KI
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Wie kommt KI in die Kommunen?

Mit der Initiative KoKi wollen Experten Ideen erarbeiten, wie Künstliche Intelligenz auf kommunaler Ebene genutzt werden kann.

In der Initiative KoKi arbeiten VertreterInnen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in einer Art Think Tank zusammen. Neben den theoretischen, ethischen und juristischen Debatten, besteht die Aufgabe der Initiative auch darin, konkreten, aus den Kommunen kommenden Fragestellungen zu begegnen und möglicherweise in Regional-Workshops umsetzbare Szenarien zu erarbeiten.

Zu drängenden Zukunftsthemen brauchen wir eine tiefgehende Debatte, die gute Beispiele verwertbar macht und Gelerntes aus dem Scheitern von Pilotprojekten verwendet, um dies in konkrete Handlungsleitfäden fließen zu lassen. Deshalb starten unter der Schirmherrschaft des Innovators Club des Deutschen Städte- und Gemeindebundes das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE zusammen mit der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) die offene Initiative zum Thema Künstliche Intelligenz in Kommunen KoKi. Von Dezember 2019 bis Mai 2020 kommen Expert*innen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft sowie Verwaltung und Politik (virtuell) zusammen, um in einer klassischen Think-Tank-Art auf Grundlage ihrer Expertise die aktuellen Chancen und Herausforderungen von KI im kommunalen Bereich interdisziplinär und multiperspektivisch zu beleuchten.

Das definitorische Vakuum von KI

KI ist ein unkonkreter konzeptioneller Oberbegriff für Ansätze, dem Menschen zugeschriebene intelligente Handlungen künstlich zu reproduzieren. Vielleicht gerade wegen dieses definitorischen Vakuums wird einer KI gemeinhin zugeschrieben, alles von Grund auf zu verändern. Nicht von ungefähr investieren Hightech-Firmen Milliarden in intelligente Systeme und ExpertInnen schwärmen und schaudern zugleich vor „starker“ KI, die selbstlernend und bewusstseinsentwickelnd den Menschen in Intelligenz und Kreativität überflügelt – da haben wir sie, die vierte Kränkung des Menschen nach Siegmund Freud. Doch damit nicht genug: In diesen Narrativen wird bspw. die menschliche Fähigkeit, gerechte, begründbare und abgewogene Rechtsurteile zu fällen, nicht mehr anerkannt. In vielen Publikationen wird die menschliche Arbeitskraft als nicht mehr ausreichend klassifiziert, um zeitgemäße Effizienz im Angesicht robotisierter Prozesse zu erzeugen.

Nach der Datenethikkommission ist „Künstliche Intelligenz“ ein „Sammelbegriff für diejenigen Technologien und ihre Anwendungen, die durch digitale Methoden auf der Grundlage potenziell sehr großer und heterogener Datensätze in einem komplexen und die menschliche Intelligenz gleichsam nachahmenden maschinellen Verarbeitungsprozess ein Ergebnis ermitteln, das ggf. automatisiert zur Anwendung gebracht wird“.

Positive Einstellungen zu KI fördern

Über allem scheint also die Prämisse der Effizienz zu schweben und a priori die Unzulänglichkeit des Menschen mit seinen Emotionen, Vorurteilen sowie körperlicher und geistiger Schwäche. Da ist es doch wohl nicht verwunderlich, dass Dystopien gedeihen, dass Menschen Furcht, Unverständnis und Wut entwickeln. In einer Welt, die von Deep Fakes, Fake News und dem Kampf um die Existenz wissenschaftlicher Fakten (Klimawandel) geprägt ist, täten wir gut daran, früh genug gegenzusteuern und positive Visionen und Narrative zu entwickeln oder zumindest die Diskussion zu erden. Auch, wenn es mittlerweile eine vergleichbare Anzahl an Artikeln gibt, die über die Unzulänglichkeit von KI sprechen, verändern sie nicht die pessimistische Einschätzung der Zukunft: Es ist wahrscheinlicher, dass die Technologie unser Leben zerstört als es zu verbessern.

Diese Narrative wollen wir ändern und versuchen, eine bessere Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt rückt. Eine Geschichte die deutlich macht, dass wir bei der Künstlichen Intelligenz noch ganz am Anfang stehen und die eigentliche Wucht dieser Technologie noch gar nicht erfassen können- umso wichtiger, bereits jetzt die Weichen zu stellen, dass wir sie für den gesellschaftlichen Fortschritt aller einsetzen können. Verfallen wir in Schockstarre, bleiben viele Potenziale und das Gute ungenutzt.

  • Was ist KI für die kommunale Ebene und welche Bedeutung hat sie an dieser Stelle?

  • Was ist die Motivation, für KI-Anwendungen (Förderprogramme, Marketing, Effizienz)?

  • Welche Fragestellungen von KI müssen im kommunalen Raum geklärt werden? 

  • Wie führen wir Bürger und Mitarbeiter an das Thema KI heran?

  • Welche Beispiele gibt es Stand heute in unterschiedlichen kommunalen Gestaltungsfeldern (ggf. differenziert nach sehr schwacher/schwacher KI)?

  • Welche Szenarien können wir uns zum Einsatz von KI in den unterschiedlichen kommunalen Gestaltungsfeldern vorstellen?

  • Wie diskutieren wir über das Problem der Verantwortungsverlagerung im Verhältnis Mensch-Maschine?

