Dr. Thora Funken
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Schutz des Finanzplatzes für eine wehrhafte Demokratie

Einblicke in die Arbeit der FIU mit Dr. Thora Funken

Dr. Thora Funken ist stellvertretende Leiterin der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) und zugleich Abteilungsleiterin. Die promovierte Juristin und Betriebswirtin (VWA) bringt langjährige Erfahrung in der Geldwäscheprävention innerhalb der Bundesfinanzverwaltung mit.
Im Anschluss an den 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie haben wir mit ihr über die Arbeit der FIU und aktuelle Entwicklungen gesprochen.

Verwaltung der ZukunftWelche Aufgaben übernimmt die FIU im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?

Dr. Thora FunkenDie FIU ist als zentrale geldwäscherechtliche Meldestelle ein fester Bestandteil der Sicherheitsarchitektur des Bundes. Sie nimmt Verdachtsmeldungen und sonstige Informationen entgegen und wertet diese Finanzinformationen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung effizient aus, reichert diese an und übermittelt qualitativ hochwertige Analyseberichte an die gesetzlich vorgesehenen Akteure. Damit trägt die FIU zum Schutz der Integrität des deutschen Wirtschafts- und Finanzsystems bei, indem der Missbrauch durch Kriminelle verhindert wird.

Als Geschäftsbereichsbehörde des Bundesministeriums der Finanzen wird sie von dort in ihrer Aufgabenwahrnehmung laufend gestärkt. Unter anderem auf der Grundlage der durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegten „Strategie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ wird mittels herausgehobener Einzelmaßnahmen das System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland insgesamt weiter verbessert. Dazu zählt etwa die zuletzt erfolgte Klarstellung des Risikobasierten Ansatzes durch zugehörige gesetzliche Regelungen im Geldwäschegesetz.

VdZWie begegnet die FIU zunehmend professionell organisierten sowie international agierenden Geldwäschenetzwerken?

FunkenDer Tatbestand der Geldwäsche ist in Deutschland durch den Gesetzgeber über die internationalen Mindestvorgaben hinausgehend ausgestaltet, um der Schadensintensität einer Geldwäsche umfassend zu begegnen:

Wenngleich der Zweck einer Geldwäsche, illegal erlangte Vermögenswerte in scheinbar legale ‚umzuwandeln‘ und hierdurch dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen, ohne Weiteres klar erscheint, ist das im Mittelpunkt der strafrechtlichen Betrachtung unmittelbar aus der Vortat der Geldwäsche „Stammende“ alles andere als trivial. Das Nachvollziehen der Spur des Geldes bzw. des Vermögensgegenstandes erfordert komplexe verfahrensintegrierte wie verfahrensunabhängige Finanzanalysen, gerade auch im Kontext der zunehmenden Professionalisierung und Perfektionierung der „Geldwäscher“ und deren Netzwerke.

Der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden und dem gemeinsamen Verständnis über Schwerpunktrisiken kommt dabei entscheidende Bedeutung zu, um effektive Präventions- und Bekämpfungsmechanismen umzusetzen. Hier setzt die FIU mit einer neuen Analyseeinheit an, die im Jahr 2024 eingerichtet wurde. Ihr Auftrag ist es, unter Anwendung des „Follow the Money“-Ansatzes, komplexe Netzwerkstrukturen durch gesamtstrategische Betrachtung des vorliegenden Meldebestands zu identifizieren, die insbesondere auf professionellen Geldwäschemodellen basieren. Diese Analyse erfolgt unabhängig von einzelnen Verdachtsmeldungen und in enger Abstimmung mit nationalen und internationalen Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden.

Dr. Thora Funken im Werkstattgespräch „Illegale Geldströme unterbinden – Strategien gegen Finanzkriminalität im nationalen und internationalen Kontext“ beim 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie.
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VdZWelche neuen Kooperationsformen werden sich künftig zwischen der FIU und der AMLA ergeben? Welchen besonderen Mehrwert sehen Sie in dieser neuen EU-Behörde?

FunkenMit dem sogenannten „AML-Paket“ hat die EU erstmals die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung umfassend harmonisiert und ein richtungsweisendes Paket von Rechtsakten geschnürt, das die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in den kommenden Jahren entscheidend voranbringen soll. Im Zentrum der Änderungen steht die Errichtung einer neuen europäischen Geldwäscheaufsichtsbehörde, der Anti-Money Laundering Authority „AMLA“. Eine wesentliche Aufgabe der AMLA ist die Koordination und die Harmonisierung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches der FIUs der EU-Mitgliedstaaten, z. B. durch Erarbeitung von Leitlinien und Empfehlungen und Koordinierung gemeinsamer Analysen der FIUs zu grenzüberschreitenden Einzelfällen.

Die FIUs erhalten hierbei insgesamt weitergehende Befugnisse, insbesondere mit Blick auf den Informationsaustausch. Vor dem Hintergrund des regelmäßig grenzüberschreitenden Charakters der Geldwäsche können künftig unter dem Dach der AMLA Sachverhalte länderübergreifend gemeinsam analysiert werden, um professionell agierende internationale Netzwerke zu erkennen.

