächlich sind die Kommunen in NRW bislang im Bundesschnitt auch überdurchschnittlich dazu bereit, offene Daten zu veröffentlichen.

Es sind vor allem die Angst vor Datenmissbrauch und grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken, die insbesondere die Kommunen bei der Bereitstellung offener Daten hemmen. Dieses Ergebnis hat eine aktuelle Befragung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben, an der sich über 200 Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner*innen beteiligt haben.

GovData-Portal
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Die Studie hat aber auch ergeben, dass mehr als 90 Prozent der befragten kommunal Verantwortlichen die politischen Bestrebungen zu Open Data grundsätzlich befürworten. Neben dem allseits herrschenden Personalmangel ist aber die unklare Gesetzeslage ein oft genannter Hemmschuh. Und bislang ist das Thema vor allem in den Großstädten präsent, während weniger als die Hälfte der kleineren Kommunen bis 20.000 Einwohner*innen es bislang umsetzen konnte.

Ethical Literacy beim Umgang mit Daten

Eine Kompetenz, die an dieser Stelle unabdingbar ist, ist die sogenannte Ethical Literacy, also die Einbeziehung ethischer Fragestellungen im Umgang mit Daten. Eine ethische Komponente muss in allen Schritten der Datensammlung, -verarbeitung und -weitergabe stets mitbedacht werden. Es existiert auch eine Reihe praktischer Instrumente der „Data Ethics Canvas“ des Open-Data-Instituts, die sich an alle richten, die Daten erfassen, weitergeben oder verwenden wollen. Solche Canvas-Prozesse können dabei helfen, ethische Fragen über den gesamten Prozess zu identifizieren und zu verwalten. Eine grundsätzliche ethische Orientierung mag auch dazu beitragen, die vorhandenen Unsicherheiten mit Open Data abzubauen und abseits von den technischen Umsetzungsschwierigkeiten den gewünschten Mehrwert des offenen Datenaustausches zur Geltung bringen.

Die Corona-Krise könnte dabei der Open-Data-Bewegung einen neuen Schub verleihen, denn die globalen Bemühungen um die schnelle Entwicklung eines Impfstoffes wären auch in der Wissenschaft nicht ohne die Bereitstellung allgemein verfügbarer Forschungsergebnisse möglich. Auch die Kommunen sollten über die vermehrte Bereitstellung offenen Daten einen gemeinsamen produktiven Weg für eine bessere Information der Bürgerinnen und Bürger und den kommunalen Austausch finden.

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