Digitalisierung ältere Menschen. Team im Büro
© Joseph Mucira / Pixabay

Digitale Kompetenzen erwerben Alte und Junge am besten gemeinsam

Teil 4 der Reihe über Generationenmanagement in der Arbeitswelt

Ist der erfolgreiche Umgang mit der Digitalisierung eine Frage des Alters? Nein, sagen die Autorinnen Dr. Beatrix Behrens und Dr. Carolin Eitner und erklären, welche Kompetenzen Jung und Alt brauchen, um zukünftig in der Arbeitswelt zu bestehen.

Fällt es älteren Beschäftigten schwerer, mit dem Wandel „Schritt“ zu halten? Bedürfen sie anderer Konzepte oder Lerninhalte? Oder ist ab einem bestimmten Alter die Lernfähigkeit zu Ende und sie kommen mit neuen Technologien „nicht mehr klar“? Auf der anderen Seite sprechen wir hier von einer Mitarbeitergruppe, die vielfach noch 5, 10, 15 Jahre im Berufsleben vor sich hat. Kann es sich eine Organisation erlauben, diese Beschäftigtengruppe nicht „auf dem Tableau“ zu haben? Werden hierüber nicht ohnehin bestehende Stereotypen gepflegt?

Lebenslanges Lernen für alle Alters- und Berufsgruppen wichtig

Lebenslanges Lernen und die Fähigkeit mit den neuen Begebenheiten umzugehen, sind bereits heute wichtige (Zukunfts-)Kompetenzen. Schließlich verändern sich mit digitalen Prozessen auch Jobprofile und Aufgaben. Es wird stärkeres analytisches oder systemisches Denken gefordert, repetitive Aufgaben reduzieren sich und die Interaktion zwischen Mensch und Software wird zur Normalität. Neben dem Wandel bestehender Tätigkeiten wird es auch Jobs geben, die in naher Zukunft unsere Arbeitswelt mitbestimmen und die heute noch nicht existieren. Bereits jetzt entstehen völlig neue digitale Ausbildungsberufe und Studienrichtungen, während bestehende Ausbildungswege komplett auf den Kopf gestellt werden.

Der Wandel der Tätigkeiten und Jobprofile führt dazu, dass in Zukunft sowohl Hochqualifizierte wie weniger Qualifizierte gebraucht werden. Hochqualifizierte Beschäftigte entwickeln zum Beispiel neue Technologien, bewerten Daten und ziehen daraus Schlüsse. Aber auch Jobs für weniger Qualifizierte werden nicht komplett wegfallen, denn Technik unterstützt sie bei der Arbeit und erhöht zum Beispiel ihre Produktivität. Vor diesem Hintergrund ist Lebenslanges Lernen für alle Alters- und Berufsgruppen wichtiger denn je. Dabei nehmen Zukunftskompetenzen und der sichere Umgang mit moderner Technik eine zentrale Stellung ein.

Welche Kompetenzen zukünftig wichtig sind: 

Kompetenzen , die  – neben erlernten Fachwissen und „digital skills“ – in Zukunft wichtiger werden, um den digitalen Wandel erfolgreich zu meistern und sich in einer neuen Arbeitswelt zurecht zu finden:

  • Veränderungskompetenz 
  • Resilienz
  • Soziale Kompetenz
  • Medienkompetenz/Kommunikation
  • Abstraktions- und analytische Kompetenzen
  • Ganzheitliches und vernetztes Denken
  • Selbstorganisationskompetenz
  • Lernkompetenz

Die Diskussion um die Frage, ob ältere Beschäftigte weniger in der Lage sind, im digitalen Wandel mitzuhalten, wird dabei immer wieder gestellt. So fiele es ihnen schwerer, sich in einer Arbeitswelt des Umbruchs und Wegfall vertrauter Strukturen zurecht zu finden oder sich schnell in neue Arbeitsweisen einzuarbeiten und neue Kompetenzen zu erlernen. Anders als die junge Generation wurden ältere Mitarbeiter nicht in die digitale Revolution hineingeboren. Sie sind keine „digital natives“. Dennoch findet technischer Fortschritt nicht erst seit gestern statt. Ältere Mitarbeitende waren schon immer gefordert, technologische Veränderungen in der Arbeitswelt zu bewältigen. Geändert hat sich die Schlagzahl, mit der die Digitalisierung einhergeht und dies ist ein echter Umbruch – für alle Beschäftigten in jedem Alter.

