Das niederländische Softwareunternehmen JCC Software feiert in diesem Jahr sein 5-jähriges Bestehen in Deutschland – was bedeutet dieses Jubiläum für Sie persönlich und für Ihr Team?
Dennis Habers: Nach 5 Jahren sehen wir, dass unser Ansatz auch in Deutschland erfolgreich ist und dass unsere Markenbekanntheit deutlich gestiegen ist. Unser Einstieg hat gezeigt, dass unsere Software auch deutsche Kommunen perfekt unterstützen kann. Das bedeutet, dass sowohl unsere Software als auch unsere Arbeitsweise gut zu unserer gesamten Zielgruppe passen: Kommunen in den Niederlanden, Belgien und Deutschland. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Team von engagierten und zuverlässigen Mitarbeitenden, das wir in den letzten Jahren kontinuierlich aufgebaut haben. Auch unser Standort in Münster hat sich als gute Entscheidung erwiesen – von hier aus steuern wir nachhaltig unser Wachstum in ganz Deutschland.
Dennis Habers und Jan Willem Bolkesteijn: Persönlich sind wir stolz darauf, dass wir in den letzten fünf Jahren gezeigt haben, dass wir mit unserem Ansatz auch in Deutschland erfolgreich sind, wobei einige deutsche Kommunen sich nicht scheuen, ihren eigenen Ansatz anzupassen. Es erfüllt uns mit Stolz zu sehen, wie unsere Lösungen den Alltag von Mitarbeitenden sowie Bürgerinnen und Bürgern konkret verbessern.
Es erfüllt uns mit Stolz zu sehen, wie unsere Lösungen den Alltag von Mitarbeitenden sowie Bürgerinnen und Bürgern konkret verbessern.
Was war damals der entscheidende Impuls, den Schritt nach Deutschland zu wagen – und warum gerade in die grenznahen Regionen?
Habers: Wir haben uns lange mit dem Gedanken auseinandergesetzt, auch deutschen Kommunen zu helfen, ihre Dienstleistungsprozesse zu optimieren, wovon sowohl Mitarbeitende als auch Bürgerinnen und Bürger profitieren. Sowohl bei unserer Terminmanagement- und Besuchersteuerungssoftware als auch bei der Kassensoftware sind wir Marktführer in den Niederlanden und in Belgien, was uns zu der Entscheidung veranlasste, zu prüfen, ob Deutschland ein interessanter Markt für uns sein könnte. Mit unserem gesammelten Wissen und unserer Erfahrung auf dem kommunalen Markt war Deutschland eigentlich ein logischer Schritt.
Bolkesteijn: Basierend auf den Erkenntnissen einer Absolventenstudie aus dem Jahr 2015 haben wir schließlich 2018 einen Handlungsplan geschrieben, um die Möglichkeiten unserer Software den deutschen Kommunen nahezubringen. Es ist schön, jetzt feststellen zu können, dass wir damals die richtige Wahl getroffen haben.
Außerdem sind wir in dieser Region in den Niederlanden (Twente, Overijssel) eigentlich immer überdurchschnittlich interessiert an allem, was in unserem Nachbarland passiert.
Dass wir uns zunächst auf die an die Niederlande angrenzenden Bundesländer konzentrieren wollten, war eine rein logistische Entscheidung. Doch mit der Einführung unserer deutschen Website und der Präsenz als Messeaussteller auf der KOMMUNALE im Jahr 2021 in Nürnberg wurde schnell klar, dass es schwierig ist, ein Gebiet abzugrenzen. Inzwischen betreuen wir Kommunen in ganz Deutschland.
Was waren Ihre Erwartungen an den deutschen Markt und wie haben sich diese mit der Realität gedeckt? Welche Startschwierigkeiten gab es zu überwinden?
Bolkesteijn: Wir haben festgestellt, dass die Kommunen in Deutschland sich derzeit mit vielen Herausforderungen konfrontiert sehen. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass der digitale Wandel nicht nur eine technische Herausforderung ist. Letztlich sind die Menschen der Schlüssel zum Erfolg. Besonders auffällig war für uns, wie unterschiedlich der Digitalisierungsgrad in den Kommunen ausgeprägt ist – das erfordert individuelle Herangehensweisen.
