Eine Gruppe jüngerer Leute beim Arbeiten an einem Tisch mit Laptops
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Der Weg zur erfolgreichen digitalen Transformation

Wie Apiarista die öffentliche Verwaltung bei der Digitalisierung begleitet

Die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung erfordert einen klugen Balanceakt zwischen Stabilität und Innovation. Apiarista weiß, wie dieser gelingt. Ein Interview zur Wichtigkeit des modularen Baukastens und wie eine positive Fehlerkultur durch die Initiative 'GeScheiterWeiter' Innovation fördert und Lernen ermöglicht.

Verwaltung der Zukunft: Mit dem komplexen Gebiet der Digitalisierung hängen viele verschiedene Perspektiven, Technologien, Herangehensweisen und Methoden zusammen. Besteht da nicht die Gefahr, dass man sich verliert und verzettelt?

Apiarista: Die Transformation in der öffentlichen Verwaltung ist ein anspruchsvoller Balanceakt: Einerseits gilt es, den laufenden Betrieb stabil zu halten, andererseits muss man sich auf den Weg der Veränderung begeben und Räume für digitale Experimente schaffen, die – zumindest vorübergehend – zu instabilen Dienstleistungen und Produkten führen können. Um dieser Herausforderung zu begegnen, haben wir einen modularen Baukasten entwickelt, der speziell auf die Bedürfnisse und den Transformationsprozess unserer Kund*innen in der öffentlichen Verwaltung zugeschnitten ist. Dieser Baukasten beinhaltet unterschiedliche auf die öffentliche Verwaltung maßgeschneiderte Methoden aus dem Projekt Management oder aus dem agilen Management. Mit diesem Baukasten kann man eine Transformation in der öffentlichen Verwaltung strukturieren und auf ein umfangreiches Erfahrungswissen zugreifen. So wird ein „verzetteln“ eher unwahrscheinlich.

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Ein Beispiel dieses Baukastens ist der „Adaptive Transformationsansatz“. Dieser Ansatz zielt darauf ab und erlaubt es, auf Veränderungen bei der Transformation zu reagieren, indem Maßnahmen und Vorgehensweisen kontinuierlich an neue Erkenntnisse und Rahmenbedingungen angepasst werden. Das fördert gleichzeitig eine Kultur des Lernens und der ständigen Verbesserung.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist ein effektives Portfoliomanagement. Die Vielfalt an Aufgaben – vom Tagesgeschäft über diverse Initiativen und Projekte bis hin zur Transformation und digitalen Innovationen – stellt Organisationen vor große Herausforderungen. Ein strukturiertes Portfoliomanagement verhindert, dass die Organisation überlastet wird, und stellt sicher, dass alle Aktivitäten auf die übergeordneten Ziele ausgerichtet sind und erfolgreich umgesetzt werden können.

VdZ: Die öffentliche Verwaltung unterscheidet sich von der freien Wirtschaft. Ist es überhaupt sinnvoll moderne Managementmethoden hier anzuwenden oder ist es ein Irrweg?

Apiarista: In der Tat sehen wir mit Sorge, dass Methoden des modernen Managements wie agile Methoden nach Lehrbuch in der öffentlichen Verwaltung angewandt werden – und scheitern. Aus unserer Sicht ist es essenziell beispielsweise agile Methoden wie Scrum oder Design Thinking an die Bedürfnisse und Eigenarten der öffentlichen Verwaltung anzupassen, damit sie eine positive Wirkung erzeugen. Vor allem wenn ein Haus das erste Mal agil arbeitet, braucht es Raum in dieser neuen Denkweise anzukommen und Andockpunkte zur bisherigen Arbeitsweise in der öffentlichen Verwaltung.

VdZ: Digitale Lösungen betreffen nicht ausschließlich den IT-Bereich. Das klingt widersprüchlich. Wie ist das gemeint und was macht am Ende eine gute digitale Lösung aus?

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Eine gute digitale Lösung ist am Ende die Verschmelzung von Nutzerzentrierung, Effizienzsteigerung und einem kulturellen Wandel innerhalb der Organisation, die zusammen auf eine moderne Verwaltung einzahlen.

