Homeoffice: Vor- und Nachteile
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Homeoffice: Worin die Vor- und Nachteile bestehen

Aktuelle Forschungsergebnisse zur Arbeit im Homeoffice

Dr. Beatrix Behrens und Prof. Lutz Bellmann haben Studienergebnisse aus Deutschland, Norwegen und den USA zusammengetragen und ausgewertet. Welche Vorteile bringt die Arbeit im Homeoffice mit sich? Und welche Nachteile machen Beschäftigte und Arbeitgeber aus? Die gewonnenen Erkenntnisse lassen Schlussfolgerungen für eine moderne Personalarbeit zu, der eine gestaltende Rolle beim digitalen Wandel zukommt.

In vielen Ländern stieg während der ersten Covid-19-Welle der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice. Während in Deutschland vor der Pandemie 12 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice arbeiteten, erhöhte sich dieser Anteil während des teilweisen Lockdowns im April 2020 auf 35 Prozent (Brenke 2016, Arntz et al. 2020).

Laut einer vom Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB) durchgeführten Umfrage wurde die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten, vor der Krise von 56 Prozent der Beschäftigten nicht genutzt, während im Mai 2020 lediglich 18 Prozent ausschließlich im Büro arbeiteten. Für die USA berichtet Bloom (2020), dass in der Zeit vom 21. bis 25. Mai 2020 42 Prozent aller Beschäftigten Vollzeit von Zuhause aus arbeiteten. Aus seiner Sicht wäre die Corona-Situation ohne die Möglichkeit des mobilen Arbeitens weitaus schlechter gewesen. 

Nach Angaben des norwegischen Statistikamtes (2020) nehmen nicht alle Beschäftigten ihre eigene Arbeitseffizienz im Homeoffice als geringer wahr als im Büro. Kunze et al. (2020) stellen auch fest, dass die wahrgenommene Produktivität und das Engagement im April 2020 höher waren, dies in Zukunft jedoch mit einer höheren Burnout-Quote und mehr Arbeitsstunden einhergehen wird. Obwohl die Pandemie dem Arbeiten im Homeoffice einen deutlichen Impuls gegeben hat, sind viele Beschäftigte nach dem ersten Lockdown an ihre Arbeitsplätze im Büro zurückgekehrt.

Laut der Mannheimer Corona-Studie lag der Anteil der Beschäftigten in Deutschland, die von Zuhause aus arbeiteten, mit 28 Prozent geringfügig unter dem Anteil während des ersten Lockdowns, und dass, obwohl viele Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht zur Rückkehr ins Büro aufgefordert hatten. Daher ist es notwendig, die potenziellen Nachteile des Arbeitens im Homeoffice zu verstehen und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Nachteile abzuschwächen (Bloom 2020).

Erfahrungen im Homeoffice aus der Beschäftigtenperspektive

Die Umfrage „Linked Personnel Panel“, die 2016 und 2017 vom Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB), der Universität Köln, der Universität Tübingen und dem Centre of European Economic Research unter Arbeitgebern und Arbeitnehmern durchgeführt wurde, ergab, dass Arbeiten von Zuhause aus in Deutschland relativ selten vorkam (Grunau et al. 2019).

Die Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten der Ansicht sind, dass Arbeiten im Homeoffice

  • ihre Leistung verbessert (56 Prozent),
  • durch Wegfall der Anfahrt Zeit spart (55 Prozent),
  • die Balance zwischen Arbeits- und Privatleben verbessert (52 Prozent) und
  • die Arbeitszeit erhöht (38 Prozent)

Grunau et al. (2017) untersuchen den Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie auf die tatsächlichen Wochenarbeitsstunden. Sie kommen zu der Erkenntnis, dass die Beschäftigten pro Woche ungefähr 30 Minuten länger arbeiten, wenn sie bei der Arbeit moderne digitale Technologien nutzen. Grunau et al. (2019) stellen auch fest, dass Beschäftigte, die gerne im Homeoffice arbeiten würden, denen der Arbeitgeber diese Möglichkeit jedoch nicht bietet, unzufriedener sind. Sie finden auch in Bezug auf die Wahrnehmung von Fairness durch die Beschäftigten ähnliche Ergebnisse. Dies deutet auf ein Problem hin, dass in Bezug auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme mobiler Arbeitsformen Ungleichheit bestehen könnte.