Habers: Wir hatten damit gerechnet, dass wir die notwendigen Softwareanpassungen vornehmen müssten, um die Prozesse der deutschen Kommunen zu unterstützen, aber glücklicherweise erwies sich dies als unnötig. Als Hersteller von Standardsoftware achten wir darauf, dass alle Länder, die wir bedienen, mit den gleichen Standardfunktionen arbeiten können. Dabei spielen die hochflexiblen Einstellungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Neben der Übersetzung der gesamten Software ins Deutsche hat es auch viel Energie gekostet, die gesamte Organisation auf den Schritt nach Deutschland vorzubereiten. Natürlich haben wir auch mit vielen veralteten Prozessen zu kämpfen. Mit einer neuen, modernen und benutzerfreundlichen Software stößt man oft auf alte Strukturen – aber genau da setzen wir mit unseren Lösungen an.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Stadt Iserlohn? Wodurch zeichnet sich das Projekt aus?
Bolkesteijn: Die deutsche Premiere von JCC Software ist ein kurioses Zusammentreffen von Umständen. Die Geschichte begann im neuen Rathaus der niederländischen Stadt Almelo (75.000 Einwohner), wo die Partnerstadt Iserlohn zu Besuch war. Almelo hatte ein neues Rathaus gebaut, und Iserlohn kam zu Besuch, um zu sehen, wie Almelo es realisierte.
Beim Betreten des Rathauses stießen die Vertreter aus Iserlohn auf einen Anmeldeterminal, über den sich die Besucher für ihren Termin anmelden können – ein Produkt von uns. Iserlohn war interessiert, erkundigte sich und kam zu mir. Im April 2019 hatten wir einen ersten Termin. So hat unsere Deutschlandreise begonnen. Iserlohn ließ sich von den Möglichkeiten überzeugen. Es folgte ein Ausschreibungsverfahren mit drei Bewerbern. Der Rat der Stadt Iserlohn erteilte uns den Zuschlag. Die Inbetriebnahme erfolgte am 16. März 2020 – nur wenige Tage vor dem bundesweiten Lockdown. Trotz dieser außergewöhnlichen Umstände konnte das System später zeigen, wie wertvoll es ist: Bürger berichteten von einem deutlich optimierten Terminmanagement und die Mitarbeitenden lobten die neuen, effizienteren Abläufe.
Was hat Sie an dieser Kooperation beeindruckt oder auch überrascht?
Bolkesteijn: Besonders schön war es, die Bestätigung zu bekommen, dass die an der Umsetzung beteiligten Mitarbeitenden der Stadt Iserlohn das gleiche Interesse und Engagement zeigten, wie wir es von niederländischen Kommunen kennen. Das gab uns ein gutes Gefühl. Beeindruckt hat mich auch, wie offen und lösungsorientiert die Zusammenarbeit war. Es hat gezeigt, dass ein gemeinsames Ziel – effizientere und bürgerfreundlichere Prozesse – kulturelle Unterschiede schnell in den Hintergrund treten lässt.
Welche Lehren konnten Sie aus diesem ersten Projekt für weitere Expansionen in Deutschland ziehen?
Bolkesteijn: Wir haben schnell erkannt, dass unsere Software auch ideal geeignet ist, um den Termin- und Besuchermanagementprozess deutscher Kommunen zu optimieren. Außerdem war es für uns wichtig zu sehen, dass unsere Arbeitsweise auch in Iserlohn gut angenommen wurde. Die enge Zusammenarbeit mit den Projektteams vor Ort, unser partnerschaftlicher Ansatz und die Bereitschaft, auf individuelle Anforderungen einzugehen, haben sich als Erfolgsfaktoren erwiesen.
Sie beschreiben die niederländisch-deutsche Zusammenarbeit als sehr harmonisch. Was macht den kulturellen Austausch für Sie so besonders?
Habers: Wir haben festgestellt, dass die Mischung aus einem ursprünglich niederländischen Unternehmen und unseren deutschen Kollegen, die jetzt für die GmbH arbeiten, bei den Kunden sehr gut ankommt. Das liegt vor allem an der Kombination aus niederländischer Direktheit in einer flachen Organisation und deutscher Gründlichkeit. Das mag wie ein Klischee klingen, aber genauso fühlt es sich an. Diese Kombination ist ein echter Mehrwert – intern wie extern.