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Apiarista: Digitale Lösungen gehen weit über den reinen IT-Bereich hinaus, was zunächst widersprüchlich erscheinen mag. Eine effektive digitale Lösung zeichnet sich vor allem durch ihre Nutzerfreundlichkeit aus. Dies bedeutet mehr, als nur anzunehmen, sie sei benutzerfreundlich – sie muss aktiv mit den Endnutzern getestet und deren Feedback einbezogen werden. Eine solche Lösung ist intuitiv, selbsterklärend und ermöglicht eine effiziente und einfache Nutzung. Gleichzeitig müssen digitale Lösungen die spezifischen Bedürfnisse nicht nur für Bürger*innen, sondern auch von andern Nutzergruppen wie den Unternehmen und auch die Mitarbeitenden der eigenen und anderer Verwaltungen problemlos nutzbar sein. Die Erreichung dieser Ziele erfordert einen integrativen, bereichsübergreifenden Ansatz in der Verwaltungsarbeit, der Lernen und eine positive Fehlerkultur fördert. Nur so kann aufgegriffen und umgesetzt werden, was Unternehmen, Bürger*innen und Mitarbeitenden tatsächlich benötigen. Auch nach einer ersten OZG-Umsetzung können Verwaltungen diesen Anforderungen nur bedingt gerecht werden. Die Transformation in der Verwaltung bleibt wichtig und ist bei weitem noch nicht am Ziel. Eine gute digitale Lösung ist am Ende die Verschmelzung von Nutzerzentrierung, Effizienzsteigerung und einem kulturellen Wandel innerhalb der Organisation, die zusammen auf eine moderne Verwaltung einzahlen.

VdZ: Die öffentliche Verwaltung muss einerseits den laufenden Betrieb sicherstellen und soll gleichzeitig neue Wege in der Digitalisierung gehen. Wie kann das funktionieren?

Apiarista: Ein entscheidender Punkt in der Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltung liegt in der klaren Unterscheidung und getrennten Behandlung des Routinebetriebs, spezifischer Projekte und Initiativen sowie des Bereichs der Transformation und Innovation. Oft wird der Fehler begangen, diese unterschiedlichen Themen mit denselben Prozessen, durch identische Teams und mit gleichen Instrumenten bewältigen zu wollen.
Nehmen wir das Beispiel einer Fachkraft, die sich zunächst mit betrieblichen Aufgaben beschäftigt, wo Präzision und Rechtssicherheit zentral sind. Unmittelbar danach soll dieselbe Person innovative Lösungen entwickeln, bei denen es primär darum geht, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zu explorieren. Zwar ist das Endziel auch hier die Entwicklung rechtssicherer Lösungen, der Schwerpunkt liegt jedoch, besonders in der Anfangsphase, auf der Exploration und dem kreativen Umdenken.
Diese Aufgabenstellungen erfordern unterschiedliche Herangehensweisen und Kompetenzen. Die Erfahrung zeigt, dass es schwierig ist, solch divergente Tätigkeiten nahtlos in den Arbeitsalltag zu integrieren. Oftmals leiden insbesondere explorative und innovative Vorhaben unter dem Druck des operativen Geschäfts, da die dafür notwendige Zeit und Ressourcen fehlen.
Um diesem Dilemma zu begegnen, bedarf es einer strategischen Trennung zwischen dem laufenden Betrieb und den Bereichen Innovation und Entwicklung. Dies kann durch spezialisierte Teams erreicht werden, die sich jeweils auf Betrieb, Projektarbeit oder Innovation konzentrieren und mit angepassten Methoden und Werkzeugen ausgestattet sind. Eine solche strukturierte Differenzierung ermöglicht es, sowohl den täglichen Anforderungen gerecht zu werden als auch neue Wege in der Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung zu beschreiten, ohne dass eine Aufgabe zu Lasten der anderen geht. Gleichzeitig ist es wichtig dafür zu sorgen, dass der Innovationsbereich und das operative Geschäft nicht auseinanderlaufen.

VdZ: Nicht alle Mitarbeitenden haben Lust bei der digitalen Transformation mitzumachen. Wie realistisch ist der Versuch alle mitzunehmen oder muss man nicht eine Pflicht anordnen?

Apiarista: Die erfolgreiche Einbindung aller Mitarbeitenden in die digitale Transformation kann mit dem Versuch verglichen werden, eine Tanzfläche zu füllen: Zuerst benötigt es die Mutigen, die als Erste die Tanzfläche betreten. Analog motivieren wir innerhalb der Organisation „die Pioniere der Transformation“, die ersten Schritte zu machen. Danach gilt es, „die Zögerlichen“ zu ermutigen, die zwar interessiert, aber noch unschlüssig sind. Wie auf einer Party, wo man Freunde zum Mittanzen animiert, nutzen wir persönliche Überzeugungsarbeit und Vorbildfunktion, um Menschen einzubeziehen und ins Boot zu holen. Um dies zu erreichen, identifizieren wir Themen, die für die Mitarbeitenden von besonderer Relevanz sind – nicht nur für diejenigen, die bereits ein Interesse an Transformation zeigen, sondern auch für solche, die Prozessoptimierungen oder ähnliche Verbesserungen anstreben. Mit unserem Format der "Agilen Häppchen" präsentieren wir diese Themen auf eine unterhaltsame und praxisorientierte Weise, wobei der Fokus auf Spaß und praktischem Lernen liegt. Dies fördert nicht nur das Verständnis für neue Arbeitsmethoden aus verschiedenen Motivationen heraus, sondern unterstützt auch die Bildung eines positiven Gefühls gegenüber der Transformation.
Durch solche Formate vernetzen sich die Teilnehmenden, tauschen Erfahrungen aus und bauen eine Gemeinschaft der Transformation auf. Unser Ziel ist es, Transformation auch emotional greifbar zu machen und den Menschen nicht nur die Motivation, sondern auch den Sinn und Zweck hinter der Veränderung zu vermitteln. Letztendlich soll jedem klar werden, warum die Transformation notwendig ist und wie sie den Einzelnen sowie die Organisation als Ganzes voranbringt. Dann ist die Chance sehr hoch, dass sich die Tanzfläche der Transformation gut füllt und die Bewegung vorangeht.