  • Wie entkräften wir die Annahme, ob der Digitalisierungsprozess irgendwann bewirken könne, dass die Interaktion mit einem „echten“ Menschen zu einem Privileg für Besserverdienende wird?

Warum braucht es die Initiative #KoKI?

Die Frage nach dem gesellschaftlichen, politischen und  rechtlichen Ordnungsrahmen für KI ist also zu einer zentralen Frage unserer Zeit geworden. Dieser ist nicht nur auf der europäischen und nationalen Ebene zu diskutieren, sondern auch dort, wo die Menschen leben und arbeiten: in den Kommunen. Kaum jemand spricht aber aktuell darüber, wie das Thema KI außerhalb der Berliner Blase und den Kabinettsreden aussieht: Welche Städte machen schon was? Gibt es mehr als Chatbots? Wie sieht es bei den Kommunen in ländlichen Regionen aus?

Die gemeinsame Initiative #KoKI ist eine Kooperation der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSZ), dem Innovators Club des DStGB und Fraunhofer IESE. KoKI wird sich den Kommunen zuwenden, die nicht zuletzt auch vor der Aufgabe stehen, sowohl die operative Exzellenz zu wahren als auch den steigenden Anforderungen von Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu Service, Effizienz, Transparenz, Partizipation und Kollaboration gerecht zu werden.  Zudem gilt es den globalen Herausforderungen wie Digitalisierung, Globalisierung und demographischem Wandel zu begegnen und die Prämissen der Leipzig-Charta einer nachhaltigen europäischen Stadt umzusetzen: All das ist ohne die Nutzbarmachung technologierscher Innovationen schier undenkbar.

Da es zu drängenden Zukunftsthemen zu wenig tiefgehende Debatten gibt, die gute Beispiele verwertbar macht und Gelerntes aus dem Scheitern von Pilotprojekten verwendet, um dies in konkrete Handlungsleitfaden für kommunale EntscheiderInnen fließen zu lassen, ist das Wiederaufleben der Idee des Internet & Gesellschaft Collaboratory e.V. mit zeitlich beschränkten Initiativen nötig: Der Diskurs muss mit und in den Kommunen darüber geführt werden, wie wir uns eine bessere Zukunft vorstellen und wir müssen uns gemeinsam auf die Suche nach positiven Geschichten und Varianten der Zukunft begeben.

  • Gibt es mutige Rezepte, die die Gegenwart und Zukunft neu denken als die bisherigen Muster?

  • Wie können wir KI nutzen, um diese Visionen umzusetzen?

  • Was passiert, wenn wir Effizienz, Prozessoptimierung, Kostensenkung und Wachstum als Prämissen weglassen? Welche Lösungen kommen dann an die Oberfläche?

Wie arbeitet die Initiative KoKI?

Die Initiative formt sich als ein Zusammenschluss von ExpertInnen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie von Kommunal-VertreterInnen, die gemeinsam ein interdisziplinäres Multi-Stakeholder-Netzwerk bestehend aus fach- und sektorübergreifenden Ansätzen und Perspektiven bilden. Die Initiative versteht sich als Brückenbauer zwischen den Menschen vor Ort und den Berliner Debatten und Kommissionen.

Neben den theoretischen, ethischen und juristischen Debatten, die in unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten, wie Arbeit und Wirtschaft, Politik und Verwaltung, Bildung und Lernen, Mobilität und Logistik, zum Tragen kommen, besteht die Aufgabe und der Reiz der Initiative auch darin, konkreten, unmittelbar aus den Regionen kommenden Fragestellungen zu begegnen und möglicherweise in Regional-Workshops kurz- bis mittelfristig umsetzbare Szenarien zu erarbeiten. Deshalb kollaborieren die ExpertInnen mit regionalen Netzwerken und Kommunal-VertreterInnen, die sich mit ihren Stärken, lokalen Strukturen und bereits etablierten Modellen den Chancen des digitalen Wandels öffnen wollen.

Kommunen brauchen eigene Konzepte zum Umgang mit KI

Für die Kommunen wird es also allerhöchste Zeit, eigene Konzepte vorzuweisen. Wir brauchen dringend gesellschaftspolitische Zukunftsdebatten, denn die Fragen zu stellen und zu diskutieren, wie wir leben, arbeiten und gepflegt werden wollen, sind unerlässlich, um der Bevölkerung eine positive Vision innerhalb der digitalen Revolution zu vermitteln, die sonst von Ängsten dominiert werden wird. Es geht also nicht um das technisch Mögliche, sondern vielmehr um die Haltung und Einstellung der Bevölkerung, um Aufklärung und Überzeugungsarbeit. Entscheider und die Bevölkerung müssen befähigt und ermutigt werden, die Technologien der Gegenwart zu verstehen und für die Gemeinschaft zu nutzen.

Das hier skizzierte Vorhaben verbindet somit die üblicherweise nicht verbundenen Pole von Verantwortlichen in den Regionen und den Diskussionen innerhalb der politischen Netzwerke der Bundeshauptstadt. Es findet ein durchlässiger Austausch und eine gegenseitige Befruchtung statt, wie sie bislang nicht erfolgt ist. Solche Initiativen durchzuführen und medial zu begleiten ist nach wie vor wichtig, denn ohne öffentliche Triebfeder wird sich in Deutschland wenig bewegen. Vor allem aber soll die Neugier geweckt werden, sich selbst auf den Weg zu machen, um die Zukunft nicht zu “ertragen” und erträglicher zu machen, sondern selbst zu gestalten und die Lebensqualität zu verbessern.