Wie beurteilen Sie den Stand der Digitalisierung in deutschen Kommunen heute – im Vergleich zu den Niederlanden oder Belgien?
Habers: Deutschland hinkt zwar in einigen Bereichen noch hinterher, aber wir stellen fest, dass Deutschland deutliche Schritte macht und dabei ist, bei der Digitalisierung aufzuholen. Es ist äußerst wichtig, dass die Digitalisierung sorgfältig durchgeführt wird und dass sowohl die Mitarbeitenden als auch die Bürger der Kommunen in den Digitalisierungsprozess einbezogen werden. Digitalisierung ist gut, aber die menschliche Note muss erhalten bleiben. Der Blick in die Nachbarländer zeigt, dass eine konsequente, benutzerzentrierte Umsetzung der Schlüssel zum Erfolg ist.
Was sind Ihrer Erfahrungen nach die häufigsten Herausforderungen, denen Kommunen bei der Digitalisierung begegnen – und wie kann Ihre Software konkret helfen?
Habers: Mehr Arbeit mit weniger Mitarbeitenden zu erledigen ist eine Herausforderung. Fachkräftemangel ist ein bekanntes Problem. Deshalb müssen die richtigen Kompetenzen der Mitarbeitenden genutzt und an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Die Digitalisierung in Kommunen scheitert nicht an der Technik, sondern meist an organisatorischen, rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Unsere Lösungen für die Terminvereinbarung, Zahlungsabwicklung, Besuchersteuerung und Personalplanung, die sowohl die Bürgerzufriedenheit steigern als auch die Mitarbeitenden entlasten, können helfen, Prozesse effizienter zu gestalten. Dadurch werden sowohl Wartezeiten als auch die Bearbeitungszeit am Schalter reduziert. Zum Beispiel kann mit unserer Personalplanungssoftware Teams bedarfsorientiert gesteuert und Engpässe frühzeitig erkannt werden.
Hat sich der Fokus Ihrer Softwarelösungen in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren verändert?
Bolkesteijn: Der Schwerpunkt lag zunächst auf der Vorstellung unseres Terminmanagement- und Besuchersteuerungssystems. Mittlerweile veröffentlichen wir verstärkt auch Informationen zu den zwei weiteren Softwarelösungen unseres sogenannten JCC360 Produktportfolios: JCC-Kasse und JCC-Personalplanung. Wir merken, dass sich Kommunen zunehmend für ganzheitliche Lösungen interessieren, die verschiedene Abläufe miteinander verzahnen.
Ihr Wachstum in Deutschland war bewusst nachhaltig. Was bedeutet das konkret?
Bolkesteijn: Deutschland ist ein großes Land, in dem wir uns bewusst dafür entschieden haben, nicht direkt aus verschiedenen Regionen Deutschlands zu vermarkten, sondern von unserem Standort in Münster aus zu wachsen. Von hier aus betreuen wir aktuell alle unsere Kunden – von der Inselstadt Borkum im Norden bis zur Gemeinde Feldkirchen Westerham im Süden. Auch unsere ISO-Zertifizierung ist ein wichtiges Element nachhaltigen Wachstums – sie belegt unser Engagement für Datenschutz und Qualität.
Wie sieht Ihre Vision für die nächsten fünf Jahre aus – in Deutschland und vielleicht darüber hinaus?
Habers: Von Münster aus wachsen wir mit unserem kompletten Produktportfolio deutschlandweit stetig und ohne Eile. Ein nächster Schritt könnte der österreichische oder Schweizer Kommunalmarkt sein. Hier berücksichtigen wir nicht nur, was Kommunen und ihre Mitarbeitenden zur Optimierung benötigen, sondern natürlich auch, was die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger sind. Barrierefreiheit hat hier einen hohen Stellenwert. Unsere Vision ist es, Verwaltungsprozesse einfacher, moderner und bürgernäher zu gestalten – in Deutschland und darüber hinaus.