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Hybride Terminvereinbarungen

Warum Spontanbesuche weiter möglich bleiben sollten

Die Digitalisierung erlaubt eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Interaktion zwischen Bürgern und Bürgeramt und wird im Allgemeinen positiv aufgenommen. Ganz einheitlich ist diese Zustimmung jedoch nicht. Es gibt weiterhin Bürger, die spontan vorbeikommen und auf die Online-Terminbuchung verzichten.

Ist dieser Gegensatz zwischen digital gebuchten Terminen und Spontanterminen überhaupt noch vereinbar? Und wie werden Bürgerämter auch diesen Kunden am ehesten gerecht? Die Herausforderung besteht darin, digitale Effizienz mit individueller Flexibilität in Einklang zu bringen, damit der Bürgerservice ohne Einbuße an den Fortschritt für alle gleichermaßen zugänglich bleibt.

Näher beleuchtet: Was passiert, wenn eine Stadt mit Spontanterminen arbeitet?

Stellt sich eine Stadt ausschließlich auf Spontanbesuche ein, so mag diese auf den ersten Blick mit ihrer Flexibilität bürgerfreundlicher erscheinen. In der Praxis muss aber die Umsetzung stimmen, denn sonst drohen lange Warteschlangen, die aus dem ungesteuerten Zulauf resultieren sowie ein überlastetes Personal. Diese Problematik setzt die Stadtverwaltungen unter Zugzwang, ihre Abläufe genau unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren.

Dies ist auch an der Stadt Trier zu erkennen: Von einer regelrechten „große Bugwelle an Terminen“ spricht Ralf Britten, der Dezernent der Stadt Trier, als sie 2024 für dienstags Spontantermine eingeführt hat:

Abbildung 1: In Trier wurde 2024 dienstags die Möglichkeit zur Spontanbesuchen gegeben, was zu langen Schlangen und Wartezeiten führte (Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/trier/buergeramt-trier-wird-ueberrannt-lange-warteschlange-behoerde-am-limit-100.html)
© SWR

In diesem Fall hat die zusätzliche Einführung von buchbaren Terminen zu einer deutlichen Entlastung der Mitarbeiter und für die Bürger zu einem zügigen Erledigen von Terminen geführt. Eine organisierte Terminvereinbarung ist hier ein wichtiger Baustein, um den Bürgern mit ihren Anliegen gerechter zu werden.

Ein weiteres Beispiel ist die Stadt Leonberg: Sie setzt im Bürgeramt ausschließlich auf Spontantermine, ergänzt durch ein Angebot an Online-Services. Letztere ermöglichen es den Bürgern, ihre Anliegen digital selbstständig zu erledigen. Spontanbesucher im Bürgeramt erhalten Wartemarken, die jedoch oft bereits früh am Tag vergriffen sind – mit der Folge, dass viele Bürger an einem anderen Tag erneut kommen müssen.

Auch hier gilt: Spontantermine funktionieren nur, wenn sie durch eine weitere Option ergänzt werden. Und auch dann sind sie mit Wartezeiten und einer vergleichbaren ineffizienten Terminführung verbunden.

Spontanbesuche im Vergleich: Vorzüge und Herausforderungen

Spontanbesuche bleiben im Bereich der Terminvergabe ein viel diskutiertes Thema. Bürgerämter, die diese weiterhin anbieten, müssen folgendes abwägen:

Vorteile Nachteile
Flexibilität für den Bürger unvorhersehbare Wartezeiten
niedrige Hemmschwelle, da eine direkte Ansprache möglich ist Personal muss zur Verfügung stehen, auch zu Hochzeiten
Nutzung freier Kapazitäten ineffiziente und unvorhersehbare Auslastung der Mitarbeiter
keine Terminabsprache nötig das Terminkontingent ist nicht ausreichend
der Bürger kann mit jedem Anliegen kommen jedes Anliegen beansprucht unterschiedlich viel Zeit und es kann zu Engpässen kommen

 

Ein zentrales Problem: Die großen Vorteile digital gebuchter Termine – Planbarkeit und Effizienz – gehen so verloren. Spontantermine stehen daher oft im direkten Gegensatz zu den strukturierten Abläufen der Online-Terminvergabe.