Negative Erfahrungen

Neben positiven gibt es auch negative Erfahrungen:

  • Bestimmte Aufgaben können nicht von Zuhause aus durchgeführt werden (76 Prozent)
  • Anwesenheit im Büro wird von Vorgesetzten präferiert (66 Prozent)
  • die Zusammenarbeit ist schwierig (59 Prozent)
  • die Trennung von Arbeits- und Privatleben ist ein Problem (56 Prozent)
  • die technischen Voraussetzungen sind nicht gegeben (54 Prozent)
  • Arbeiten im Homeoffice wird nicht erlaubt (16 Prozent)

Zu den Nachteilen der Arbeit im Homeoffice gehört auch, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit unscharf werden, was dazu führt, dass die Zufriedenheit mit der Arbeit abnimmt und dass durch die unscharfen Grenzen Konflikte zwischen der Arbeit und dem Familienleben zunehmen (Jostell und Hemlin 2018, Song und Gao 2018, Noonan und Glass 2012). Suh und Lee (2017) zeigen, dass Technostress von der Intensität der Telearbeit abhängt.

Gajendran und Harrison (2007) untersuchen die relationale Verarmung am Arbeitsplatz. Daft und Lengel (1986) richten sich auf die potenzielle Schwächung der zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Arbeitsteams. Bellmann und Widuckel (2017) führen an, dass Beschäftigte mit sozialen Problemen im Team möglicherweise öfter zu Hause arbeiten als andere.

Aufgrund des von Demerouti et al. (2001) entwickelten Arbeitsanforderungen-Arbeitsressourcen-Modells können mehr Autonomie, vor allem zeitlich flexibles Arbeiten, Zeitsouveränität und das Erreichen beruflicher Ziele die Arbeitszufriedenheit steigern und berufsbedingten Stress reduzieren. Allerdings ergeben empirische Studien auch entgegengesetzte Resultate (Baruch 2000, Song und Gao 2018).

Fazit der Beschäftigtenperspektive

Offensichtlich ist es relevant, ob die Arbeit von Zuhause aus während oder außerhalb der herkömmlichen Arbeitszeiten durchgeführt wird, weil der Grad der Erschöpfung unterschiedlich ist (Golden 2012). Arnold et al. (2015) kommen zu dem Schluss, dass Arbeiten außerhalb der vertraglichen Arbeitszeit und unbezahltes Arbeiten die Zufriedenheit mit der Arbeit verringern. Bellmann und Hübler (2020) bestätigen dieses Ergebnis.

Was Arbeitgeber über Home Office denken

Die Perspektive der Arbeitgeber/innen wurde ebenfalls in der bereits erwähnten Linked-Personnel-Panel-Umfrage untersucht. Die Vertreter/innen von Betrieben nennen als positive Aspekte vor allem

  • die Flexibilität für die Beschäftigten (62 Prozent)
  • die Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben (55 Prozent)
  • die Erreichbarkeit der Beschäftigten (47 Prozent)
  • höhere Produktivität (45 Prozent)
  • Fahrzeitersparnis (36 Prozent)
  • Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (39 Prozent)
  • den ruhigeren Arbeitsort (26 Prozent) und
  • die Optimierung der Büroflächennutzung (10 Prozent)

Wie die Beschäftigten nennen auch die Vertreter/innen der Betriebe einige negative Erfahrungen:

  • manche Tätigkeiten lassen ein Arbeiten von Zuhause  aus betrieblichen Gründen nicht zu (90 Prozent)
  • die Zusammenarbeit mit Kollegen/innen ist schwierig (22 Prozent)
  • es gibt Bedenken in Bezug auf den Datenschutz gibt (16 Prozent)
  • Führung und Kontrolle sind nicht möglich sind (10 Prozent)
  • Beschäftigte sind nicht interessiert sind und es fehlen die technischen Voraussetzungen (9 Prozent)

Gewonnene Erkenntnisse eine mögliche Perspektive für moderne Personalarbeit

Es besteht kein Zweifel daran, dass die COVID-19-Pandemie die Digitalisierung und die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort beschleunigt. Auch werden Haltungen und Einstellungen dazu positiv beeinflusst, insbesondere, weil vielfach die Performance nicht gelitten hat.