VdZWie geht die FIU mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung über nicht-regulierte Zahlungssysteme wie Hawala-Banking um?

FunkenHawala-Banking beschreibt ein (in Deutschland) unerlaubtes informelles Finanztransaktionssystem, das gezielt länderübergreifende Transaktionen außerhalb des regulierten Banken- und Finanzsystems ermöglicht. Das System ist schlagwortartig „beleglos, kontolos und banklos“ und basiert auf Vertrauen und Verschwiegenheit der hieran Beteiligten. Die Nutzung regulierter Finanztransferdienstleister wird vermieden und staatliche Kontrolle erschwert, was u. a. dazu führt, dass der FIU zu Hawala-Banking oder vergleichbaren Transaktionsmethoden seitens der nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten schon mangels deren Kenntnis über entsprechende Transaktionen Verdachtsmeldungen in vergleichsweise geringer Anzahl übermittelt werden.

Vor diesem Hintergrund stellt die Aufdeckung von Hawala-Netzwerken für die FIU eine besondere Herausforderung dar, die weitreichende Recherchen und Analysen erfordert und nur in enger Zusammenarbeit und stetem Austausch mit nationalen und internationalen Partnerbehörden zum Erfolg führen kann.

VdZWas sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten nächsten Schritte, um im Hinblick auf die Aufgabenwahrnehmung der FIU, die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aktiv weiter zu stärken – und somit auch die Demokratie zu schützen?

FunkenFür beide Deliktsbereiche gilt angesichts deren Komplexität und mit Blick auf die Geldwäsche zusätzlich auf deren regelmäßig grenzüberschreitenden Charakter das Erfordernis, die Befugnisse zum Informationsaustausch mit allen übrigen zuständigen Behörden umfassend auszugestalten, um die Sachverhaltsaufklärung von Beginn an mit allen benötigten Informationen möglichst medienbruchfrei voranzutreiben. Die strukturierte Datenaus- und -bewertung, auch unter Zuhilfenahme von Methoden der Künstlichen Intelligenz, werden für die Zukunft unerlässlich sein. Hierzu hat die FIU im Geldwäschegesetz zuletzt zugehörige Befugnisse erhalten, wodurch nicht die „menschliche Entscheidung“ ersetzt, aber verbesserte Möglichkeiten zur Identifizierung relevanter Daten geschaffen worden sind. Dieser Prozess muss im Lichte auch des Inkrafttretens des AML-Paktes, das u. a. zu einem erweiterten Verpflichtetenkreis sowie neuen Meldetatbeständen und damit prognostisch zu einem (wieder) anwachsenden Meldeaufkommen führen könnte, vorangetrieben werden.

Schon heute kann die FIU den Abfluss möglicher inkriminierter Gelder durch eine vorübergehende Untersagung der zugehörigen Transaktion verhindern. Die sich daran anschließende mögliche strafprozessuale Sicherungsmaßnahme unterliegt restriktiveren Regelungen. Nach meiner Bewertung sind im behördlichen Verwaltungsverfahren weitergehende Befugnisse erforderlich, um kriminelles Vermögen und Vermögen ungeklärter Herkunft nicht nur aufzuspüren, sondern vor allem auch langfristig zu sichern. Hierbei tritt die sachgerechte Ausgestaltung der „Beweislastumkehr“ in den Vordergrund. Denn Demokratie zu schützen heißt auch, den Finanzplatz Deutschland nicht attraktiv sein zu lassen für Finanzkriminalität. Mit der Arbeitsaufnahme der AMLA in Frankfurt a. M. erfolgt ein wichtiger Schritt zur supranationalen Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union – und ein gemeinsames grenzüberschreitendes Vorgehen gegen die kriminellen Strukturen der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung muss forciert werden.

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Denn Demokratie zu schützen heißt auch, den Finanzplatz Deutschland nicht attraktiv sein zu lassen für Finanzkriminalität.

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Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie auf einen Blick
7. BKWD Bosbach

Der 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie auf einen Blick

Materialien und Präsentationen zur Veranstaltung

VdZ: Zum Abschluss: Welche Eindrücke nehmen Sie vom 7. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie mit?

FunkenDer Kongress vereint übergeordnete praxisrelevante Themenstellungen unter dem vergleichenden internationalen Blickwinkel und adressiert Optimierungspotenziale. Öffentlicher und privater Sektor gelangen in gezielten Workshopformaten wie zugleich zu strategischen Themen in den ergebnisorientierten Austausch die erzeugte Atmosphäre ist Impuls für Weiterentwicklungen.

Die Diskussionen zeigten dabei, wie wichtig robuste rechtsstaatliche Strukturen und verlässliche internationale Kooperationen für eine widerstandsfähige Demokratie sind. Kurzum: Aus meiner Sicht ein gelungenes Hauptstadtformat, an dem ich gerne teilnehme.

 


 

Der 8. Berliner Kongress Wehrhafte Demokratie findet vom 29. bis 30. Juni 2026 erneut im Hotel de Rome in Berlin statt.