Dennoch lassen sich Spontanbesuche kaum vermeiden. Hier lassen sich drei wichtige Bürgergruppen feststellen, die weiterhin berücksichtigt werden müssen:

1. Bürger, die sich von der Digitalisierung überfordert fühlen

  • Sie scheuen sich vor digitalen Prozessen und machen sich mit diesen erst gar nicht vertraut.
  • Eine Offenheit besteht, aber aufgrund von geringem technischem Verständnis und fehlender Hilfestellung haben sie Schwierigkeiten bei der selbstständigen Online-Terminbuchung.

Hiervon besonders betroffen sind ältere Menschen oder Bürger mit geringer technischer Affinität.

2. Bürger mit fehlender technischer Ausstattung

  • instabile oder fehlende Internetverbindung.
  • fehlendes oder ungeeignetes Endgerät für die Online-Terminbuchung.

3. Bürger mit kurzfristigem Handlungsbedarf aufgrund von

  • übersehenen Fristen.
  • dringenden Anliegen, die kurzfristig erledigt werden müssen.

Diese unterschiedlich motivierten Besuchergruppen machen deutlich, dass eine Flexibilität in der Terminvergabe weiterhin erforderlich ist, um allen den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen zu ermöglichen.

Ein Praxisbeispiel anhand der Stadt Warendorf

Das weiß auch die Stadt Warendorf zu schätzen, die eine hybride Terminvereinbarung für sich umgesetzt hat und so gleichermaßen Bürger- und Mitarbeiterbedürfnissen gerecht wird. Spontantermine werden mit bereits gebuchten Terminen kombiniert, in dem ein bestimmtes Kontingent für ungeplante Termine zur Verfügung steht. Praktisch umgesetzt bedeutet das, dass sich die Bürger an einem Self-Service-Terminal einen Termin im Bürgeramt direkt buchen können. Außerdem steht auch an der Servicetheke ein Mitarbeiter zur Verfügung, um bei der Terminbuchung zu unterstützen.

Abbildung 2: Die Stadt Warendorf zeigt, wie hybride Terminvereinbarung funktioniert und kombiniert Spontanbesuche mit buchbaren Terminen (Quelle: https://www.warendorf.de/de/stadt/wichtige-anlaufstellen/buergerbuero/)
© Warendorf

Beide Optionen der spontanen Terminvereinbarung machen es möglich, dass der Bürger nicht unnötig belastet wird, gleichzeitig wird der normale Ablauf eines Termins dank eines effizienten Besucherleitsystems aufrechterhalten: Somit profitieren die Mitarbeiter weiterhin von den digitalen (Hintergrund-)Prozessen. Sie können die Besucherströme effizient lenken und jederzeit transparent nachvollziehen. Gleichzeitig werden die Termine so organisiert, dass die Arbeitsabläufe optimal gestaltet sind.  

Fazit

Bürgerfreundlichkeit bleibt das oberste Ziel. Daraus ergibt sich in diesem Zusammenhang vor allem, Raum für diejenigen zu lassen, die die Digitalisierung nicht in Anspruch nehmen können oder möchten. Für sie wird eine Lösung angeboten, bei der die Mitarbeiter im Bürgeramt den digitalen Prozess übernehmen, sodass sie nicht auf die Vorteile der Digitalisierung verzichten müssen. Hybride Systeme kombinieren die Vorteile von digital geplanten Terminen und der Flexibilität von Spontanbesuchen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden. Ein absolutistischer “Entweder-Oder”-Lösungsansatz ist kontraproduktiv und steht dem Grundsatz entgegen, Bürgerservices für alle zugänglich zu machen.