Allerdings erhöhte sich durch die Auswirkungen der Pandemie auch der Handlungsdruck, Maßnahmen zu ergreifen, die auch neue Formen der digitalen Kommunikation, Vernetzung und Kooperation/Kollaboration sowie die virtuelle Mitarbeiterführung unterstützen. Führung über Distanz ist an sich kein neues Thema.

Homeoffice und New Work

Diese Entwicklung muss - zusätzlich zum Krisenmanagement in Zeiten der Pandemie - auch im breiteren Kontext administrativer Reformen und der Positionierung der Verwaltung als attraktive und konkurrenzfähige Arbeitgeberin am Arbeitsmarkt betrachtet werden. Dabei sind auch Veränderungen in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt zu berücksichtigen.

Abgesehen von den Erfahrungen mit COVID-19 verändern sich auch die Einstellungen von Beschäftigten aller Generationen. Insbesondere junge Talente wünschen sich flexible Arbeitsbedingungen und ein ausgewogenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben (Life-Balance). Die wichtigsten Merkmale dieser Veränderung sind in zunehmendem Maße die Flexibilität von Arbeitszeit und -ort, Kooperation/Kollaboration, Partizipation die Stärkung der Selbstorganisation und Eigenverantwortung von Beschäftigten für ihre eigene Karriereplanung sowie lebenslanges Lernen. Dies macht die Unterstützung durch Vorgesetzte und das Personalmanagement erforderlich.

Flexible Arbeitszeit und Arbeitsort

Aus diesem Grund wird Mobilarbeit wahrscheinlich nicht länger überwiegend nur ein Instrument zur Förderung der besseren Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben sein. Im Kontext von Arbeiten 4.0 oder New Work wird sich diese zu einer neuen Form des Arbeitens und Kooperationsmöglichkeiten in agileren, virtuellen Strukturen und Teams schrittweise weiterentwickeln. Flexible Arbeitsbedingungen (jederzeit, an jedem Ort und mit jedem zusammenarbeiten) besitzen das Potenzial, in Zukunft die „neue Normalität“ und ein Element der digitalen Organisationskultur zu werden. In vielen Fällen muss eine eher präsenzorientierte Kultur hin zu einer Kultur des Vertrauens, der Wertorientierung und des Dialogs weiterentwickelt werden. Führungskräfte werden damit konfrontiert, dass sie eventuell weniger Kontrolle in „alter Form“ ausüben können.

Beidhändige Führung und Kultur

Das Ergebnis wird ein verändertes Verständnis von Führung und Zusammenarbeit sein. New Work erfordert die Formulierung von Werten zur Orientierung und einen Führungsstil, bei dem die Haltung der Beschäftigten durch Transformation oder Inspiration verändert werden. Es gilt zudem, die Beschäftigten in einer Zeit der kontinuierlichen Veränderung durch mehr Sinnstiftung zu gewinnen. Führungskräfte werden noch geraume Zeit die analoge und die digitale Welt managen müssen. Die „beidhändige Führung“ (Ambidextrie) wird zur großen Herausforderung und wird sehr stark insbesondere das Mittelmanagement fordern. Darüber hinaus muss in den Organisationen auch eine Kultur des lebenslangen Lernens gestaltet werden. Gute Arbeitsbeziehungen und -bedingungen sowie eine wertorientierte Kultur sind wichtige Stellhebel zur Förderung des Engagements aller Mitarbeitenden in jedem Alter.

Da die Ausbreitung der Pandemie schnelles Handeln erforderte, wurde bislang nur wenig unternommen, um die digitale Kultur in den Organisationen als Basis für erfolgreiches Handeln zu gestalten (vgl. Bruch und Meifert 2020).