VdZ: Mit der Initiative GeScheiterWeiter setzen Sie sich privat für die Etablierung einer Fehler- bzw. Lernkultur in der Verwaltung ein. Wie gut passt Fehlerkultur in die Verwaltung und inwieweit kann ihre Initiative hier unterstützen?

Eindrücke aus einem Meetup von GeScheiterWeiter
© GeScheiterWeiter

Apiarista: Die Etablierung einer positiven Fehlerkultur in der Verwaltung steht oft vor großen Herausforderungen. Traditionell geprägt von einem Umfeld, in dem Fehler möglichst vermieden werden sollen, stößt der Gedanke, Fehler als Lernchancen zu begreifen, nicht selten auf Widerstand. Die Betonung von Rechtssicherheit und Präzision führt dazu, dass Fehler häufig als persönliches Versagen oder als Risiko für die Institution wahrgenommen werden. Diese Haltung kann Innovationen bremsen und verhindern, dass Verwaltungen aus Fehlschlägen lernen und sich weiterentwickeln. Letztlich wird der Einsatz moderner und sinnvoller Technologien und Methoden auf diese Art verhindert.
Als lebendiger Gegenentwurf zu dieser beschriebenen Sichtweise setzt unsere Initiative „GeScheiterWeiter“ (www.gescheiterweiter.de), die aus einem Verwaltungsprojekt heraus entstanden ist. Es ist ein deutliches Zeichen für die konstruktive Fehlerkultur. Inspiriert von dem Konzept der "Fuckup Nights" aus der Startup-Szene, bei denen Gründer*innen öffentlich über ihre beruflichen Fehlschläge sprechen und welche Erkenntnisse sie daraus gewonnen haben, bringt "GeScheiterWeiter" diese Idee in die öffentliche Verwaltung. Durch das Teilen von sogenannten Machgeschichten über neue Wege, mutige Entscheidungen und gescheiterte Projekte sowie die daraus gelernten Lektionen schafft die Initiative ein Umfeld, in dem Fehler als wertvolle Schritte im Lernprozess und als unverzichtbare Bestandteile von Innovation und Verbesserung anerkannt werden.
"GeScheiterWeiter" bietet bereits seit drei Jahren eine Plattform, auf der Verwaltungsmitarbeitende in einem geschützten und lockeren Rahmen über Misserfolge und Lernerfahrungen sprechen können. Diese Offenheit fördert nicht nur das individuelle Lernen und die persönliche Entwicklung, sondern stärkt auch das kollektive Verständnis dafür, dass Scheitern ein natürlicher Bestandteil aller Innovationen und der Suche nach neuen Lösungen ist. Indem "GeScheiterWeiter" die positive Auseinandersetzung mit Fehlern vorantreibt, trägt die Initiative maßgeblich dazu bei, eine Kultur der Neugier, des Mutes und der kontinuierlichen Verbesserung in der öffentlichen Verwaltung zu etablieren.

WEBINAR: DIGITALE TRANSFORMATION MUSS MACHBAR SEIN!! - ABER WIE?? | #GOVHACKS

🗓️ 26. April 10:00 - 11:00 Uhr
➡️ Link zur Anmeldung

Digitale Transformation ist das Schlagwort unserer Zeit - aber wie setzt man sie in der Praxis um? Im Webinar erhalten Sie Antworten auf diese Frage. Dabei werden wir eine Verbindung zwischen den großen Handlungsfeldern einer Transformation - Organisationsstrukturen, Befähigung der Mitarbeiter:innen und Entwicklung von Kompetenzen, Digitalisierungsstrategie und Organisations- und Fehlerkultur – herstellen und Lösungen aufzeigen, wie eine Transformation handhabbar und leichter wird. Wir werden einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung funktionierender Organisationsstrukturen legen und dabei eine Vorgehensweise vorstellen, die auch in komplexen Strukturen ein Vorankommen ermöglicht.