Beschaffungskonferenz Unite
© Simone M. Neumann

Direktaufträge effizient beschaffen

Forschungsinstitut implementiert Marktplatz

Die Ausschreibung und Einführung eines elektronischen Marktplatzes in einer dezentral aufgestellten Forschungseinrichtung sind Mammutaufgaben. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat diese erfolgreich gemeistert. Frank Willmert, Abteilungsleiter Einkauf, Materialwirtschaft, hat auf der 26. Beschaffungskonferenz Erfolgsfaktoren des Projekts geteilt.

Über 10.000 Beschäftigte, darunter 1.730 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, 3.683 Promovierende und 415 Professorinnen und Professoren forschen und lehren an 6 Standorten. Das wissenschaftlich breite Spektrum führt dazu, dass die benötigten Bedarfe sehr divers sind. Hinzu kommt die Herausforderung der dezentralen Verteilung über mehrere Standorte. Dementsprechend war der Beschaffungsprozess am KIT komplex und Bedarfe wurden von vielen verschiedenen Lieferanten bedient. Mitarbeitende tätigten Spontankäufe abseits der Einkaufsroutinen, was die Prozesskosten zusätzlich in die Höhe schnellen ließ.

Ein elektronischer Marktplatz sollte dabei helfen, die Beschaffung einfacher und effizienter zu gestalten. Das KIT führte zunächst eine Marktrecherche durch, um einen besseren Überblick über die bereits verfügbaren Lösungen zu bekommen. Zentraler Bestandteil zur Vorbereitung der Ausschreibung war die Definition der Anforderungen an einen Marktplatz.

Anforderungen an einen Marktplatz

Im Anforderungskatalog des KIT stand, dass der Marktplatz über ein breit gefächertes Warensortiment und viele Lieferanten verfügen muss, um die Bandbreite der unterschiedlichen Bedarfe der Forschungseinrichtung decken zu können. Der Marktplatz sollte zudem ermöglichen, die Angebote der Lieferanten auf einen Blick zu vergleichen. Das aufwändige manuelle Vergleichen sollte entfallen und das Team mit automatisierten Abläufen entlastet werden.

Frank Willmert beim Vortrag auf der Beschaffungskonferenz.
© Simone M. Neumann

Insgesamt ist eine der wichtigsten Anforderungen, die Prozesskosten wesentlich zu minimieren. Von einem Marktplatz erhoffte sich das KIT in diesem Zusammenhang einen standardisierten Bestellprozess und deutlich weniger Transaktionskosten, weil bspw. der Aufwand für die Recherche nach Artikeln und für die Vertragsgestaltung deutlich sinkt. Dabei ist dem KIT auch die Abwicklung der Bestellungen mit nur einem Kreditor (Single-Creditor-Modell) wichtig, um das Management der Rechnungen zu vereinfachen und Zeit einzusparen. Um die Beschaffung vergaberechtssicher zu gestalten, war zudem als zentrale Anforderung definiert, dass der Marktplatz eine automatische Vergabedokumentation ermöglichen müsse.

Darüber hinaus sollte der Marktplatz selbstverständlich kompatibel mit der Einkaufsumgebung des KIT sein. Dieser sollte sich nahtlos in die Systeme SAP R3 und easyBANF einfügen lassen und bestehende Webshops müssen integriert werden können. Zudem musste das Gutschriftverfahren in SAP umsetzbar sein. Nicht zuletzt legte das KIT ein Augenmerk auf nachhaltige Beschaffung. Nachhaltige Produkte sollten für jeden Mitarbeitenden schnell und einfach auffindbar sein.

Mit diesen Anforderungen wurde der Marktplatz ausgeschrieben und nach mehreren Verhandlungsrunden ging der Zuschlag im Februar 2025 an das deutsche Plattformunternehmen Unite (ehemals Mercateo). Nach einer zügigen Implementierungs- und Schulungsphase konnte der Marktplatz im Juli 2025 live genommen werden.

Erfolgsfaktoren und Lehren

Das Ziel des KIT war es, den Marktplatz von Unite nicht als zusätzlichen Lieferanten anzubinden, sondern als einheitliche Bezugsquelle für Produkte bis zum Wert von 10.000 Euro zu etablieren. Damit dieser von den Mitarbeitenden angenommen wird und wertschöpfend eingesetzt werden kann, waren aus Sicht des KIT drei wesentliche Grundsätze und darauf aufbauende Maßnahmen essenziell.

Der Stand von Unite auf der Beschaffungskonferenz.
© Wegweiser / Simone M. Neumann

Der erste Grundsatz besteht darin, die Mitarbeitenden kommunikativ einzubinden und die Vorteile der neuen Lösung hervorzuheben. Das KIT präsentierte den elektronischen Marktplatz intern als „Game Changer“ im Vergleich zu den bisherigen Einkaufsprozessen, da ein deutlich schnellerer Bestellprozess möglich ist und weniger Einzelbestellungen nötig sind. Dadurch, dass die Angebote über den Marktplatz ohne zusätzlichen Aufwand im Wettbewerb stehen und Beschaffungsentscheidungen automatisch im Einkaufsprotokoll dokumentiert werden, spart die Nutzung jedem Mitarbeitenden viel Zeit bei Preisvergleichen und Dokumentationen.

Der zweite Grundsatz für den Erfolg war Transparenz. Rückfragen oder Probleme der Nutzenden wurden schnell und umfassend vom KIT aufgearbeitet. Die Fragen der Mitarbeitenden ernst zu nehmen, auf Anliegen und Herausforderungen zügig zu reagieren und Anfangsprobleme umgehend zu beheben, sorgte für eine breite Akzeptanz.

Der dritte Grundsatz waren klare Vorgaben zur Nutzung des Marktplatzes. Im KIT wurde eine Beschaffungsrichtlinie erlassen, ausschließlich die vorhandenen Bestellsysteme inklusive des Marktplatzes zu nutzen. Im Kontext der dezentralen Struktur war es besonders wichtig, die Nutzenden in den Instituten anzuweisen, keine fremden Online-Bestellsysteme mehr zu verwenden. Bei Verstoß reagiert der zentrale Einkauf konsequent: Beschaffungen bei anderen Lieferanten werden strikt abgelehnt. Mit dieser konsequenten Haltung möchte das KIT sicherstellen, dass der Marktplatz tatsächlich genutzt und dessen volles Spar-Potenzial ausgeschöpft wird.

Marktplatz als Game Changer

Das KIT zog auf der Beschaffungskonferenz ein erstes positives Zwischenfazit. Der Zentraleinkauf, die Buchhaltung und die Nutzenden der einzelnen Institute werden bereits heute entlastet, weil viele Routineaufgaben bei Bestellungen über den elektronischen Marktplatz einfach wegfallen. Dies hat auch entsprechende Auswirkungen auf die Prozesskosten. Der Zentraleinkauf konzentriert sich zunehmend auf strategische Aufgaben. Auch wenn es noch zu früh für klare Prognosen in Zahlen ist, ist sich Frank Willmert sicher: „Der Elektronische Marktplatz wird ein Game Changer, nicht nur im KIT.”