Ist der erfolgreiche Umgang mit der Digitalisierung eine Frage des Alters?

Nein! Generell gilt, gerade durch die zunehmende Integration neuer Software in die tägliche Arbeit und damit sich stark verändernder und verschlankender Prozesse, müssen Mitarbeiter aller Altersgruppen „mitgenommen“ werden – egal ob jung oder alt. Der Erfolg neuer Softwarelösungen hängt im entscheidendem Maße davon ab, wie sie zukünftig genutzt wird. Dabei ist es wichtig, unterschiedliche Zielgruppen – jung/alt, qualifiziert/weniger qualifiziert – auch individuell anzusprechen und zu begleiten und ihnen den Sinn der (künftigen) Software-Architektur verständlich zu machen. Es macht auch zunehmend Sinn, die Partizipation der Mitarbeitenden bei Entwicklungsprozessen zu fördern - auch bei der Softwareeinführung und dem Design von Prozessen.

Wie Demografie und Digitalisierung das Personalmanagement verändern
Eine jüngere und eine ältere Kollegin schauen sich gemeinsam eine Akte an

Wie Demografie und Digitalisierung das Personalmanagement verändern

Teil 1 der Reihe über Generationenmanagement in der Arbeitswelt

Bereits seit vielen Jahren weiß man, dass Lernfähigkeit und geistige Fitness bei entsprechendem Training bis ins hohe Alter weitgehend erhalten bleibt. Dennoch ändern sich Rahmenbedingungen des Lernens. So ist es normal, dass für Lernziele länger benötigt wird oder die Lerninhalte anders aufbereitet werden sollten. Wichtig hier ist eine Grundlage zu schaffen, die Motivation und Veränderungsbereitschaft erhalten. Kontinuierliche Weiterbildung und Qualifikationen sind daher ein wichtiger Schlüssel zum Erhalt der Lern- und Leistungsbereitschaft. Auch dies ist nicht eine Frage des Alters, sondern sollte für alle Beschäftigte gelten.

Gleichbehandlung aller Beschäftigten ist ein großer Wert

Dies bedeutet, dass die Gleichbehandlung aller Beschäftigten ein großer Wert ist.  Alter darf kein Stigma sein. Entwicklungsperspektiven – horizontal und vertikal – müssen demnach unabhängig vom Alter sein. Je selbstverständlicher zum Beispiel der Austausch zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern ist, desto weniger wird die eigene Lernfähigkeit hinterfragt. Eigene Programme für Ältere machen daher nur wenig Sinn getreu dem Grundsatz: Was für Jüngere gut ist, ist auch gut für Organisationserfahrene. Es gilt, das intergenerationale Lernen zu fördern und hierzu auch u.a. Räumlichkeiten und weitere Ressourcen zur Verfügung zu stellen (z.B. Experimentierräume). Zudem bieten Ansätze wie Reverse-Mentoring neue Ansätze des Lernens. Ebenso Mentoring, Lernbegleitung oder Lernpatenschaften. Lernen in kleinen Häppchen, gerne arbeitsplatznah und anwendungsorientiert sind erfolgsversprechender als groß angelegte Seminarreihen. Digitalisierung benötigt also neue Lernwelten auch jenseits von Präsenzformaten und blended learning.

Praxis-Box: Academies bei thyssenkrupp Steel

Mitarbeitende der thyssenkrupp Steel Europe AG können sich in verschiedenen „Academies“ können weiterbilden. Das Besondere: Die Referenten und Referentinnen stammen aus den eigenen Reihen. Getreu dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ schulen erfahrende und langjährige Mitarbeitende ihre Kolleginnen und Kollegen. Die interdisziplinäre Ausrichtung der Schulungen kommen nicht nur neuen Mitarbeitenden bei der Einarbeitung zu Gute, sondern vermitteln insbesondere Schlüsselqualifikationen und -kompetenzen für die tägliche Arbeit. Und: Das Wissen langjähriger Mitarbeitender wird geschätzt und vermittelt.

