In den vergangenen Wochen war viel von Bürokratieabbau, Verwaltungsmodernisierung und digitaler Transformation die Rede. Mit der Bildung eines Digitalministeriums hat die neue Bundesregierung nun ein deutliches Zeichen gesetzt. Die Erwartungen an eine leistungsfähige, transparente und beteiligungsorientierte Verwaltung sind hoch. Dabei geht es nicht nur um schnellere Verfahren oder moderne Technik, sondern vor allem die Fähigkeit, politische Entscheidungen evidenzbasiert und zukunftsgerichtet zu gestalten.
Gerade in diesem Kontext gewinnen datenbasierte Planungsinstrumente wie Simulationen an Bedeutung. Das Whitepaper „Wirkungen verstehen und nutzen – Agentenbasierte Simulationen für den öffentlichen Sektor“ des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT) zeigt auf, wie solche Verfahren im öffentlichen Sektor dazu beitragen können, politische Maßnahmen im Vorfeld zu bewerten und verschiedene Handlungsoptionen systematisch zu vergleichen.
Das Potenzial agentenbasierter Simulationen geht weit über die reine Modellierung hinaus. Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eröffnen sich neue Anwendungsperspektiven: Daten können nicht nur intelligenter ausgewertet, sondern in adaptive Modelle überführt und zur Befähigung von Verwaltungsmitarbeitenden eingesetzt werden. Die Verbindung von Simulation und KI markiert damit einen vielversprechenden Entwicklungspfad – hin zu einer lernenden, vorausschauenden Verwaltung.
Simulationen als Instrument für Entscheidungen
Im Mittelpunkt des Whitepapers steht die Überzeugung, dass Simulationen dabei helfen können, die Wirkung politischer Maßnahmen bereits vor ihrer Umsetzung abzuschätzen. Bei der agentenbasierten Modellierung handelt es sich um eine Simulationsmethode, bei der das Verhalten vieler einzelner Akteur:innen (Agenten, wie Bürger:innen oder Organisationen) und deren Interaktion miteinander modelliert werden. Ziel ist es, die dabei entstehenden Dynamiken zu analysieren, um daraus Rückschlüsse auf das große Ganze zu ziehen. Dabei ist es entscheidend, die Modellannahmen regelmäßig zu prüfen und zu hinterfragen. Gut aufgebaute Simulationen können künftige Entwicklungen antizipieren, statt lediglich Vergangenes abzubilden, und dabei auch dokumentieren, welche Annahmen tatsächlich einfließen. So dienen sie als Grundlage einer sachlichen Diskussion von Entscheidungen.
Ein im Whitepaper beschriebenes Fallbeispiel widmet sich der elektronischen Identität (eID). Hier wird simuliert, wie unterschiedliche Fördermaßnahmen das Nutzungsverhalten und die Verbreitung beeinflussen könnten. Solche Simulationen machen Politikfolgen greifbar und eröffnen Spielräume für »Was-wäre-wenn«-Szenarien. Das Whitepaper zeigt vor diesem Hintergrund auf, wie KI bei der Erstellung von Simulationen eingesetzt werden kann: Dank generativer Werkzeuge wie Chatbots oder KI-Codeassistenten können heute auch Personen ohne tiefergehende Programmierkenntnisse an der Entwicklung datenbasierter Simulationen mitwirken. Ein grundlegendes Verständnis zentraler Simulationskonzepte reicht oft aus, um Vorschläge der KI einzuordnen, nachzusteuern oder Korrekturen anzustoßen. Damit wird KI zu einem hilfreichen Werkzeug: sie erweitert die Analyse- und Programmierfähigkeiten der Fachleute und macht Simulationen und Modellierung zugänglich.
Von der Datenanalyse zur lernenden Verwaltung?
An die dargestellte Nutzung von KI zur Erstellung von Simulationen lassen sich weitere Möglichkeiten der Auswertung und Weiterentwicklung anknüpfen. So könnten Daten mit Methoden des maschinellen Lernens systematisch analysiert werden, um neue Zusammenhänge zu erkennen und in die Modellierung künftiger Simulationen einzubeziehen. Ein Beispiel hierfür wäre die Vorhersage von Kita-Bedarfen in kleineren Städten, wo datenbasierte Planung besonders relevant ist. Eine klassische Simulation könnte sich auf Geburtenraten, Zuzugsmuster und demografische Daten stützen. Ergänzt um KI-gestützte Auswertungen ließen sich auch Echtzeitdaten aus Meldewesen, Mobilität und Neubauprojekten berücksichtigen. Auf Basis historischer und aktueller Daten könnte KI Muster sichtbar machen, die manuell kaum erkannt würden. KI erweitert so die Datenbasis und eröffnet die Möglichkeit, frühzeitig fundierte Erkenntnisse zu gewinnen.
Datenqualität und Transparenz als Erfolgsfaktoren
Gerade in der Verwaltung ist es wichtig, dass Entscheidungen transparent und nachvollziehbar bleiben. Datenanalysen können dabei helfen, Ziele messbar zu machen, Erwartungen zu formulieren und vorhandene Verwaltungsdaten besser zu nutzen, etwa im Sinne von Open Government. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit liegt in der Verbindung von Simulationen mit sogenannten Digitalen Zwillingen, also digitalen Abbildern realer Prozesse oder Strukturen. Diese sind mit aktuellen Daten verknüpft und bieten so eine laufend aktualisierte Grundlage für Simulationen und datenbasierte Entscheidungen. Darauf aufbauend gewinnen Datenqualität und Transparenz besondere Bedeutung für die Weiterentwicklung solcher Modelle. Nur wenn Modelle und Annahmen offengelegt werden, bleiben Simulationen nachvollziehbar und ausbaufähig.
Ausblick: KI als Partner für Simulationen und Verwaltung
Das Whitepaper endet mit konkreten Empfehlungen für die Praxis. Dazu gehört, Experimentierräume zu schaffen, in denen mit Simulationen und KI gearbeitet werden kann, nicht mit dem Anspruch auf Perfektion, sondern mit klarem Fokus auf Erkenntnisgewinn: Modelle schrittweise entwickeln, Annahmen prüfen und Ergebnisse offen dokumentieren.
Künstliche Intelligenz erweitert diese Prozesse um Funktionen wie automatisierte Szenarienbildung, Mustererkennung und lernende Modellanpassung. Systeme entstehen, die sich flexibel auf neue Rahmenbedingungen einstellen und komplexe Zusammenhänge sichtbar machen. Die Verwaltung kann so nicht nur datenbasiert, sondern gezielt und vorausschauend handeln, wenn sie in Daten, Teams und neue Denkweisen investiert.