Schlussfolgerungen

Aktuelle empirische Studien belegen, dass Reboarding von Beschäftigten in vielen öffentlichen und privaten Organisationen an Bedeutung gewonnen hat. Daher sind Studien zu den mit der Arbeit im Homeoffice verbundenen Vorteilen und Problemen ganz wichtig.

Die positiven Erfahrungen der Beschäftigten erhöhen nicht nur die Zufriedenheit mit der Arbeit, sondern tragen beispielsweise auch zur Produktivität der Arbeitgeber/innen und zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben bei. Die Schwachstellen beim Arbeiten von Zuhause aus sind sowohl die potenziell verschwimmende Grenze zwischen Arbeit und Freizeit als auch die geringere Möglichkeit, sich vom Stress zu erholen. Hier werden Herausforderungen auf das betriebliche Gesundheitsmanagement zukommen.

Bei der künftigen Ausgestaltung von Arbeitsplätzen, zeitlicher Flexibilität und der Organisation der Arbeit sollte berücksichtigt werden, dass die Zahl der Beschäftigten, denen das Arbeiten von Zuhause aus erlaubt wird, erhöht werden könnte, ohne dass dabei notwendigerweise die Zahl der Beschäftigten steigt, die Vollzeit von Zuhause aus arbeiten (Grunau et al. 2019; 2020).

Zur Unterstützung der digitalen Transformation benötigen HR-Managementsysteme einen holistischen Ansatz. Alle Prozessfunktionen im HR-Management wie Personalrekrutierung, Ausbildung/Studium, Qualifizierung, Personalentwicklung, Gesundheitsförderung sollten strategisch und konzeptionell miteinander verbunden werden. Moderne Personalarbeit hat in der digitalen Transformation eine gestaltende Rolle. Über Beratungsangebote sollten verstärkt auch Führungskräfte unterstützt werden.

Handlungsfelder der Personalarbeit

Aus den Erfahrungen, die bislang in der Corona-Krise gesammelt wurden, kann der Schluss gezogen werden, dass die folgenden Maßnahmen sowohl für das Krisenmanagement als auch für die Gestaltung moderner Arbeitsbedingungen relevant sind:

• Kultur, Mitarbeiterführung und Zusammenarbeit – Transparenz mit Hilfe veröffentlichter Richtlinien zu Führung und Zusammenarbeit (Bellmann et al. 2018)

• Personalrekrutierung auf der Grundlage von Kompetenzen, die für die Zukunft relevant sind (zum Beispiel Kompetenzen für eine moderne und digitale Arbeitswelt)

• Bildung, Studium, Lernen (zum Beispiel Blended Learning, Lernen in neuen Umgebungen oder Vertrautheit mit neuen Innovationstool wie etwa Design Thinking und Scrum; wo angezeigt training on the job, Reverse Mentoring, intergenerationales Lernen)

• Personalentwicklung (zum Beispiel optimierte Prozesse zur Potenzialanalyse, Selbst- und Fremdeinschätzungsmöglichkeiten, Führungskräfteentwicklung)

• Organisatorische Entwicklung (Aufbau belastbarer Organisationen durch eine stabile, moderne Infrastruktur wie IT und Raumgestaltung  zur Förderung von Innovationen und neuen Formen der Zusammenarbeit)

• Kommunikation (IT-Unterstützung, um virtuelle Formen der Zusammenarbeit und kollaborative Prozesse zu fördern)

Fazit

Damit Arbeiten im Homeoffice sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der Privatwirtschaft effektiv und effizient ist, sind klare Regelungen notwendig. Diese sollten auch mit einem Diskurs über Werte und (digitale) Kultur verbunden werden.

Hinweis:
Viele der in diesem Artikel erwähnten Studien finden Sie in der Literaturliste. Hilfreich ist auch die Seite zum Thema Homeoffice beim Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB), die über 140 Studien und Publikationen mit Links und Download-Möglichkeiten auflistet:

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