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Wie die digitale und zentrale Zahlungsabwicklung auch in kleinen Kommunen möglich ist

Ein Interview mit Mathias Krüger, EDV-Administrator bei der Gemeinde Künzell

Digitale Verwaltungsprozesse sind längst nicht mehr nur ein Thema für Großstädte. Auch kleinere Kommunen wie die Gemeinde Künzell zeigen, wie mit überschaubaren Mitteln moderne Lösungen umgesetzt werden können. Im Interview berichtet EDV-Administrator Mathias Krüger, wie ein neues Kassensystem den Bürgerservice effizienter macht – vom Personalausweis bis hin zu Blumensamen.

Die Gemeinde Künzell im Landkreis Fulda steht mit rund 17.000 Einwohnern exemplarisch für viele kleinere Kommunen in Deutschland: begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen, steigende Erwartungen an den Bürgerservice und der dringende Wunsch nach digitalen, nutzerfreundlichen Lösungen.

Doch das hält die sympathische Gemeinde nicht auf, den Service für ihre Bürger weiter zu digitalisieren und so die Mitarbeiter im Bürgerservice zu entlasten: Seit 2020 arbeitet das Bürgerbüro mit Online-Terminvereinbarungen und einem intelligenten Besuchermanagementsystem. Im gleichen Jahr wurden weitere Verwaltungsprozesse digitalisiert, wie zum Beispiel der Mängelmelder als responsives Online-Formular.

Neben der elektronischen Wohnsitzanmeldung kam im gleichen Atemzug auch die Einführung eines neuen Kassensystems im Jahr 2024 dazu.

Mandy Greiser: Herr Krüger, welche Gründe sprachen für eine Umstellung des bisherigen Kassensystems?

Mathias Krüger: Ein neues Kassensystem war schon länger unser Wunsch. Unsere alte Software war über 20 Jahre alt, lief als Einzelplatzlösung und erfüllte nicht mehr heutigen Anforderungen. Der Wechsel war nicht nur eine Frage der Modernisierung, entscheidend war auch die gesetzliche Pflicht für die TSE-Zertifizierung*.

Bereits 2021 waren wir auf der Suche nach einem regionalen Anbieter, doch viele Angebote waren für uns schlichtweg zu teuer. Mit dem aktuellen Anbieter für die Online-Terminvereinbarung und das Besuchermanagementsystem, JCC Software, fanden wir schließlich eine Lösung, die intuitiv, funktional und bezahlbar war.

Die neue Lösung bietet detaillierte Abrechnungen über verschiedene Produktgruppen hinweg und erlaubt das Erstellen spezifischer Abrechnungsberichte. Der Fortschritt gegenüber der alten Lösung ist enorm. Während zuvor keine Auswertung älterer Daten möglich war, lassen sich nun Verkaufshistorien nachvollziehen und gesetzliche Aufbewahrungsfristen problemlos einhalten.

Greiser: Wie verlief die Einführung des neuen Kassensystems?

Krüger: Im September 2024 startete eine viermonatige Testphase parallel zum Altsystem. Dabei konnten sich die Kollegen an die neuen Funktionen und Begriffe gewöhnen sowie konstruktives Feedback über beispielsweise Performance-Probleme oder fehlende sprachliche Übersetzungen abgeben, die dann direkt an die Entwicklung weitergegeben wurden.

Seit Januar 2025 läuft das System im Echtzeitbetrieb – vollständig in einer Cloud-Umgebung betrieben und mit zentraler Abrechnung. Mehrere Arbeitsplätze können die Software nun gleichzeitig nutzen und die Dienstleistungen einzeln abrechnen, sei es mit Bargeld oder per EC-Karte.

Bargeld oder Karte? Verwaltung im Wandel
Bargeld oder Karte

Bargeld oder Karte? Verwaltung im Wandel

Digitale Zahlungen in der Verwaltung

Greiser: In welchen Fachbereichen kommt das Kassensystem zum Einsatz?

