Auch in diesem Jahr begrüßte der Zukunftskongress zahlreiche namhafte Persönlichkeiten auf der Bühne. Darunter Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher und der
Parlamentarische Staatssekretär Philipp Amthor (beide BMDS), Peter Altmaier
(Bundesminister a. D. und Beirat Wegweiser), Peer Steinbrück (Bundesminister a. D.),
Ministerpräsident Prof. Dr. Mario Voigt (Freistaat Thüringen), Dr. Benjamin Grimm
(Digitalminister des Landes Brandenburg), Staatssekretär Ernst Bürger (Ministerium der
Justiz und für Digitalisierung des Landes Brandenburg) sowie die CIOs bzw. CDOs Dr. Horst
Baier, Staatssekretärin Martina Klement, Christian Pfromm, Staatssekretär Bernd
Schlömer und Louisa Solonar-Unterasinger.
Demokratie muss funktionieren, nicht gut oder schlecht sein
Ein durchgehendes Motiv des diesjährigen Kongresses war das schwindende Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates und die Demokratie. Dabei wurde deutlich: Der Staat muss nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich anschlussfähig bleiben; durch nachvollziehbare Prozesse, gute Kommunikation und echte Beteiligung.
Dafür wurde schließlich auch im Mai das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) gegründet, was auch die Schirmherrschaft des Kongresses übernahm. Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher beschrieb die Rolle des BMDS in der Eröffnungssession als "Ministerium für Staatsfitness". Der Personal-Trainer-Analogie entsprechend würde das BMDS der Verwaltung nur die Richtung erklären, ins digitale Fitnessstudio müsse sie dann selbst gehen.
Über den idealen Fitnessplan wurde dann in den drei Kongresstagen ausführlich diskutiert. In 140 Sessions präsentierten über 400 Referierende ihre Lösungsansätze und Impulse, um die Handlungsfähigkeit des Staates und somit das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken.
Die Top 15 Learnings zur Staatsmodernisierung
Die zahlreichen Foren des haben gezeigt: Staatsmodernisierung ist kein technisches Projekt, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Aus den Diskussionen auf dem 11. Zukunftskongress kristallisieren sich 15 zentrale Learnings heraus, die Orientierung geben und zum Handeln auffordern:
1. Staatsmodernisierung muss Priorität Nr. 1 sein
Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie ist Mittel zur Sicherung der staatlicher Handlungsfähigkeit, der Demokratie und des Wirtschaftsstandorts.
2. Vertrauen entsteht durch sichtbaren Nutzen
Menschen vertrauen dem Staat nur, wenn Leistungen funktionieren. Digitalisierung muss konkrete Erleichterungen bringen, nicht nur PDFs online stellen.
3. „Machen ist krasser als wollen“
Die Zeit der Strategiepapiere ist vorbei. Es braucht Mut, Umsetzungskraft und klare Verantwortlichkeiten, vor allem im föderalen Zusammenspiel.
4. Standardisierung ist der Weg
Ohne gemeinsame IT-Standards und Plattformen bleibt Digitalisierung teuer, langsam und heterogen. Der Deutschland-Stack ist ein möglicher Hebel.
5. Bürokratieabbau beginnt mit Aufgabenkritik
Nicht jeder schlechte Prozess muss digitalisiert werden. Erst fragen: Brauchen wir das überhaupt noch? Dann optimieren – dann digitalisieren.
6. Digitale Souveränität braucht europäische Lösungen
Abhängigkeit von wenigen US-Anbietern (z. B. Hyperscaler/Cloud-Dienste) gefährdet Staat und Wirtschaft. Eine starke europäische Softwareindustrie ist essenziell.
7. Cybersicherheit ist kein Nebenthema
„Crime as a Service“ ist Realität. Sicherheitsarchitekturen müssen mitwachsen. Sonst ist nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Wirtschaft gefährdet.
8. Föderalismus braucht Plattformen, nicht Parallelstrukturen
Kooperation ist möglich, aber nicht ohne zentrale Steuerung. Leistungen müssen bundeseinheitlich gedacht und verteilt werden, z. B. mithilfe der Verwaltungscloud.