Lebensphasenorientierte Personalpolitik: Was Junge wollen und Ältere brauchen
Entspannte Atmosphäre unter Büroangestellten

Lebensphasenorientierte Personalpolitik: Was Junge wollen und Ältere brauchen

Teil 2 der Reihe über Generationenmanagement in der Arbeitswelt

Tandems mit jüngeren und älteren Mitarbeitenden aufbauen

Eine unkomplizierte und effektive Methode ist, Tandems zwischen jüngeren und erfahrenen, älteren Mitarbeitenden aufzubauen. Diese funktionieren in zwei Richtungen: Während jüngere Mitarbeiter oftmals versierter und angstfrei im Umgang mit neuen Medien sind, haben ältere Kolleginnen und Kollegen einen Erfahrungsvorsprung z.B. bei der Interpretation von Daten. Erworbenes Wissen wird wertgeschätzt und neue Kompetenzen können in einem geschützten Raum angeeignet werden, und die Zusammenarbeit und das Verständnis zwischen den Generationen wird gefördert. 

Offboarding und Wissenstransfer: Mitarbeiter in den Ruhestand begleiten
Generationenmanagemnt Offboarding: Ein älterer und ein jüngerer Mitarbeiter sitzen zusammen entspannt vor einem Rechner

Offboarding und Wissenstransfer: Mitarbeiter in den Ruhestand begleiten

Teil 3 der Reihe über Generationenmanagement in der Arbeitswelt

Praxis-Box: Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten

Mit der Einführung einer Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten wurde bei der thyssenkrupp Steel Europe AG ein wichtiger Grundstein gelegt, um Beruf und Privates besser miteinander zu verbinden. Arbeiten von einem anderen Ort aus ist nicht nur für junge Menschen interessant. Auch ältere Arbeitnehmende haben vielfältige berufliche und private Pflichten, die es miteinander in Einklang zu bringen gilt. Als die Corona Pandemie sich verschärfte, hatte das Unternehmen bereits eine sichere Rechtsgrundlage für alle Beteiligten zur Verfügung. Durch eine umfassende Kollaborations-Plattform und mit Hilfe technischer Ausstattung ist erfolgreiches Arbeiten auf Distanz auch in Projekten gut gelungen.

Kommunikation ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Häufig unterbewertet, aber ein entscheidender Faktor ist die Kommunikation des digitalen Wandels. Auch ältere Beschäftigte können für die Digitalisierung begeistert werden und auf die Reise in neue digitale Prozesse, Abläufe oder Verfahren mitgenommen werden. Zudem ist entscheidend, dass eine hohe Praxisorientierung und Alltagstauglichkeit berücksichtigt wird. Erfahren sie Nutzen und Vorteile und erleben positive Beispielen in ihrer Arbeit, erhöht dies die Akzeptanz, diese Reise gemeinsam anzutreten.

Beispiel: Einführung einer neuen Kollaborations-Plattform

Die unternehmensweite Einführung einer neuen Software ist eine große Herausforderung. Ein generationengemischtes Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterschiedlicher Fachrichtungen konnte die neue Kollaborations-Plattform vor offiziellem Start intensiv erproben und wurde in den Tools und Möglichkeiten geschult. Nach Launch waren sie Ansprechpartner für Beschäftigte, wenn Fragen rund um die Nutzung auftauchten. So wurde direkt ein positives Bild der neuen digitalen Arbeitsumgebung für alle Beschäftigten – egal ob jung oder erfahren – geschaffen.

Fazit: Führungskräfte müssen Wandel gestalten: offen, fördernd, ohne Stereotypen

Der digitale Wandel bringt weitreichende Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich. Dabei müssen ältere wie jüngere Mitarbeitende auf der digitalen Reise mitgenommen werden und ihre Kompetenzen und Fähigkeiten (lebenslang) anpassen und weiterentwickeln.
Zur Unterstützung dieses andauernden Prozesses werden Führungskräfte benötigt, die lernförderliche Arbeitsumgebungen schaffen und inspirieren. Ihnen kommt eine aktive Rolle bei der Gestaltung des (digitalen) Wandels zu. Führungskräfte benötigen dabei Unterstützung durch das Personalmanagement – zum Beispiel bei der Führung altersgemischter Teams.

Offenheit für neue Begebenheiten, Vermeidung von Stereotypen und Möglichkeiten des (geschützten) Lernens und Austauschs zwischen den Mitarbeitergruppen sind fördernde Faktoren, um die Belegschaft auf Digitalisierungsprozesse vorzubereiten.

Online-Seminar am 27.1.2021

"Generationenmanagement gestalten – Arbeitgeberattraktivität erhöhen" lautet das Thema des Online-Seminars, das Dr. Beatrix Behrens am 27. Januar 2021 moderiert. In einer Panel-Diskussion tauschen sich Vertreter/innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Behörden zu den verschiedenen Aspekte des Generationenmanagements aus. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der EIPA - European Institute for Public Administration.

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