Krüger: Die Software wird derzeit im Bürgerbüro sowie am Empfang (Infopoint) genutzt. Die Artikel sind separaten Clustern zugeordnet, sodass die Kollegen nur auf ihre eigenen Kassen und auf die Artikel zugreifen können, die auch in ihrem Fachbereich verkauft werden, z. B. Personalausweise und Reisepässe im Bürgerbüro sowie Mülltüten, Blumensamen und Fotokalender am Empfang.

Dank der neuen Berichte lässt sich leicht analysieren, welche Produkte wie häufig verkauft werden und ob beispielsweise unser diesjähriger Fotokalender ein Kassenschlager wird.

Greiser: Wie sind die Reaktionen der Bürger und Beschäftigten auf die neue Software? Merken die Bürger überhaupt einen Unterschied?

Krüger: Nein, die Bürger selbst bemerken kaum eine Umstellung – abgesehen von einem veränderten Kassenbon. Für die Kollegen ist die Umstellung hingegen spürbar. Die Berichte sind nun wesentlich einfacher zu erstellen – besonders bei der Monatsabrechnung.

Auch die Benutzeroberfläche ist übersichtlich und bereits nach einer kurzen Einweisung waren die Kollegen eingearbeitet.

Greiser: Wie lautet Ihr erstes Fazit nach 8 Monaten Nutzung?

Krüger: Auch wenn der Start etwas hakelig verlief und Optimierungspotential besteht, freuen wir uns auf die weiteren Entwicklungen und Funktionen, die die neue Software mit sich bringen wird. Zum Beispiel die Verknüpfung mit den bestehenden Lösungen wird uns zukünftig einen Mehrwert liefern, sodass Besucherdaten nicht unnötig doppelt eingegeben werden müssen.

Die Benutzerfreundlichkeit ist ein echter Pluspunkt sowie die Möglichkeit die Software nach unseren Bedürfnissen im Tagesgeschäft anzupassen – ohne ständig auf externe Hilfe angewiesen zu sein. Die Konfiguration und Administrationsaufgaben sind gut und leicht umsetzbar und können schnell bedient werden.

Greiser: Sind weitere Schritte für die Optimierung der Zahlungsabwicklung vorgesehen?

Krüger: Ein nächster Schritt, den wir anstreben, ist die Einführung eines Bezahlautomaten. Ziel ist es, die Bezahlvorgänge aus dem direkten Kontakt mit den Kollegen herauszulösen: Bürger sollen künftig via QR-Code an einem Terminal bezahlen können. Die Investitionen dafür sind enorm, und für eine Gemeinde unserer Größe aktuell nicht zu stemmen. Dagegen steht die Frage: Wird dieser Automat auch ausreichend genutzt, um die Ausgaben zu rechtfertigen?

Doch diese Frage können wir uns perspektivisch selber beantworten. Denn es zeichnet sich bereits ein Wandel ab, den wir in unseren eigenen Berichten im Kassensystem entnehmen können: Zum Beispiel sehen wir, dass immer mehr Bürger im Bürgerbüro zur EC-Karte greifen, was die Notwendigkeit moderner Zahlungswege weiter unterstreicht. So können wir zukünftig immer mehr datenbasierte Entscheidungen zur Optimierung der Zahlungsabwicklung treffen.

Vielen Dank, Herr Krüger, für das informative Gespräch und die spannenden Einblicke. Wir danken Ihnen auch für die angenehme Zusammenarbeit und wünschen Ihnen und Ihrem Team weiterhin viel Erfolg bei der Digitalisierung Ihrer Verwaltungsprozesse und Ihres Bürgerservices.

* Seit dem 1. Januar 2020 sind alle Aufzeichnungssysteme gemäß den Anforderungen der KassenSichV verpflichtet, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen (TSE) zu verwenden.