9. Fehlertoleranz ermöglichen – sonst herrscht Stillstand
Wenn Fehler sofort mit Haftung oder Klage beantwortet werden, wird niemand Neues wagen. Wir brauchen eine Kultur des Ausprobierens.
10. Verwaltung effizient denken heißt: Aufgaben bündeln
Bündelung statt Zentralisierung: z. B. Shared Services, Kompetenzzentren oder IT-Outsourcing. Sinnvoll dort, wo der höchste Nutzen für Bürger*innen liegt.
11. Künstliche Intelligenz verändert das Spiel
KI ist kein Add-on – sie wird Organisationen, Prozesse, Services und Erwartungen neu definieren.
12. Der Mensch bleibt im Mittelpunkt
Je mehr Technik automatisiert, desto wichtiger wird menschliches Urteilsvermögen, Ethik, Kommunikation und Vertrauen, auch (und vor allem) in Krisen.
13. Die Verwaltung ist kein Feind, sondern demokratisches Werkzeug
Verwaltung schafft Gerechtigkeit und Ordnung. Sie ist Teil der Lösung.
14. Vertrauen kann man nicht verordnen – aber ermöglichen
Erfolgreiche Verwaltung braucht mehr als Effizienz: Transparenz, Nahbarkeit und Tempo stärken das Vertrauen in Demokratie und Staat.
15. Wir brauchen eine Kultur der Ermöglichung
Statt auf Hürden zu zeigen, braucht es den systematischen Willen, Probleme möglich zu machen – in der Gesetzgebung, in der Umsetzung, im Alltag.
Feierliche Preisverleihung: Der 3. Public Leadership Award
Zudem fand auf dem Zukunftskongress erneut die Preisverleihung des Public Leadership Award statt. Mit dem Award werden herausragende Persönlichkeiten und Projekte im öffentlichen Sektor ausgezeichnet, die durch Mut, Innovationskraft und verantwortungsvolle Führung beispielhaft vorangehen. Der Preis würdigt Initiativen, die den Wandel in Staat und Verwaltung aktiv gestalten.
Das sind die Gewinner*innen in diesem Jahr:
Change Maker I – Leadership:
Stadt Papenburg
Vanessa Gattung (Bürgermeisterin) & Theda Gröger (Digitalisierungsbeauftragte)
Change Maker II – Personal & Zukunftskompetenzen:
DigitalService GmbH des Bundes
Hannah Bergmann, Michaela Putzer, Jenny Claus, Anne-Marie Pellegrin , Merle Leisner & Teresa Mylord
Change Maker III – Zukunftstechnologien:
Freie und Hansestadt Hamburg, Stadt Leipzig & Landeshauptstadt München
Dr. Nora Reinecke (Hamburg), Mirko Mühlpfort (Leipzig) & Wolfgang Glock (München)
Award für individuelles Public Leadership:
Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein)
Public Leadership – International Edition:
Vorarlberg
Philipp Abbrederis (Landesamtsdirektor) & Markus Vögel (Personalvorstand)
Durch die Preisverleihung führte Dr. Hilmar Schmidt (Kienbaum).
Die Gewinner*innen werden ihre ausgezeichneten Projekten zudem in den kommenden Wochen in vertiefenden Interviews auf VdZ.org vorstellen.
Eine spannende Zeit des Aufbruchs
Der Zukunftskongress 2025 hat gezeigt: Staatsmodernisierung ist kein technisches Projekt, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, von IT-Infrastruktur bis Führungskultur. Zwischen Reformdruck, Fachkräftemangel und Sicherheitsbedenken braucht es jetzt Mut zur Umsetzung, klare Prioritäten und vor allem: Sichtbaren Nutzen für Bürger*innen. Der politische Neustart bietet die Chance, alte Routinen zu hinterfragen und das Momentum für einen modernen, digitalen Staat konsequent zu nutzen. Denn "Machen ist krasser als wollen"; und in den Worten der auch auf dem Kongress zitierten Informatikerin Grace Hopper: „Der gefährlichste Satz einer Sprache ist: Das haben wir schon immer so gemacht".